Continental verschärft Sparkurs

Autozulieferer stellt 30 000 Arbeitsplätze in Frage - Betriebsrat warnt vor "folgenschwerem Konflikt"

Continental verschärft Sparkurs

ste Hamburg – Der Autozulieferer Continental verschärft infolge der deutlich gesunkenen globalen Fahrzeugproduktion sowie der durch die Covid-19-Pandemie verschärften Konjunkturkrise seinen vor Jahresfrist vorgestellten Sparkurs bis 2029 und stellt weltweit 30 000 anstatt 20 000 Arbeitsplätze in Frage, davon rund 13 000 nach bislang 7 000 in Deutschland. Wie der Dax-Konzern aus Hannover mitteilte, sollen von 2023 an nun jährliche Bruttoeinsparungen von mehr als 1 Mrd. Euro wirksam werden – doppelt so viel wie im September 2019 angekündigt.Das Unternehmen, das in der Autoindustrie nicht vor 2025 mit einer Rückkehr auf das Vorkrisenniveau von 2017 rechnet, beschäftigt weltweit aktuell gut 232 000 Menschen, davon in Deutschland rund 59 000. Vorstandschef Elmar Degenhart erklärte, die gesamte Autoindustrie habe gewaltige Herausforderungen zu bewältigen. Keine ihrer Krisen der vergangenen 70 Jahre sei größer und schärfer gewesen. Sie treffe die Zulieferer besonders hart. Nach einem Jahrzehnt des schnellen, profitablen Wachstums und des Aufbaus von weltweit 84 000 Arbeitsplätzen richte Continental sich auf eine “neue Art des Wachstums mit Zukunftstechnologien” aus. Deshalb strebe man mit den Arbeitnehmervertretern nach wirksamsten Lösungen und einem Ausgleich mit den Interessen der Belegschaft. “Fatales Bild”Von den Arbeitnehmervertretern kam harsche Kritik. “Das ist ein schwerer Schlag”, erklärte der Konzernbetriebsrat. Würden die Einschnitte umgesetzt, zerstöre der Vorstand Lebenspläne, vernichte Wissen und Kompetenz in großem Maßstab und beschädige die Attraktivität von Continental als Arbeitgeber. In Kombination mit Managementfehlern der vergangenen Jahre wie einer überzogenen Wachstumsstrategie, Qualitätsproblemen und milliardenschweren Abschreibungen ergebe sich “ein fatales Bild”. Auf Basis von Tarifverträgen, Konzernbetriebsvereinbarungen und arbeitsmarktpolitischen Instrumenten wie Kurzarbeit sei man zu Gesprächen über ein Paket, das Perspektiven für Beschäftigung und eine faire Lastenverteilung biete, bereit. “Alles andere würde einen folgenschweren Konflikt mit uns auslösen”, so der Betriebsrat. Die Gewerkschaft IG BCE bezeichnete das Sparprogramm als “überzogen und wahllos”. Unter dem Deckmantel der Coronakrise solle offenbar “alles zusammengekehrt werden, was den Renditeansprüchen nicht mehr gerecht wird”. Ziel bleibe der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen.Der Conti-Vorstand hatte bereits in Aussicht gestellt, dass der Sparkurs verschärft werden könnte. Die Aktie gab gestern um 2,4 % auf 89,06 Euro nach – der Zulieferer war damit größter Tagesverlierer im Dax. Verkauf von GeschäftsteilenAlle Geschäftsbereiche sollen an allen Standorten im In- und Ausland zu den Einsparungen beitragen. Vorgesehen sind ein Zusammenziehen von Aufgaben aus Produktion, Forschung und Entwicklung an den wettbewerbsfähigsten Standorten sowie Portfolioanpassungen. Dazu zählt neben einer Flexibilisierung der Arbeit und Senkung der Arbeitskosten der Verkauf von unrentablen Geschäftsteilen. Teile der Strategie, so Conti weiter, führten voraussichtlich zur Verlagerung oder Schließung von Anlagen und Betriebsteilen an Standorten mit hohen Kosten, auslaufenden Technologien oder unwirtschaftlicher Auslastung der Produktionskapazitäten. Bis 2025 sollen 90 % der angestrebten Anpassungen abgeschlossen sein.