Boeing gerät tiefer in die Defensive
Der zweite Absturz eines Mittelstreckenjets von Boeing innerhalb von knapp fünf Monaten setzt den US-Flugzeugbauer unter Druck. Am Dienstag reagierte auch die Europäische Luftfahrtaufsicht EASA und hat den Luftraum für die 737 Max 8 gesperrt. Nur die US-Flugaufsicht hält weiter zu dem US-Konzern.sp New York – Nach dem zweiten Absturz eines Boeing-Flugzeugs des Typs 737 Max 8 am vergangenen Wochenende ist der US-Konzern am Dienstag weiter in die Defensive geraten. Die Europäische Luftfahrtaufsicht EASA sperrte den Jet bis auf Weiteres aus dem europäischen Luftraum aus. Zuvor hatte die Flugaufsicht Großbritanniens als erste Behörde in Europa ein Flugverbot verhängt. Deutschland, Frankreich, Irland, Österreich und die Niederlande folgten. Auch Singapur und Australien erteilten am Dienstag Sperren für den Unglücksflieger, nachdem am Montag China und Indonesien den Anfang gemacht und ihre 737-Max-Flotten auf dem Boden gehalten hatten. Der Reisekonzern Tui verhängte über seine Maschinen am Dienstag ebenso ein Startverbot wie der Billigflieger Norwegian und Turkish Airlines. Bis zum Mittag hoben dem Branchendienst Flightglobal zufolge 40 % der bislang eingesetzten 737-Max-Maschinen nicht mehr ab, darunter knapp 100 Jets im größten Flugzeugmarkt China. Die Aktie von Boeing büßte bis zu 7,8 % ein. Der Börsenwert des US-Flugzeugbauers ist seit dem Wochenende um knapp 30 Mrd. Dollar geschrumpft. Absturzursache ungeklärtDie Ursache des jüngsten Unglücks ist noch nicht geklärt. Am Sonntag war in Äthiopien eine Boeing 737 Max 8 der Fluggesellschaft Ethiopian Airlines kurz nach dem Start in Addis Abeba über Land abgestürzt. Dabei starben alle 149 Passagiere und acht Besatzungsmitglieder. Ende Oktober war in Indonesien ebenfalls kurz nach dem Abheben eine Maschine dieses Typs aus der Flotte von Lion Air ins Meer gestürzt. Auch hier ist die genaue Ursache noch nicht geklärt. Am Montag wurde die Black Box des Ethiopian-Flugzeugs gefunden, so dass erhoben werden kann, ob ein technisches oder menschliches Versagen vorliegt. Normalerweise dauern solche Untersuchungen ein Jahr.Die US-Flugaufsichtsbehörde FAA erklärte die Maschine am Montagabend für flugtauglich, forderte Boeing aber auf, angekündigte konzeptionelle Änderungen bis April umzusetzen. Boeing will die Steuerungssoftware der 737 Max 8 aktualisieren. Der Konzern erklärte, schon vor Monaten mit dieser Entwicklung begonnen zu haben, “um ein jetzt schon sicheres Flugzeug noch sicherer zu machen”. Das Software-Upgrade soll in den kommenden Wochen aufgespielt werden.Die US-Fluggesellschaft Southwest Airlines, die den größten Teil der zurzeit betriebenen 737 Max fliegt, erklärte, sie vertraue auf die Sicherheit all ihrer Boeing-Maschinen. Boeing-Chef Dennis Muilenberg, der fast 5 000 offene Bestellungen für die jüngste Version des Typs 737 in den Auftragsbüchern hat (siehe Grafik) und für die Zukunft voll auf den Mittelstreckenjet setzt, bekräftigte bereits am Montag, dass er keine Zweifel an der Sicherheit der Maschine habe, und warnte vor voreiligen Schlüssen aus den beiden Flugzeugkatastrophen.Der Reputationsschaden für Boeing ist dennoch erheblich. Am Dienstag versuchten Flugreisende fieberhaft in sozialen Medien herauszufinden, ob sie auf eine Maschine des Typs 737 Max 8 gebucht sind. Die indonesische Lion Air soll bereits erwägen, ihre offenen Bestellungen für den Mittelstreckenjet zu stornieren und stattdessen bei Airbus zu ordern, die mit der A320 Neo ein vergleichbares Modell anbietet.