IM INTERVIEW: WOLFGANG SCHÄFER

Conti sieht Diesel-Krise gelassen

CFO: Erlösanteil des Selbstzündergeschäfts bei 2 Prozent - Kein zusätzlicher Preisdruck von Kunden erwartet

Conti sieht Diesel-Krise gelassen

– Herr Schäfer, Wie bewerten Sie den Ausgang des Diesel-Gipfels?Der Diesel-Gipfel wurde mit Erwartungen verknüpft, die kaum zu erfüllen sind. Dazu trägt auch die mediale Berichterstattung bei. Wir benötigen mehr Sachlichkeit.- Sind Sie enttäuscht?Die Ergebnisse sind ein nächster wichtiger Schritt, um die Stickoxid-Emissionen auf der Straße zu reduzieren. Es werden mehr Autos als vorher angedacht mit Software-Updates nachgerüstet und somit sauberer. Es ist auch richtig, die Anreize auszuweiten, um Dieselfahrzeuge mit Euro-4-Norm und älter durch Fahrzeuge mit modernen Motoren zu ersetzen. Das Ziel muss weiterhin sein, den Diesel, der bei den klimaschädlichen CO2-Emissionen ja viel besser ist als der Benziner, noch sauberer zu machen.- Was bedeutet der beschleunigte Rückgang der Nachfrage nach Dieselfahrzeugen für Continental?Der Anteil des direkten Diesel-Geschäfts bei uns ist nicht so hoch. Von den jetzt in diesem Jahr erwarteten Umsatzerlösen von mehr als 44 Mrd. Euro entfallen lediglich 2 % auf das Diesel-Geschäft. Und davon geht die Hälfte in kleine und mittelgroße Transporter – eine Fahrzeugkategorie, die von der Diskussion momentan gar nicht betroffen ist. Der Einfluss des Diesels auf uns ist insgesamt also nicht groß. Unser Marktanteil im Benziner-Geschäft ist deutlich größer.- Sie könnten also von Veränderungen der Nachfrage weg vom Diesel hin zum Benziner profitieren?Der moderne Dieselmotor ist für uns immer noch ein Motor, zu dem wir Technologie beisteuern können, sei es bei der Abgasnachbehandlung, sei es bei der Harnstoffeinspritzung. Das ist für uns ein interessantes Geschäft.- Bis wann setzen Sie denn weiter auf den Diesel?Bis etwa 2023 werden die meisten Autohersteller noch eine neue Motorengeneration mit Kraftstoffantrieb entwickeln. Diese wird dann jedoch wie industrieüblich 10 bis 15 Jahre Verwendung finden. Wir rechnen erst nach 2025 mit nennenswerten Stückzahlen von Elektroautos. Grund dafür ist die bis dahin fehlende Zelltechnologie, die alle Marktanforderungen hinsichtlich Kosten und Energiedichte erfüllen kann. Der Verbrenner hat seinen Zenit bis 2025 also noch nicht überschritten. Darauf stellen wir uns ein.- Sie haben die Umsatzprognose für 2017 erneut um 500 Mill. Euro erhöht. Was sind die Treiber?Wir können auf ein wachstumsstarkes erstes Halbjahr zurückblicken. Sowohl in unserer Rubber Group als auch in unserer Automotive Group konnten wir umsatzseitig zulegen. So sind wir im ersten Halbjahr deutlich stärker gewachsen als die zugrunde liegende Fahrzeugproduktion. Wir sind um etwa 10 % gewachsen, die weltweite Fahrzeugproduktion um rund 3 %. Wir erwarten, dass die Fahrzeugproduktion im zweiten Halbjahr flach bleibt oder allenfalls leicht steigt. Wenn wir weiterhin besser sind als die weltweite Fahrzeugproduktion – wovon wir ausgehen -, erlaubt das uns die Anhebung der Umsatzprognose um eine weitere halbe Mrd. Euro im Autogeschäft.- Die Ergebnisprognose heben Sie nicht an, obwohl die Belastungen durch den Preisanstieg bei Rohmaterialien um 50 Mill. Euro geringer ausfallen sollen als bislang erwartet. Warum?Unsere Gewinn-und-Verlust-Rechnung nimmt mit einem Nachlauf von drei bis sechs Monaten Rohstoffpreisänderungen auf. Die Preise für Natur und Synthesekautschuk sind um die Jahreswende stark gestiegen, haben sich dann aber im zweiten Quartal deutlich abgeschwächt. Diesen Effekt werden wir vor allem im vierten Quartal merken. Eine Entlastung von 50 Mill. Euro reicht aber nicht aus, um unsere Margenerwartung anzuheben.- Ihr Großaktionär Schaeffler hat Ende Juni eine Gewinnwarnung abgegeben und auf den starken Preisdruck im Automobilgeschäft verwiesen. Wie wirkt sich dieser Preisdruck auf Continental aus?Wir spüren immer starken Preisdruck von unseren Kunden. In den Gesprächen, die wir in den vergangenen Monaten geführt haben, hat sich dieser Druck für uns nicht verschärft.- Rechnen Sie mit zusätzlichem Preisdruck, weil nun die Autohersteller auf eigene Kosten die Software-Updates bei 5,3 Millionen Dieselfahrzeugen vornehmen wollen?Nein.- Wie sieht es bei Entwicklungskosten und Vorleistungen für bestimmte Projekte in der Elektromobilität aus?Unsere Entwicklungskosten sind im ersten Halbjahr in etwa stabil geblieben. Kumuliert haben wir über die vergangenen Jahre bereits über 1 Mrd. Euro in die Elektromobilität investiert.- Könnten in absehbarer Zeit Kooperationen in Frage kommen?Wir haben Ende April unsere neue Powertrain-Strategie vorgestellt. Wir sind damit gut aufgestellt für die zunehmende Elektrifizierung des Antriebstrangs. Gleichzeitig verfügen wir über eine starke Stellung im Bereich des Verbrennungsmotors und erwarten auch hier weiteres Wachstum.- Angeblich steht ein Einstieg von Continental beim Kartendienst Here bevor. Werden Sie sich mit 10 % beteiligen?An Spekulationen beteiligen wir uns grundsätzlich nicht. Continental arbeitet seit langem mit verschiedenen Anbietern im Kartenbereich zusammen, so auch mit Here.—-Das Interview führte Carsten Steevens.