Boeing-Krise schlägt bei Tui ins Kontor
Das Startverbot für die Boeing 737 Max 8, von deren Typ zwei Maschinen verunglückt waren, zwingt Tui zur zweiten Gewinnwarnung in diesem Jahr. Der Reisekonzern erwartet nun einen Gewinnrückgang, weil der kurzfristige Ersatz der 15 Flieger, die Tui im Einsatz hat, das Ergebnis mit rund 200 Mill. Euro belastet.hei Frankfurt – Zum zweiten Mal in diesem Jahr kassiert Tui die Gewinnprognose. Der Reisekonzern, der 15 Maschinen des Typs Boeing 737 Max 8 in seiner Flotte hat, rechnet mit Einmalbelastungen von 200 Mill. bis 300 Mill. Euro, die durch die notwendige Ersatzbeschaffung für die mit einem Startverbot belegten Flugzeuge verbunden sind. Falls 200 Mill. Euro ausreichen, werde das rebasierte bereinigte Ebita (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) voraussichtlich um 17 % unter dem vergleichbaren Vorjahreswert von 1,177 Mrd. Euro liegen, teilte das Unternehmen mit. Sollte sich die Krise hinziehen und Flüge mit der 737 Max bis Mitte Juli nicht wieder aufgenommen werden können, sei ein zusätzlicher Einmaleffekt von 100 Mill. Euro zu erwarten, um die Urlaubsreisen der Kunden gewährleisten zu können. Dann geht der Vorstand davon aus, dass das operative Ergebnis um 26 % unter Vorjahr landen wird.Die Tui-Aktie sackte in London um gut 5 % auf 731 Pence ab. Binnen Jahresfrist hat das Papier rund die Hälfte an Wert verloren, seit Anfang 2019 allein 37 %. Der Reisekonzern hatte sich noch Mitte Dezember zur Bilanzvorlage zuversichtlich gezeigt, das bereinigte Ebita erneut um 10 % steigern zu können. Bereits Anfang Februar ruderte die Konzernführung zurück. Die Auswirkungen des langen und heißen europäischen Sommers auf das Buchungsverhalten in der kommenden Saison waren unterschätzt worden. Schwer abzuschätzenNun steht Tui wie zahlreiche Airlines vor dem Problem, dass es bisher “keine bestätigten Termine” gibt, wann Anpassungen von Boeing an der 737 Max erfolgen und mit einer Freigabe durch die amerikanische Luftfahrtbehörde FAA zu rechnen ist. Der Reiseverkehr an Ostern, Pfingsten und zu Beginn der Sommersaison sei daher abgesichert worden, indem Leasingverträge von Flugzeugen, die durch die 737 Max ersetzt werden sollten, verlängert und zusätzliche Flieger angemietet wurden.Am Großauftrag für Boeing will Tui allerdings festhalten. Der Konzern hat neben den 15 bereits in Betrieb genommenen Maschinen weitere 57 bestellt. Bis Ende Mai sollten eigentlich acht weitere Exemplare in Betrieb genommen werden – auch bei der deutschen Tochter Tuifly, die bisher noch keinen Flieger des Typs besitzt. Tui ist damit der “am stärksten betroffene Max-Betreiber in Europa”. Konzernchef Fritz Joussen äußerte laut Reuters in einer Analystenkonferenz zwar Verständnis für eine gewisse Nervosität unter den Kunden. Diese habe sich seit dem Absturz einer 737 Max in Äthiopien – nur zwei Monate nach einem Unglück mit einer baugleichen Maschine in Indonesien – in einem Rückgang der Buchungszahlen um 10 % ausgedrückt. Joussen geht jedoch davon aus, dass sich die Aufregung legt und die Buchungszahlen wieder steigen, wenn sich herausstelle, dass Boeing die Probleme des neuen Flugzeugtyps mit einem Software-Update beheben könne. Davon geht der amerikanische Flugzeugbauer bisher aus.Die Boeing 737 ist der Verkaufsschlager des in Seattle ansässigen Unternehmens und das weltweit am meisten verbreitete Flugzeug. Das neue Modell baut auf dem bisherigen auf, hat aber unter anderem sparsamere Triebwerke. Joussen sagte, es gebe bereits Gespräche mit Boeing über einen Entschädigung für die entstandenen Belastungen. Der Konzern habe sich in der Vergangenheit auch bei technischen Problemen mit dem Modell 787 kulant gezeigt. Allerdings könnten sich die Verhandlungen hinziehen.Experten erwarten ebenfalls eine Entschädigung durch Boeing. Jedoch hat beispielsweise die Schweizer Großbank UBS ihre Einstufung der Tui-Aktie auf “Verkaufen” mit einem Kursziel von 740 Pence bekräftigt. Der Gegenwind auf der Kostenseite durch das Flugverbot sei stärker als gedacht, schrieb Analyst Cristian Nedelcu in einer Studie.