IM BLICKFELD

Daimler kommt trotz Dieselskandal voran

Von Isabel Gomez, Stuttgart Börsen-Zeitung, 21.10.2017 Angesichts der Drohszenarien, die wegen des Dieselskandals für die Absatzzahlen der deutschen Autohersteller an die Wand gemalt werden, sollte man meinen, die Verkäufe der Konzerne müssten...

Daimler kommt trotz Dieselskandal voran

Von Isabel Gomez, StuttgartAngesichts der Drohszenarien, die wegen des Dieselskandals für die Absatzzahlen der deutschen Autohersteller an die Wand gemalt werden, sollte man meinen, die Verkäufe der Konzerne müssten drastisch einbrechen. Beim Stuttgarter Hersteller Daimler ist das Gegenteil der Fall. Mit einem Plus von 9 % auf 824 100 Einheiten im dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres und einem ebenso starken Anstieg auf 2,4 Millionen Fahrzeuge nach neun Monaten liegt der Konzern auf Kurs für neue Absatzbestwerte.Dieses Ziel will Daimler auch erreichen – und zudem das operative Ergebnis (Ebit) 2017 um mehr als 10 % steigern. 2016 betrug das Ebit 12,9 Mrd. Euro. Per Ende September lag der Wert um 19 % über dem Vergleichswert. Das ist angesichts der per Ende September um 20 % höheren Ausgaben für Forschung & Entwicklung von 6,6 Mrd. Euro und Sachinvestitionen von 4,2 Mrd. Euro – ein Plus von 7 % – doch beachtlich. Dass die Daimler-Aktie am Freitag nachgab, dürfte daher vor allem daran gelegen haben, dass der Konzern keine weiteren Details zur Prüfung einer Holding-Struktur (vgl. BZ vom 17. Oktober) nannte – und sich auf Nachfrage auch Spekulationen verwehrte, ob bei den bei der Finanztochter angesiedelten Mobilitätsdiensten nicht doch irgendwann ein Börsengang anstehen könnte.Im dritten Quartal hatte Daimler durchaus mit Gegenwind zu kämpfen – ausgelöst durch Rückrufaktionen, die das Ebit und die Marge konzernweit und vor allem im Pkw-Kerngeschäft belasteten. Der Pkw-Absatz legte im dritten Quartal um 6 % zu, wobei der Umsatz mit 23,4 Mrd. Euro nahezu konstant blieb. Ein großer Teil des Wachstums wurde in China in der lokalen Fertigung mit dem Partner BAIC erzielt. Das chinesische Absatzplus von 21 % schlug sich damit im Ergebnis des Joint Ventures BBAC nieder.Auf der Absatzseite schadet der Dieselskandal dem Konzern Finanzchef Bodo Uebber zufolge bislang nicht. Daimler verkaufe in absoluten Zahlen sogar mehr Dieselfahrzeuge. Die relative Veränderung nach unten sei “weitaus geringer” als der jüngste Einbruch des Diesel-Anteils bei den deutschen Pkw-Neuzulassungen um 20 %. Die Restwerte verschlechterten sich auch nicht deutlich, wenngleich diese als Risikofaktoren verstärkt beobachtet würden. Sonderkosten belastenAllerdings sind die Sonderkosten des Konzerns in der Pkw-Sparte teilweise auf den Dieselskandal zurückzuführen. 223 Mill. Euro wurden für die Software-Nachbesserung der Stickoxid-Emissionen von drei Millionen Mercedes gebucht. Weitere 230 Mill. Euro entfielen auf den Rückruf gut einer Million Autos wegen Kabelproblemen an der Lenksäule. Darüber hinaus investierte der Konzern 300 Mill. Euro mehr in die Pkw-Entwicklung. Das Sparten-Ebit ging folglich um 22 % auf 2,1 Mrd. Euro zurück. Die Marge sank um 2,6 Prozentpunkte auf 9,2 %.Daimler peilt trotz höherer Investitionen in Elektromobilität und Vernetzung, die im vierten Quartal weiter zulegen sollen, eine konstante Marge um 10 % an, bereitete den Markt aber bereits darauf vor, dass sich die Profitabilität kurzfristig auf 8 % verschlechtern könnte. Ohne Sonderkosten hätten das Ebit und die Marge leicht über dem Vorjahreswert gelegen. Auch im Pkw-Geschäft will der Konzern das Ebit auf Jahressicht um mehr als 10 % steigern.Bei Daimler Trucks, der zweitgrößten Sparte, zogen im dritten Quartal dagegen Umsatz und Ergebnis an. Zudem wird die laufende Restrukturierung, die unter dem neuen Spartenvorstand Martin Daum vor allem in Deutschland vorangetrieben wird, günstiger als gedacht. Viele Mitarbeiter wechselten intern ihre Stelle und müssten somit nicht abgefunden werden. Daimler rechnet nun mit Kosten von 200 Mill. Euro im laufenden und im kommenden Jahr. Bisher waren 500 Mill. Euro veranschlagt worden. Durch das Programm will die Sparte künftig 400 Mill. Euro pro Jahr einsparen.Operativ profitierte das Lkw-Geschäft nach dem mageren Vorjahr vor allem von der erstarkten US-Konjunktur. In der Nafta-Region verkaufte Daimler 45 300 Lkw nach zuvor 31 400 Einheiten. Weitere Wachstumstreiber waren Asien und speziell Indonesien. Der Spartenumsatz lag mit 9,2 Mrd. Euro um 17 % über dem Vorjahreszeitraum, das Ebit legte um 32 % auf 614 Mill. Euro zu. Die Umsatzrendite stieg auf 6,7 % nach zuvor 5,9 %. Das führte zu einer leichten Anhebung der Spartenprognose. Daimler erwartet nun einen deutlich über dem Vorjahr liegenden operativen Gewinn.Weniger erfolgreich waren die kleineren Sparten Vans und Busse. Bei den Bussen sank das Ebit trotz eines Umsatzplus von 8 % um 42 %, weil der starke Absatz negative Währungseffekte und einen inflationsbedingten Kostenanstieg in Lateinamerika nicht ausglich. Die Transportersparte indes setzte 1 % weniger um. Hier sank das Ebit aber vor allem wegen hoher Investitionen in Produktanläufe um 30 %. Zudem drückt das Ende der Auftragsfertigung von Transportern für VW auf das Ergebnis. Im Gegensatz zum Pkw- und Busgeschäft hinken die beiden Sparten auch auf Sicht von neun Monaten ihrer Vorjahresprofitabilität hinterher. Im Busgeschäft erwartet Daimler nun ein Ebit leicht unter dem Vorjahresniveau statt, wie bisher, leicht darüber. Im Gegensatz dazu soll das Ergebnis von Daimler Financial Services, die operativ 17 % mehr verdiente, auf Jahressicht nun auch um mehr als 10 % wachsen.