China nimmt Ericsson aufs Korn
Ericsson, die im Geschäft mit neuer 5G-Netztechnik auch von der Diskreditierung des Wettbewerbers Huawei – vor allem in den USA – profitiert, wird nun ihrerseits von den chinesischen Behörden aufs Korn genommen. Den Schweden werden Unregelmäßigkeiten bei der Lizenzierung von Smartphone-Technologien vorgeworfen.hei Frankfurt – Gestützt auf eine starke Nachfrage nach neuer 5G-Netztechnik in Nordamerika ist der schwedische Telekomausrüster Ericsson schwungvoll ins Jahr gestartet. Mit einem Umsatzanstieg im dritten Quartal in Folge ist das lange krisengeschüttelte Unternehmen auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zurückgekehrt. Operativ und auch unterm Strich gelang gegenüber dem Vorjahresquartal der Turnaround. Während die Konzernerlöse währungsbereinigt und auf vergleichbarer Basis um 7 % auf 48,9 Mrd. skr (4,7 Mrd. Euro) vorankamen, trieben Skaleneffekte und Ersparnisse in der Netzwerksparte und bei Managed Services die Rohertragsmarge weiter auf 38,4 % von zuvor 34,2 % in die Höhe. Die operative Rendite stellte sich auf 10 % nach -0,7 % im Vorjahr. Der Konzerngewinn drehte auf 2,4 (-0,7) Mrd. skr.Trotz dieser positiven Entwicklung, die an der Börse Stockholm einen Kurssprung von bis zu 5 % auslöste, herrscht bei den Schweden nicht nur eitel Sonnenschein. Konzernchef Börje Ekholm hob zwar die Erfolge im 5G-Markt mit insgesamt 18 Verträgen mit Telekomnetzbetreibern – “mehr als jeder andere Ausrüster” – hervor, räumte aber zugleich ein, dass der nordamerikanische Markt mit einem währungsbereinigten Umsatzsprung von 28 % derzeit der einzige tragende Wachstumspfeiler ist. In den USA ist die 5G-Lizenzvergabe längst gelaufen und die Netzbetreiber bauen den neuen Standard flott aus. Ericsson ist Marktführer vor Nokia in den USA, wo Huawei und ZTE aufgrund von Sicherheitsvorbehalten nicht zum Zuge kommen.Zusätzlich zur schwachen Entwicklung in praktisch allen anderen Weltregionen drücken den Ericsson-Chef indes noch andere Sorgen. China wirft dem Unternehmen nach einer Razzia in den Geschäftsräumen in Peking Unregelmäßigkeiten bei der Lizenzierungspraxis für Smartphone-Technologien vor. Dabei geht es insbesondere um die Standards für 5G-Endgeräte. Ericsson hatte hier zuvor schon eine Überarbeitung der Lizenzvergabe angekündigt und eine deutliche Erhöhung der Lizenzeinnahmen in Aussicht gestellt.Ericsson will mit den chinesischen Behörden zusammenarbeiten. Unterdessen zeichnet sich bei der laufenden Untersuchung der US-Börsenaufsicht SEC gegen Ericsson eine Einigung ab. Allerdings geht Ekholm davon aus, dass im Ergebnis mit “substanziellen finanziellen und anderen Konsequenzen” für Ericsson zu rechnen sei, “deren Ausmaß noch nicht verlässlich eingeschätzt werden” könne. Belebung Ende 2019Der Konzern rechnet zum Jahresende mit einer spürbaren Belebung der 5G-Nachfrage in Asien und nach und nach dann auch in Europa, wo aber generell “ein schwaches Investitionsklima” festzustellen sei. Die zuvor angekündigten Kosten für “strategisch motivierte Vertragsabschlüsse” und 5G-Feldversuche haben sich im ersten Quartal noch in Grenzen gehalten, jedoch will Ericsson hier dran bleiben.Im Kerngeschäft mit Netztechnik gelang den Schweden im Berichtsquartal ein Umsatzsprung von währungsbereinigt 10 % auf 33,5 Mrd. skr. Die ertragsstarke Sparte mit einer Rohmarge von 43,2 % steht damit für knapp 70 % vom Konzerngeschäft. Der operative Gewinn belief sich auf 5,5 Mrd. skr (16,4 %). In der kleineren Sparte Digital Services, deren Geschäfte unter Druck stehen, gelang eine Umsatzstabilisierung bei 7,8 Mrd. skr. Die Verluste wurden auf 1,6 Mrd. skr eingegrenzt. Im kommenden Jahr soll die Division die Verlustzone verlassen. Im Geschäft mit Managed Services spürt Ericsson weiterhin die Auswirkungen von Verträgen, die beendet oder neu verhandelt wurden. Die Umsätze gingen währungsbereinigt um 5 % auf 5,9 Mrd. skr. zurück. Allerdings zeigt der Abbau von Verlustbringern Wirkung. Die Rohmarge hat sich von 9,1 % auf 17,7 % praktisch verdoppelt. Der operative Gewinn sprang von 0,2 Mrd. auf 1,3 Mrd. skr. Mit einer Netto-Cash-Position von 36,1 Mrd. skr ist der Konzern in einer komfortablen Liquiditätssituation, so dass Restrukturierungskosten von 3 Mrd. bis 5 Mrd. skr im Gesamtjahr problemlos gestemmt werden können. Der operative Mittelzufluss schwoll im Berichtsquartal deutlich auf 5,8 Mrd. skr an, der Free Cash-flow vor M&A expandierte auf 4,4 Mrd. skr. Ericsson hatte im Februar Aktivitäten des deutschen Antennenherstellers Kathrein gekauft.