Conti rutscht in die roten Zahlen

Keine rasche Erholung der Autokonjunktur erwartet - Milliardenabschreibungen auf alte Übernahmen

Conti rutscht in die roten Zahlen

Der Autozulieferer Continental muss einen Milliardenbetrag abschreiben und rutscht deshalb in diesem Jahr in die Verlustzone. Der Dax-Konzern rechnet nicht mit einer raschen Erholung der Autoindustrie. Klar ist jetzt, dass die Antriebssparte abgespalten und per Spin-off an die Börse gebracht wird.wb Frankfurt – Für Continental kommt es knüppeldick: Der Dax-Konzern aus Hannover, der nach Bosch führende Autozulieferer weltweit, rechnet mit einer längeren Durststrecke der Industrie. Conti, an der die Familie Schaeffler mit 46 % beteiligt ist, schreibt wegen der Krise 2,5 Mrd. Euro ab und rutscht damit im laufenden Jahr in die roten Zahlen. Die abzuspaltende Antriebssparte Vitesco soll im nächsten Jahr per Spin-off in die Hände der eigenen Aktionäre gelegt werden. Die Pläne für deren Initial Public Offering sind damit vom Tisch. Belastungen von 2,8 Mrd. EuroDer Pessimismus für den Ausblick der Branche ist bei dem führenden Zulieferer mit seinen gut 240 000 Beschäftigten noch gewachsen. CFO Wolfgang Schäfer sagte: “Wir rechnen nicht damit, dass sich die weltweite Produktion von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen in den kommenden fünf Jahren wesentlich beleben wird.” Daher habe Conti, die Anfang August einen rigiden Sparkurs angekündigt hatte, die Annahmen für die mittelfristige Marktentwicklung “angepasst.” Damit steige der Betrag der 2019 zu erwartenden, negativen Sondereffekte auf mindestens 2,8 Mrd. Euro, räumt Schäfer ein. Wertminderungen von Goodwill und weiteren immateriellen Vermögensgegenständen belasten mit 2,5 Mrd. Euro, die im dritten Quartal gebucht worden seien. Hauptgrund für diese gemäß Rechnungslegungsstandards vorgeschriebene Neubewertung sei die Senkung der Markterwartungen.Hinzu kommen Veränderungen bei einer Reihe von Annahmen, unter anderem den unterstellten langfristigen Wachstumsraten sowie dem Abzinsungssatz. Darüber hinaus nehme Conti in den ersten neun Monaten Rückstellungen von 97 Mill. Euro vor, die im Rahmen ihres am 25. September 2019 angekündigten Strukturprogramms “Transformation 2019 – 2029” benötigt werden. Weitere Restrukturierungsrückstellungen im Zusammenhang mit diesem Programm in derzeit noch nicht feststehender Höhe werden im vierten Quartal erwartet.Aber der Löwenanteil der Belastungen resultiert aus der Neubewertung von Goodwill, der vor allem auf Zukäufe vor 2008 zurückgeht. 2007 war von Siemens die VDO für 11,4 Mrd. Euro erworben worden. Die Abschreibungen betreffen die Division Chassis & Safety mit 724 Mill. Euro, Interior mit 1,54 Mrd. Euro und Powertrain, also die künftig verselbstständigte Vitesco, mit 244 Mill. Euro. Conti hatte in der Vergangenheit reihenweise zugekauft, größere Brocken waren die Autozulieferersparte von Motorola, Temic (ehemals Daimler) und Teves (1998). Die Firmenwerte stehen in der Bilanz, doch die Werthaltigkeit ist nicht mehr gegeben. Die Abschreibungen sind größer als der Gewinn, den Conti für 2019 erwartet hatte. Nach sechs Monaten wurde ein Überschuss von knapp 1,1 Mrd. Euro ausgewiesen. Damit lässt sich auf einen Jahresverlust schließen. Die Dividende, die der verschuldete Großaktionär Schaeffler benötigt, soll nicht wesentlich gekürzt werden. “Vernünftig geschlagen”Die Wertberichtigungen und Restrukturierungsrückstellungen klassifiziert Schäfer als Sondereffekte. Damit beeinflussten sie das bereinigte Ebit nicht. Bei einem Umsatz um 44,5 Mrd. Euro wird unverändert eine adjustierte Ebit-Marge von 7 bis 7,5 % in Aussicht gestellt nach 9,3 % 2018. Bislang wurden die Sondereffekte samt Vitesco-Carve-out auf 200 Mill. Euro beziffert. Auch das den Anteilseignern zuzurechnende Konzernergebnis, die Eigenkapitalquote und der Verschuldungsgrad würden nicht tangiert. Die erwartete Steuerquote werde ohne Berücksichtigung der Auswirkungen der Wertminderungen weiter mit 27 % veranschlagt, inklusive der Trennung von Vitesco.”Angesichts von ungelösten Handelsstreitigkeiten, unklarem Brexit und rückläufigen Märkten haben wir uns im dritten Quartal operativ vernünftig geschlagen. Wir bestätigen damit unsere Jahresprognose bezogen auf Umsatz, bereinigtes Ebit und Free Cash-flow vor Akquisitionen”, sagte Schäfer. Im Sommervierteljahr wird das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) mit roter Tinte geschrieben. Doch Schäfer stellt auf bereinigte Angaben ab. Der Konzernumsatz sank um 2,9 % auf 11,1 Mrd. Euro und die bereinigte Ebit-Marge von 7,1 auf 5,6 %. Automotive bringt es nurmehr auf eine Marge von 1,6 %. Rubber, in erster Linie Reifen, ist mit 12,3 % derzeit wesentlich profitabler. Weitere Spin-offs, etwa dieses angestammten Geschäfts, seien nicht geplant, sagt Schäfer.