China setzt neue Fusionsakzente in der Energie

Anzeichen für Mega-Merger des staatlichen Kohleförderers Shenhua mit dem Stromerzeuger Guodian

China setzt neue Fusionsakzente in der Energie

nh Schanghai – In China verstärken sich die Anzeichen für Konsolidierungspläne von großen Staatsunternehmen im Stromerzeugungs- und Kohleförderungssektor. Zwei parallel verschickte Mitteilungen von Einheiten der Shenhua Group Corp. und der China Guodian Corp. an die Hongkonger Börse lassen darauf schließen, dass sich die staatlichen Mutterholdings in Fusionsverhandlungen befinden. Damit würde es zu einem Merger über Aktiva von umgerechnet rund 250 Mrd. Euro kommen, in dem Shenhua als mit Abstand größter Kohleförderer im Reich der Mitte einen Schulterschluss mit einem der größten Betreiber von kohlebefeuerten Stromkraftwerken einginge. Börse reagiert positivDie Ankündigung hat die Aktien der insgesamt drei in der möglichen Transaktion involvierten in Hongkong börsennotierten Gesellschaften zum Teil in heftige Schwingungen versetzt. Während China Shenhua Energy Company zur Wochenmitte ein neues Jahreshoch bei 19,68 HK-Dollar erreichte, kletterten die Notierungen der in Hongkong notierten Guodian-Einheiten China Longyuan Power Group und Guodian Technology & Environment Group um 6 % beziehungsweise 25%. Die in Shanghai gelistete GD Power Developments wiederum wurde – wie an Festlandbörsen bei entsprechenden Nachrichten üblich – zunächst einmal bis auf Weiteres vom Handel ausgesetzt.Die Möglichkeit einer Verbindung von Shenhua und Guodian überrascht die Analysten insofern, als man in der gegenwärtig brodelnden Gerüchteküche rund um noch vage Konsolidierungspläne der Regierung zu einer Bündelung von Staatsriesen im Stromsektor von einer anderen Kombination ausgegangen war. So liefen die Vermutungen darauf hinaus, dass Shenhua in eine Mergerkombination mit dem Kraftwerksbetreiber Datang Corp. und dem größten Nuklearstromerzeuger des Landes, China General Nuclear Power Corp. (CGN), geschickt würde (vgl. BZ vom 10. Mai).Bei den bisherigen Gedankenspielen über die Absichten der Regierung beziehungsweise des Dachregulators für zentralstaatlich kontrollierte Unternehmen State-owned Assets Supervision and Administration Commission (Sasac) eine Reihe von neuen Sektorriesen zu formieren, war auch China Guodian involviert. Allerdings ging man davon aus, dass die Gesellschaft mit dem führenden Kohlekraftwerksbetreiber im Reich der Mitte, China Huadian Power, sowie dem zweitgrößten Nuklearstromerzeuger, China National Nuclear Corp (CNNC), zu einer neuen Einheit verschmolzen werden sollte.Darüber hinaus soll eine Fusion von China Huaneng Power mit State Power Investment Corp (SPIC), die sowohl Kohlekraftwerke betreibt wie auch im Bau von Nuklearreaktoranlagen involviert ist, im Raum stehen. Größendenken hat VorrangWährend es also noch Unsicherheiten über die tatsächlichen Mergerformationen gibt, scheint mittlerweile eindeutig, dass eine größere Konsolidierungsrunde im Kohle- und Stromsektor ansteht. Sie passt zu den seit längerem angedeuteten Plänen der Regierung, in einer Reihe von Schwerindustriesektoren auf eine Bündelung von Staatsfirmen hinzuarbeiten.Konkrete Ergebnisse hat man bislang vor allem im Eisenbahn- und Schifffahrtsbereich gesehen, nachdem die bei internationalen Projektvergaben in Konkurrenz geratenen Hersteller von Hochgeschwindigkeitszügen, CNR und CSR, vor zwei Jahren zum neuen Giganten China Railway Rolling Stock Corporation (CRRC) fusioniert wurden.Gleichzeitig sah man im vergangenen Jahr eine Zusammenlegung der Aktivitäten der staatlichen Frachtschifffahrtsriesen (China Ocean Shipping Company (Cosco) und China Shipping Container Lines (CSC). Analysten betonen, dass die Pläne der Regierung noch nicht ganz ausgereift sind und auch eine Verbindung von Shenhua und Guodian keineswegs als sicher gelten kann.Als überragender Beweggrund für die sich abzeichnenden Megafusionen gelten dabei vor allem industriepolitische Pläne Pekings und das Bestreben von der Zentralregierung kontrollierte Staatsunternehmen zu Sektorführern zu machen, die auch im weltweiten Maßstab eine exponierte Rolle einnehmen.Weniger eindeutig ist gegenwärtig allerdings, inwiefern die sich abzeichnenden Verbindungen im Energiesektor auch tatsächlich – von Peking gerne in den Vordergrund gestellten – reformgetriebenen Maßnahmen zum Kapazitätsabbau in der Schwerindustrie und auch ökologischen Zielsetzungen dienen. FinanzierungsspielräumeBei einem Zusammengehen von Shenhua (die bereits ein Drittel der Konzernumsätze aus dem Kraftwerksbetrieb erzielt) und Guodian etwa sieht es nicht danach, als ob damit Pläne zu einer schleichenden Abkehr von der Stromkraftgewinnung durch Kohle vorangebracht werden. Vielmehr äußern Analysten die Vermutung, dass es bei den verschiedenen möglichen Kombinationen im Energiesektor nicht zuletzt auch darum geht, neue Finanzierungsspielräume zu schaffen, indem jeweils Cash-flow-starke Adressen mit unter hohen Schuldenlasten leidenden Unternehmen zusammengebracht werden.