CORPORATE FINANCE AWARD: DIE GEWINNER (5)

Celonis lässt Unternehmen besser werden

Software für die Optimierung von Betriebsabläufen - Stark wachsendes Einhorn mit großen Ambitionen - Sieger in der Kategorie Digital

Celonis lässt Unternehmen besser werden

Gerade einmal neun Jahre alt ist Celonis. Und schon hat es das Unternehmen zum klaren Weltmarktführer gebracht. Allerdings ist der Markt für Process Mining noch sehr jung. Die drei Gründer und Vorstände versprechen sich deshalb weiterhin enormes Wachstum, denn jedes Unternehmen habe Verbesserungsbedarf. Von Joachim Herr, MünchenNein, in einer Garage haben die drei Gründer von Celonis nicht angefangen. Es war in der Wohnung von Bastian Nominacher – nicht weit von der Theresienstraße im Münchner Stadtteil Maxvorstadt und nicht weit von den Universitäten entfernt. In dieser Straße sind heute die Büros des Unternehmens verteilt auf zwei Gebäude untergebracht. 2011 war es, als sich Nominacher, Martin Klenk und Alexander Rinke zusammentaten.Alle drei studierten an der Technischen Universität München (TUM): Klenk Informatik, Rinke Mathematik und Nominacher Wirtschaftsinformatik. Die drei, mittlerweile im Alter von Anfang bis Mitte 30, waren in einer Unternehmensberatung von Studenten der TUM aktiv. Aus einem erfolgreichen Projekt entstand die Idee für Celonis: Kurz gesagt geht es darum, eine Vielzahl von Daten in Unternehmen zu analysieren und daraus Rückschlüsse für das schnelle Verbessern von Betriebsabläufen zu ziehen. Process Mining ist der englische Fachbegriff. 90 Prozent Marktanteil Nach Erkenntnissen des Marktforschungsinstituts Gartner ist Celonis mit ihrer Software klar der Marktführer in dem noch relativ jungen Feld. Das Unternehmen selbst beziffert seinen Anteil auf 90 bis 95 % . Für Investoren ist das wachstumsstarke Unternehmen offenbar sehr attraktiv. In der dritten und bisher letzten Finanzierungsrunde im vergangenen Herbst erhielt Celonis rund 290 Mill. Dollar. Basis war eine Bewertung des Unternehmens mit 2,5 Mrd. Dollar. Angeführt wurde die Runde von Arena Holdings in New York, Accel und 83 North beteiligten sich wie schon in den zwei vorangegangen Runden. Accel ist eine Risikokapital-Beteiligungsgesellschaft mit Hauptsitz in Palo Alto (Kalifornien), die Venture-Capital-Gesellschaft 83 North (früher: Greylock) hat Büros in London und in Herzlia (Israel). Und erst in diesen Tagen machte Celonis mit einer Personalie auf sich aufmerksam: Der Spanier Miguel Milano (51) wechselt von dem US-amerikanischen Software-Unternehmen Salesforce zu Celonis. Am 1. April wird er dort als Chief Revenue Officer Vorstand, unter anderem für den Vertrieb. Zudem wird Milano Mitinhaber. Salesforce ist einer der Technikpartner von Celonis. Zu den Einhörnern zählt Celonis seit dem Sommer 2018, als die Bewertung die entscheidende Schwelle von 1 Mrd. Dollar erreicht hat. 50 Mill. Dollar sammelte das Gründer-Trio damals von Investoren ein. Die erste Runde im Juni vor vier Jahren hatte dem aufstrebenden Unternehmen 27,5 Mill. Dollar eingebracht. “Daten sind akkurater”Für diese Erfolge wird Celonis mit dem Corporate Finance Award in der Kategorie Digital ausgezeichnet. Es ist nicht das erste öffentliche Lob in jüngster Zeit: So erhielten die drei Vorstände Ende November von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Deutschen Zukunftspreis. Zum ersten Mal in den vergangenen 20 Jahren gewann ein Softwareunternehmen.Richtig angefangen hatte die Karriere der drei Gründer mit dem Bayerischen Rundfunk als Kunden. Als Unternehmensberater an der TUM bekamen Nominacher, Klenk und Rinke den Auftrag, die IT-Prozesse des öffentlich-rechtlichen Senders zu verbessern. Anstatt Mitarbeiter zu befragen, vertrauten die drei den Daten über die Abläufe und wendeten Algorithmen an. Nominachers Begründung: “Daten sind akkurater als Interviews.” Rasch folgten weitere Projekte, Siemens gehörte bald dazu. “Die Kunden waren total begeistert”, erinnert sich Nominacher. Im Siemens-Konzern, einem der größten Kunden, wenden nach seinen Worten heute rund 6 000 Mitarbeiter das Verfahren an.Auf der Liste stehen noch andere große deutsche und internationale Adressen: BMW, Lufthansa, Deutsche Telekom, RWE, Schaeffler, Edeka, Vodafone, ABB, Airbus, Uber sowie Citigroup, ABN Amro und ING. Kunden in mehr als 30 Ländern und aus 20 Branchen gehören zum Portfolio von Celonis. Process Mining funktioniert nach Meinung der drei Vorstände in jedem Unternehmen.Die Lufthansa habe damit die Pünktlichkeit der Flüge für 8 Millionen Passagiere verbessert, indem die Arbeiten der Bodendienste besser aufeinander abgestimmt worden seien. Die Deutsche Telekom habe Millionen eingespart, da Zahlungen, Bestellungen und Lieferungen optimiert worden seien.Die Software von Celonis kommt an. “Wir sind eines der am schnellsten wachsenden Technologieunternehmen der Welt”, behauptet Nominacher. Um 130 % sei der Umsatz 2019 gewachsen (siehe Grafik). Absolute Zahlen nennt Celonis nicht mehr. Das sei der Wunsch der Investoren – auch mit Blick auf den Wettbewerb. Im Bundesanzeiger ist als letzter Eintrag nur die Bilanz von 2016 einzusehen. Immerhin berichtet Nominacher, der Auftragseingang sei im vergangenen Geschäftsjahr, das am 31. Mai endet, auf mehr als 100 Mill. Dollar gestiegen. Für den laufenden Turnus strebt das Unternehmen eine Verdopplung an. Nominacher erkennt auch für die weitere Zukunft große Wachstumschancen: “99 % des Marktes haben wir noch nicht gewonnen.” Griechischer Namensgeber Die Ambitionen sind groß. Dazu passt der Name des Unternehmens: Taufpate war Zelos, der griechische Gott des Strebens. Um in alphabetischen Rangfolgen nicht am Ende zu stehen, tauschten die drei Gründer einfach den Anfangsbuchstaben.Nach eigenen Angaben ist Celonis seit der Gründung profitabel. Aus dem Drei-Mann-Start-up ist ein Unternehmen mit mehr als 800 Mitarbeitern geworden. Seit Mitte 2018 hat sich die Zahl verdoppelt. Ihr Durchschnittsalter schätzt Nominacher auf 30 Jahre. Allen bietet Celonis die Teilnahme an einem Aktienoptionsprogramm an. Einen Zeitplan für einen Börsengang gebe es nicht, sagt Nominacher. Dank der Investoren könne sich Celonis mit diesem Schritt Zeit lassen.Mehr als die Hälfte des Geschäfts macht das Unternehmen inzwischen im Ausland. Es besitzt Niederlassungen in New York und vier anderen Städten in den USA, in Tokio, London und den Niederlanden.Mit dem in der jüngsten Finanzierungsrunde eingenommenen Geld will Celonis den globalen Vertrieb, den Service und das Marketing ausbauen, ebenso die Technologie. Für die Weiterentwicklung der Software – mittlerweile werde die fünfte Generation eingesetzt – arbeite das Unternehmen mit der Technischen Universität München und 200 anderen Hochschulen zusammen, berichtet Nominacher. Bisher erschienen: Teamviewer (28.2.) Merck (21.2.) AMS (14.2.) RWE (8.2.)