Coronavirus lähmt Luft- und Raumfahrt

Airbus stoppt Produktion an mehreren Standorten - Arianespace setzt Startvorbereitungen aus - Safran muss sparen

Coronavirus lähmt Luft- und Raumfahrt

Der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus braucht im Gegensatz zu seinem US-Rivalen Boeing erst mal keine Staatshilfen. Er hat die Produktion in Frankreich und Spanien vorübergehend gestoppt. Triebwerksbauer Safran will mehr sparen und Raketenbetreiber Arianespace Starts in Kourou aussetzen.wü Paris – Die Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung der Coronavirus-Pandemie beeinträchtigen auch die für Frankreich so wichtige Luft- und Raumfahrtindustrie. So stoppte Airbus als Reaktion auf Ausgangssperren vorübergehend die Produktion an mehreren Standorten in Frankreich und Spanien, während Raketenbetreiber Arianespace seine Startvorbereitungen aussetzte. Die Luft- und Raumfahrtindustrie mit ihren 195 000 Beschäftigten ist für die zweitgrößte Volkswirtschaft ähnlich wichtig wie für Deutschland die Automobilindustrie. Sie kam zuletzt auf einen Umsatz von 65,4 Mrd. Euro, davon 44 Mrd. Euro im Exportgeschäft, und Neuaufträge in Höhe von 58,2 Mrd. Euro. Raketenbetreiber Arianespace hat bereits seit Montag vorerst alle geplanten Starts am Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana ausgesetzt. Die Startvorbereitungen dort sollen wieder aufgenommen werden, sobald es die gesundheitlichen Bedingungen erlauben. Eigentlich hätte Ende März eine Vega-Trägerrakete von Kourou aus starten sollen und eine Sojus-Rakete, deren für den 5. März vorgesehener Start wegen zusätzlicher Überprüfungen einer Raketenstufe hatte verschoben werden müssen.Airbus wiederum teilte am Dienstag mit, man werde die Produktion an den Standorten Frankreich und Spanien während der verbleibenden vier Tage der Woche stoppen. Davon nicht betroffen sind die Standorte in Deutschland, Großbritannien, China, Kanada und den USA. Die Airbus-Produktion hatte zuletzt 1989 so lange stillgestanden, als der britische Zulieferer BAE Systems streikte. Airbus will den vorübergehenden Produktionsstopp nutzen, um so schnell wie möglich neue Sicherheits- und Gesundheitsmaßnahmen umsetzen und danach die Fertigung in Frankreich und Spanien wieder aufnehmen zu können. Die Werke dort sollen so umgerüstet werden, dass die Mitarbeiter mit genügend Abstand weiterarbeiten können. Nicht in der Produktion tätige Mitarbeiter sollen von zu Hause arbeiten. Einsparungen in SichtDer Luft- und Raumfahrtkonzern hat seinen Hauptsitz in Toulouse, wo er unter anderem alle Langstreckenjets A350 und A330 sowie einen Teil der Mittelstreckenjets A320 und bis 2021 auch den Großraumjet A380 baut. Mit dem vorübergehenden Produktionsstopp, der auch die Hubschrauberfertigung in Marignane bei Marseille betrifft, reagiert er auch auf die in Spanien und Frankreich inzwischen verhängten Ausgangssperren, die helfen sollen, die Ausbreitung der Coronavirus-Infektionen einzudämmen. Gewerkschaften in Frankreich hatten Airbus nach der Verschärfung der Maßnahmen am Wochenende gedrängt, alle nicht lebenswichtigen Aktivitäten zu stoppen.Während sein amerikanischer Rivale Boeing die US-Regierung um kurzfristige Hilfen gebeten hat, kann der europäische Flugzeugbauer laut Branchenkennern trotz der Coronaviruskrise noch einige Monate ohne Staatshilfe durchhalten. Airbus habe bei einem Krisentreffen mit dem Luftfahrtkoordinator der Bundesregierung signalisiert, erst in einem “Worst-Case-Szenario” Hilfen vom Staat zu benötigen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Airbus verfüge über einen Bargeldmittelbestand von 16 Mrd. Euro und benötige jeden Monat rund 5,5 Mrd. Euro.Der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern musste erst kürzlich Geldbußen in Höhe von 3,6 Mrd. Euro im Rahmen des Vergleichs zahlen, den er mit Behörden in Frankreich, Großbritannien und den USA zur Beilegung von Korruptionsermittlungen geschlossen hat. Ihm fehlen nun angesichts der Coronaviruskrise genau wie Boeing vor allem die üblichen Vorauszahlungen von Kunden als Finanzierungsquelle. All das könnte sich auch auf den Triebwerksbauer Safran auswirken, der beide Flugzeugbauer beliefert. Er hat bereits Ende letzter Woche angekündigt, sein Sparprogramm angesichts der Coronaviruskrise ausweiten zu müssen. Die im Februar verkündeten Ziele von Safran sahen Einsparungen in Höhe von 300 Mill. Euro als Reaktion auf die 737-Max-Krise bei Boeing und die Auswirkungen der Epidemie auf die Aktivitäten in China vor.