Daimler will Sparkurs nachschärfen

Aktionäre stimmen nach achtstündiger virtueller Hauptversammlung allen Vorschlägen zu

Daimler will Sparkurs nachschärfen

“So viel Zusammenhalt, Gemeinschaftssinn und Hilfsbereitschaft habe ich noch nicht erlebt”, beschreibt CEO Ola Källenius die Stimmung bei Daimler. Die Laune der Investoren war indes schon besser. Der Aufsichtsrat wurde mit weniger als 90 % entlastet, und Telekom-Chef Tim Höttges wäre bei seiner Wahl in das Gremium sogar fast gescheitert. Zumindest die Absatzzahlen für das zweite Quartal dürften den Anlegern Mut gemacht haben.scd Frankfurt – CEO Ola Källenius hat den Aktionären in der virtuellen Hauptversammlung des Autobauers Daimler einen schärferen Sparkurs versprochen, ohne nähere Details zu präsentieren. Die im vergangenen Jahr beschlossenen Maßnahmen zeigten zwar erste Effekte. Das reiche aber nicht aus. “Unsere bisherigen Effizienzziele haben die bevorstehende Transformation abgedeckt, aber nicht eine weltweite Rezession”, erklärte der Daimler-Chef. Er zeigte sich zwar vorsichtig optimistisch, dass andere Märkte an die positive Entwicklung in China anknüpfen können. Der Absatz der Marke Mercedes-Benz hatte dort im zweiten Quartal um knapp 22 % auf 207 000 Stück angezogen (siehe Grafik). Damit konnte der Absatzrückgang im Reich der Mitte aus dem ersten Quartal bis zum Halbjahr schon wieder ausgeglichen werden. Insgesamt lieferte Mercedes in den ersten sechs Monaten inklusive X-Klasse und V-Klasse mit 935 089 Autos knapp 18 % weniger aus als im ersten Halbjahr 2019. Vor allem im US-Markt schlug sich Mercedes mit einem Absatzrückgang um 22 % im zweiten Quartal zuletzt deutlich besser als Wettbewerber BMW, der am Dienstag einen 40-prozentigen Umsatzeinbruch berichtet hatte.Trotz der schwierigen Lage in vielen Märkten und der Ankündigung eines schärferen Sparkurses ist die Stimmung im Unternehmen laut CEO Källenius sehr positiv. “Ich bin schon eine Weile im Unternehmen: So viel Zusammenhalt, Gemeinschaftssinn und Hilfsbereitschaft habe ich noch nicht erlebt”, stellte der Schwede fest. Derzeit befinde man sich mit den Gewerkschaften in konstruktiven Gesprächen über den Sparkurs. Zudem verhandle Daimler, wie in den vergangenen Tagen berichtet, über den Verkauf des Pkw-Werks im französischen Hambach. “Ein potenzieller Käufer, mit dem wir Gespräche führen, ist Ineos. Oberstes Ziel ist, dem Standort eine gute Zukunftsperspektive zu geben”, versprach Källenius. In Hambach war bislang der Smart gebaut worden, dessen nächste Generation künftig gemeinsam mit Partner Geely in China produziert werden soll. Der Rückbau des Produktionsnetzwerks soll die Rückkehr zur Profitabilität beschleunigen und damit auch die notwendigen Investitionen in Elektromobilität und Digitalisierung ermöglichen, wie Finanzchef Harald Wilhelm ausführte.Über 400 eingereichte Fragen sorgten dafür, dass die erste virtuelle Hauptversammlung von Daimler eine wahre Marathonsitzung wurde. Acht Stunden und zwei Minuten nach dem offiziellen Start um 10 Uhr beschloss Aufsichtsratschef Manfred Bischoff die Veranstaltung. Man habe ausführlich antworten wollen, weil Nachfragen nicht möglich gewesen seien, begründete Bischoff die lang andauernde Zusammenkunft.Vor dem Aktionärstreffen hatte es bereits viel Kritik gehagelt. Janne Werning von Union Investment bezeichnete Daimler als Sanierungsfall, der ein schwaches Bild abgebe, “wohin man schaut: Aktienkurs, operatives Geschäft, Elektromobilität, CO2-Emissionen, Effizienz, Marge”. Union Investment votierte gegen zahlreiche Tagesordnungspunkte, darunter die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat sowie gegen die Wahl von Telekom-Lenker Tim Höttges in das Aufsichtsgremium. Bei Letzterer stellten sich zahlreiche Anleger quer. Ingo Speich von Deka Investment lehnte die Berufung von Höttges wegen Ämterhäufung ab.Am Ende kam der Telekom-Chef mit einem blauen Auge davon. Knapp 81 % des anwesenden Grundkapitals, das zu 53,28 % vertreten war, stimmte für Höttges` Aufnahme in den Aufsichtsrat des Dax-Konzerns. Das war allerdings das schwächste Ergebnis aller Tagesordnungspunkte. Der Aufsichtsrat wurde noch mit 88,5 % entlastet, nach 93,5 % im vergangenen Jahr. Die Arbeit des Gremiums wurde vor allem mit Blick auf den Diesel-Abgasskandal bei der Pkw-Sparte Mercedes-Benz kritisiert, der mittlerweile Milliarden gekostet hat. Dafür erhielt der Vorstand um Ola Källenius mehr Zuspruch mit 96,6 % nach 93,9 % ein Jahr zuvor.