Deezer spielt die Musik zum nächsten Tech-Exit

Französischer Streamingdienst will beim IPO Ende Oktober 300 Mill. Euro einsammeln - Altaktionäre geben Anteile mit Greenshoe ab

Deezer spielt die Musik zum nächsten Tech-Exit

Von Stefan Paravicini, FrankfurtDer französische Musik-Streamingdienst Deezer hat die Details zu dem seit längerem geplanten Börsengang bekannt gegeben. Ende Oktober will das Start-up mit dem Sprung aufs Parkett am Firmensitz in Paris mindestens 300 Mill. Euro einsammeln und peilt dabei eine Bewertung von bis zu 1,1 Mrd. Euro an, wie das Unternehmen mitteilte. Damit würde Deezer im laufenden Turnus nach den Angaben des Informationsdienstes Preqin einer der größten Exits eines von Venture Capital getragenen Technologieunternehmens in Europa gelingen, die nicht zuletzt wegen des großen Interesses von privaten Investoren an solchen Start-ups derzeit rar gesät sind.Der schwedische Konkurrent Spotify, dem bereits im vergangenen Jahr Pläne für einen Börsengang nachgesagt wurden, sammelte in diesem Sommer zu einer Bewertung von mehr als 8 Mrd. Dollar laut Medienberichten mehr als eine halbe Milliarde Dollar ein – 115 Mill. Dollar allein beim schwedischen Telekomkonzern TeliaSonera – und scheint es mit einem IPO gar nicht mehr eilig zu haben. Auch in den USA bleiben Start-ups derzeit länger in den Händen von privaten Investoren, weil neben Venture-Capital-Gesellschaften auch andere Investoren wie Private Equity auf der Suche nach auskömmlichen Renditen zunehmend in die Finanzierung von Start-ups einsteigen (siehe Berichte auf dieser Seite).Der Informationsdienst CB Insights meldete für die ersten neun Monate Investitionen von Venture Capital in Höhe von gut 42 Mrd. Dollar in Technologie-Start-ups in den USA. Die Bewertungen für die Unternehmen, denen im gleichen Zeitraum ein Exit gelang, summieren sich demnach auf 26 Mrd. Dollar. Es sei das erste Mal seit 2010, dass die Investitionen höher ausgefallen sind als die Bewertungen der Unternehmen, die im Zuge eines Exit neue Eigentümer an Bord holten.In Europa zählte Preqin im bisherigen Jahresverlauf insgesamt 91 Exits im Technologiesektor mit einem Wert von zusammen knapp 2 Mrd. Euro. Nur 8 % dieser Exits liefen über das Börsenparkett, wo insgesamt 18 % des Gesamtwertes realisiert wurden. Die Zahlen sind vergleichbar mit den Werten für das Jahr 2013, liegen aber deutlich unter dem Vorjahr, als 128 Exits mit einem Volumen von 6 Mrd. Euro zu Buche standen und fast die Hälfte dieses Wertes über IPOs oder Follow-ons realisiert wurde. Bruder der KompanieAuch über Deezer war im Sommer zunächst nur zu hören, dass das Unternehmen frisches Kapital einsammeln wolle und dabei eine Bewertung in der Größenordnung von 1 Mrd. Dollar anpeile. Sowohl eine Privatplatzierung als auch ein Börsengang sei denkbar, berichtete damals die Nachrichtenagentur Bloomberg mit Verweis auf Insider (vgl. BZ vom 19. August). Knapp einen Monat später gab das Unternehmen bekannt, dass es an die Börse strebe, ohne dass CEO Hans-Holger Albrecht, ein Bruder von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, ein Bewertungsziel nannte (vgl. BZ vom 23. September).Gestern folgten die Details: Deezer, die im ersten Halbjahr mit rund sechs Millionen Kunden 93 Mill. Euro Umsatz und 12 Mill. Euro Verlust machte, will 8,2 Millionen neue Aktien in einer Spanne von 36,40 bis 49,24 Euro platzieren. Damit würde Deezer zu einer Bewertung von wenigstens 900 Mill. bis zu 400 Mill. Euro einsammeln. Im Zuge einer Mehrzuteilung (Greenshoe) würden die Altinvestoren um Gründer Daniel Marthely, darunter Idinvest Partners, der französische Telekom-Tycoon Xavier Niel und Leonard Blavatniks Access Industries, eigene Aktien im Umfang von bis zu 15 % des Gesamtvolumens des IPO verkaufen.Deezer will die frischen Mittel auch für die internationale Expansion nutzen, bei der sich der Konzern im Wettbewerb mit Spotify und der neuen Konkurrenz von Apple Music sputen muss. Die beiden wichtigsten Wettbewerber kommen heute auf deutlich höhere Nutzerzahlen, wobei Apple bislang nur Zahlen für das im Sommer gestartete Testangebot genannt hat, das von elf Millionen Menschen genutzt wurde. Spotify zählt mehr als 20 Millionen Hörer, den Klang der Börsenglocke hat sie aber noch nicht im Programm.