IRAN

Daimler prescht vor

Voith schielt in Iran auf Wasserkraftprojekte - Auch BASF, Linde und SAP strecken die Fühler aus

Daimler prescht vor

Deutsche Unternehmen wittern Morgenluft in Iran. Nach dem Wegfall der Sanktionen bringen sich Auto-, Maschinen- und Chemieindustrie in Stellung. Als erste prominente deutsche Adresse prescht Daimler mit der Ankündigung vor, in Iran wieder Nutzfahrzeuge zu verkaufen.BZ Stuttgart/Frankfurt/München – Der Autokonzern Daimler will in Iran Geld verdienen – und zwar “zügig”, wie der Vorstand von Daimler Trucks, Wolfgang Bernhard, sagt. Dazu hat Daimler Absichtserklärungen mit den lokalen Kooperationspartnern Iran Khodro Diesel (IKD) und Mammut Group unterzeichnet. Noch im ersten Quartal soll eine Repräsentanz eröffnet werden, die ein Service- und Händlernetz aufbaut. Die ersten Nutzfahrzeuge könnten noch 2016 in Einzelteilen ausgeliefert und vor Ort montiert werden.Daimler greift dabei auf Produktionskapazitäten von IKD zurück, einer Tochter des größten Fahrzeugherstellers im Mittleren Osten. Mit IKD sei ein Gemeinschaftsunternehmen zum Bau und Vertrieb von Lkw und Antriebskomponenten vereinbart worden. Zudem sei eine Liefervereinbarung mit dem zur Mammut Group gehörenden Händler Mayan abgeschlossen worden, um leichtere Lkw der Marke Fuso zu vertreiben. Es sei zudem geplant, wieder Anteile an der IKD-Motorentochter Iranian Diesel Engine Manufacturing (IDEM) zu übernehmen.In Iran bestehe großer Nachholbedarf für Nutzfahrzeuge, so Bernhard. Die iranische Regierung schätze, dass in den kommenden Jahren 200 000 Nutzfahrzeuge erneuert werden müssten, davon 56 000 in den nächsten drei bis fünf Jahren. Vor Inkrafttreten der Sanktionen 2010 hatte Daimler in Iran jährlich rund 10 000 Fahrzeuge abgesetzt. ZF liefert GetriebeWährend Daimler die 1953 in Iran begonnene Geschäftstätigkeit durch die Sanktionen unterbrochen hat, blieb der Zulieferkonzern ZF Friedrichshafen mit 16,7 % am Joint Venture S.S. Charkheshgar in Nordiran beteiligt. Das Unternehmen produziert Nutzfahrzeuggetriebe und wird von ZF mit Produkten für Stadtbusse beliefert. In den vergangenen Jahren machte ZF damit jährlich rund 10 Mill. Euro Umsatz. “Die bestehenden Aktivitäten werden wir vor dem Hintergrund der aktuellen Entspannung sicher nicht zurückfahren, sondern fortführen”, sagte ein Sprecher.Der Maschinen- und Anlagenbauer Voith ist ebenfalls wieder mit eigenen Ansprechpartnern für frühere und potenzielle neue Kunden in Iran vertreten. Chancen sieht das Unternehmen bei Getrieben für Schienenfahrzeug- und Bushersteller, im Papiergeschäft und im Wasserkraftgeschäft. “Es gibt zum Beispiel Wasserkraftprojekte, an deren Ausschreibung wir uns nun wieder beteiligen dürfen und werden”, heißt es. Seit den 1970er Jahren habe Voith an einer “deutlich zweistelligen Anzahl an Wasserkraftwerken” in Iran mitgewirkt. Vitamine und WaschmittelAuch die Chemie, die zu den größten deutschen Lieferanten in Iran gehört (siehe Grafik), streckt die Fühler aus. Bei BASF wird betont, dass der Konzern zu seinen Kunden dort “sehr gute und vor allem langjährige Geschäftsbeziehungen” habe und seit 1959 ununterbrochen in dem Land vertreten sei. Zuletzt nur noch mit 50 Mitarbeitern. Das Geschäft umfasste nicht vom Embargo betroffenes Sortiment wie Vitamine, Kunststoffe oder Inhaltsstoffe für Hygieneprodukte und Wasch- und Reinigungsmittel. Die Aufhebung der Sanktionen schaffe “eine erste Grundlage für ein stärkeres Engagement in Iran”, unterstreicht die BASF. Iran hat in den Jahren der Wirtschaftsblockade versucht, mangels Importmöglichkeiten sich mit eigener Produktion unabhängig zu machen, tritt also auch als Konkurrent auf. Geschäftsanbahnung läuftLinde stellt sich seit einiger Zeit auf einen Neustart der Geschäfte in Iran ein. Vorstandsvorsitzender Wolfgang Büchele hatte im vergangenen Herbst von “Pre-Business-Gesprächen” berichtet, die der Münchner Industriegase- und Anlagenbaukonzern führe. Sie dienten dazu, Geschäfte anzubahnen. Büchele hatte angekündigt, in Verhandlungen zu treten, wenn die Sanktionen aufgehoben würden. Der Linde-Chef warf aber die Frage auf, wie Iran angesichts des limitierten Ölexports die Finanzierung von Aufträgen sicherstellen wolle. Büchele mahnte zur Geduld: “Vertragsabschlüsse sind eher gegen Ende 2016 zu erwarten.””Potenzial sehen wir auch für Iran”, teilt SAP auf Anfrage mit. Werde Iran, wie sich jetzt abzeichnet, wieder vollständig in den Welthandel eingebunden, sehe man die Möglichkeit, die Entwicklung des Landes quer über alle Industrien und Organisationen im privaten und öffentlichen Sektor zu unterstützen.