Daimler stellt alles auf den Prüfstand
Dieter Zetsche erhielt bei seiner letzten Hauptversammlung als Daimler-Chef viel Lob für seine Verdienste in 13 Jahren an der Konzernspitze. Mit dem Zustand, in dem er den Konzern an Ola Källenius übergibt, sind die Aktionäre indes nicht zufrieden. Sie kritisieren die Rendite und fürchten die Abgasermittlungen.igo Berlin – Dieter Zetsche hat bei seiner letzten Hauptversammlung als Vorstandschef von Daimler bestätigt, dass der Konzern vor harten Einschnitten bei den Kosten steht. Er hatte bereits im Februar nach einem Gewinneinbruch um fast 30 % im vergangenen Jahr “Gegenmaßnahmen” angekündigt, um die Profitabilität wieder zu steigern. “Alles steht auf dem Prüfstand: fixe und variable Kosten, Sach- und Personalkosten, Investitionsvorhaben, die Wertschöpfungstiefe und die Produktpalette”, sagte Zetsche nun in Berlin vor rund 5 000 Aktionären. “Mit der aktuellen Profitabilität können und wollen wir nicht zufrieden sein”, so Zetsche. In der Pkw-Sparte sank die Umsatzrendite zuletzt von 9 % auf 6 %. Details zu den Maßnahmen ließ er weiter offen. Sie werden derzeit erarbeitet. Es handele sich dabei nicht um ein Sparprogramm, vielmehr zielten die Maßnahmen auf die Steigerung von Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit ab, so Zetsche.Zetsche und Finanzchef Bodo Uebber, der mit Ende des Aktionärstreffens an den neuen Finanzvorstand Harald Wilhelm übergab, erhielten von den Aktionären wohlwollenden Beifall und waren sichtlich bewegt. Allerdings hatten die Aktionäre und ihre Vertreter auch abseits der gesunkenen Rendite, der 2018 enttäuschenden Entwicklung von Ergebnis und Aktienkurs sowie der Senkung der Dividende von 3,65 Euro auf 3,25 Euro je Aktie einige Kritik.Die Vertreter der Fondsgesellschaften Deka, Union Investment und DWS forderten erneut einen Börsengang der Lkw-Sparte. Sie wird in der künftigen Holding-Struktur, die am Mittwoch von 99,75 % des Kapitals durchgewinkt wurde, als eine von drei rechtlich selbständigen Einheiten unter der Dach-Holding angesiedelt sein (vgl. BZ vom 23. März). Die Neuaufstellung soll bis 2020 einmalig bis zu 700 Mill. Euro kosten. Hinzu kommen ab dann laufende jährliche Kosten von bis zu 170 Mill. Euro, die durch Synergieeffekte kompensiert werden sollen. Truck-IPO bleibt ThemaDie Truck-Sparte verfehle ihre Renditeziele seit Jahren, sagte Janne Werning von Union Investment. “Es ist höchste Zeit, für mehr Disziplin und Transparenz zu sorgen, indem man sie an die Börse bringt”, so Werning. Uebber erwiderte, ein Börsengang des Lkw-Geschäfts stehe “derzeit nicht zur Debatte”. Zetsche erwähnte allerdings, dass die neue Aufstellung “die Grundlage für weitere strukturelle Änderungen in Zukunft” sei.Auch die Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Abgasskandal sowie die Frage nach einer möglichen Managerhaftung bei dem 2016 öffentlich gewordenen Lkw-Kartell beschäftigen die Anteilseigener weiter. Sie monierten vor allem die mangelnde Transparenz ihnen gegenüber bei der Aufklärung. Beim Thema Abgas verwies Aufsichtsratschef Manfred Bischoff auf laufende Ermittlungen, derentwegen der Konzern sich nicht zu Details äußere. 2018 hatten die vom Kraftfahrt-Bundesamt angeordneten Rückrufe und die Entwicklung sowie der Einsatz von Software-Updates Daimler rund 425 Mill. Euro gekostet.Beim Lkw-Kartell verwies Bischoff auf die weiter laufende Untersuchung möglicher Schadenersatzansprüche gegenüber ehemaligen oder aktuellen Vorständen. Diese drohten nicht zu verjähren. Derzeit, wiederholte er seine Aussagen vom Vorjahr, habe sich der Aufsichtsrat im Unternehmensinteresse dagegen entschieden, solche Ansprüche zu erheben. Zur relevanten Zeit war Zetsche für das Nutzfahrzeuggeschäft verantwortlich. Vor diesem Hintergrund sagte unter anderem der Corporate-Governance-Experte Christian Strenger, dass die Empfehlung des Aufsichtsrates einer Wahl Zetsches in das Gremium bei der Hauptversammlung 2021 zu früh komme.Die Aktionäre entlasteten den Vorstand am Abend mit 93,89 % und den Aufsichtsrat mit 93,51 %. Die Aufsichtsratsmandate des früheren VW- und BMW-Vorstandschefs Bernd Pischetsrieder sowie von Siemens-Chef Joe Kaeser liefen zur Hauptversammlung aus. Die Aktionäre stimmten der Verlängerung beider Mandate um fünf Jahre zu.