Abbruch der Gespräche

Chinesen bleiben beim Lkw-Bauer Iveco außen vor

Der Lastwagenbauer Iveco bleibt vorerst italienisch. Großaktionär Exor, hinter dem die Familien Agnelli/Elkann stehen, verkauft Europas kleinsten Nutzfahrzeughersteller doch nicht an die chinesische FAW Jiefang.

Chinesen bleiben beim Lkw-Bauer Iveco außen vor

bl Mailand

Der Lastwagenbauer Iveco bleibt vorerst italienisch. Großaktionär Exor, hinter dem die Familien Agnelli/Elkann stehen, verkauft Europas kleinsten Nutzfahrzeughersteller doch nicht an die chinesische FAW Jiefang. Offiziell heißt es, der gebotene Kaufpreis von 3,5 Mrd. Dollar sei zu niedrig. Hauptgrund für das Scheitern der Gespräche dürfte jedoch der Widerstand der Regierung in Rom sein. Nachdem zunächst Industrieminister Giancarlo Giorgetti mit einem Veto gedroht hatte, hatte sich Premierminister Mario Draghi in der vergangenen Woche mit Exor-Chef John Elkann getroffen und diesen vermutlich „bearbeitet“. Draghi ist deutlich chinakritischer, aber auch protektionistischer als sein Vorgänger Giuseppe Conte. Erst vor wenigen Tagen hat die Regierung Draghi den Verkauf der Mehrheit der im Bereich der Halbleiterfertigung tätigen LPE SpA an die Shenzhen-Holding blockiert. Der Aktienkurs von CNH Industrial, der sich in den vergangenen zwölf Monaten mehr als verdoppelt hat, verlor am Montag kräftig an Boden und gab um 4,5% auf 12,735 Euro nach.

Industrieminister Giorgetti be­trachtet Iveco als strategisch und begrüßte den Abbruch der Verhandlungen. Die Regierung in Rom hält inzwischen den Großteil der Wirtschaft für schützenswert und hat die Möglichkeiten, ausländische Übernahmen durch eine Golden-Power-Regelung zu schützen, stark ausgeweitet. Sie dürfte versuchen, Teile der Mittel des europäischen Wiederaufbauprogramms dafür zu nutzen, bestehende Wettbewerbsnachteile italienischer Unternehmen auszugleichen.

Iveco gehört zum Land-, Baumaschinen- und Nutzfahrzeugkonzern CNH Industrial (Case, New Holland, Magirus), der 2012 aus dem Fiat-Konzern ausgegliedert wurde. Im September 2019 teilte CNH mit, Iveco in einem Spin-off auszugliedern und separat an die Börse zu bringen. Im Januar 2021 kam dann die FAW-Offerte für die Bussparte (Iveco, Heuliez), die schweren und mittelschweren Lkw, den Kleintransporter Daily und einen Minderheitsanteil des Motorenbauers FPT. CNH Industrial kündigte an, nun die Spin-off-Pläne wieder aufnehmen zu wollen. Vor den Gesprächen mit FAW war dafür 2022 als Termin genannt worden.

Alternative Antriebe

Während die Landmaschinensparte von CNH weltweit ganz vorn mitspielt, kommt die Nutzfahrzeugsparte Iveco bei Lkw nur in Italien und Spanien auf nennenswerte Marktanteile. Erfolgreich ist vor allem der Daily. Eine Stärke von Iveco liegt bei den alternativen Antrieben, vor allem bei Erdgas (CNG) und verflüssigtem Erdgas (LNG) für lange Strecken. In einer Partnerschaft mit dem US-Start-up Nikola soll in diesem Jahr in Ulm die Fertigung von Elektrolastern aufgenommen werden. 2023 sollen Nutzfahrzeuge mit Wasserstoffantrieben folgen.

Das Verhalten der italienischen Regierung in Bezug auf die chinesische FAW hat auch eine schizophrene Seite. Denn dass das gleiche Unternehmen mehr als 1 Mrd. Euro für den Bau eines Forschungs- und Entwicklungszentrums sowie einer Fabrik zur Herstellung von Elektro-Sportboliden in der Emilia-Romagna investieren will, wird einhellig begrüßt. Italien, das 2020 auf Platz 7 unter den europäischen Autoproduzenten abgerutscht ist, betrachtet das Vorhaben als Zeichen dafür, dass die Autoindustrie des Landes international geschätzt wird.

Bis vor wenigen Monaten verfolgte die italienische Regierung außerdem eine durchaus chinafreundliche Politik. So erwarben die Chinesen eine größere Beteiligung im Rahmen ihrer Seidenstraßen-Initiative am Hafen von Genua. Und der Reifenkonzern Pirelli ist bereits seit Jahren mehrheitlich in der Hand von zwei chinesischen Anteilseignern.