Denkzettel für Osram-Vorstandschef
Olaf Berlien ist mit einem blauen Auge davongekommen: Etwas mehr als ein Viertel der präsenten Stimmen verweigerte dem Vorstandsvorsitzenden von Osram auf der Hauptversammlung die Entlastung. Die Fondsgesellschaft DWS opponierte offen gegen ihn, die anderen großen Aktionäre hielten sich bedeckt. jh München – Die Aktionäre von Osram haben auf der Hauptversammlung dem Vorstandsvorsitzenden Olaf Berlien einen Denkzettel verpasst. In der Einzelabstimmung verweigerten ihm gut 26 % der Stimmen die Entlastung. Präsent waren rund 1 700 Aktionäre, die knapp 54 % des Grundkapitals vertraten. Nicht ganz so schlimm kam es mit 8 % Nein-Stimmen für den Aufsichtsratsvorsitzenden Peter Bauer. Gegen ihn stimmte offenbar nur die DWS, die Fondstochter der Deutschen Bank. Für die anderen zwei Vorstände und übrigen Aufsichtsräte gab es eine Zustimmung von jeweils mehr als 99 %.Von den größeren Anteilseignern (siehe Grafik) hatte sich in der Generaldebatte zuvor nur ein Redner der DWS zu Wort gemeldet: Hendrik Schmidt kündigte an, sowohl Berlien als auch Bauer nicht zu entlasten. Schmidt kritisierte unter anderem, dass der Vorstand die mittelfristigen Ziele für 2020 kassiert hat. Auch habe die Kommunikation mit dem Kapitalmarkt Nachholbedarf.Zudem zweifelt Schmidt an der Prognose für das aktuelle Geschäftsjahr: “Uns erscheinen ihre Ziele sehr ambitioniert und wir fühlen uns an Versprechungen der Vergangenheit erinnert.” Im Geschäftsjahr 2017/18 (30. September) hatte Osram die Prognose zweimal nach unten korrigiert. “Neben Ergebnissen erwarten wir aber auch realistische Einschätzungen von Ihnen, sonst laufen wir Gefahr, dass aus der Lichtgestalt eine Energiesparlampe oder eine Wunderkerze wird”, monierte Schmidt.Berlien und Bauer rechtfertigten die Strategie von Osram. Berlien gab sich zugleich selbstkritisch: “Wir haben auch Fehler gemacht”, sagte er im Rückblick auf 2018. “Die Kritik an unserer Prognosequalität ist berechtigt.” Die Auftragsbestände, vor allem für die Autoindustrie, hätten weiteres Wachstum signalisiert. “In der Folge waren wir zu optimistisch in unserer Planung. Das tut uns und Ihnen weh”, klagte Berlien. “Ein gesundes Unternehmen” Den kurzfristigen Herausforderungen begegne das Management nun mit aller Konsequenz. Da sich die Nachfrage stark abgeschwächt hat, muss das Segment Optohalbleiter (LED-Chips) die Kosten senken, auch mit einem Stellenabbau. “Unsere mittel- und langfristigen Perspektiven sind aber intakt”, fügte Berlien hinzu.Rückendeckung erhielt er von Aufsichtsratschef Bauer: “Die grundlegende Strategie des Unternehmens, seine Ausrichtung auf Hochtechnologieanwendungen mit dem Fokus auf halbleiterbasiertes Licht, ist und bleibt richtig.” Das gelte auch für die 2015 getroffene Entscheidung, die Sparte Optohalbleiter mit einem neuen Werk in Malaysia und in Regensburg auszubauen. “Osram ist ein gesundes Unternehmen, das Phasen wie diese gestärkt hinter sich lassen wird”, sagte Bauer.Zum Interesse von Finanzinvestoren berichtete Berlien, Osram führe vertiefte Gespräche mit Bain Capital und Carlyle. In der vergangenen Woche hatte das Unternehmen bestätigt, dass die US-amerikanischen Private-Equity-Investoren ein gemeinsames Übernahmeangebot für Osram erwägen (vgl. BZ vom 14. Februar). “Es ist derzeit noch nicht abzusehen, ob es eine Investition von Bain oder Carlyle geben wird”, sagte Berlien. Auch ein Scheitern der Gespräche sei möglich.Daniel Bauer von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) sagte, die Gespräche mit den Finanzinvestoren beängstigten ihn. Das Interesse sei zwar positiv, da es zeige, dass Osram kein Sanierungsfall sei. Es bestehe aber die Gefahr, dass die heutigen Aktionäre in drei Jahren nicht mehr beteiligt seien, wenn das Unternehmen vielleicht wieder richtig durchstarte. “Haie um das Hochhaus”Nach Einschätzung von Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) brachte die Fehleinschätzung des Vorstands mit euphorischen Prognosen Osram in eine prekäre Lage. “Ich kann da schon wieder ein paar Haie um das Osram-Hochhaus schwimmen sehen”, sagte sie und fragte, ob Osram zum Spielball von Finanzinvestoren geworden sei. Sie kritisierte auch den früheren Mutterkonzern Siemens, der sich aus Bergdolts Sicht zu früh von Osram verabschiedet hat. Im Oktober 2017 hatte Siemens das letzte Aktienpaket von gut 17 % verkauft.Ein Kleinaktionär appellierte an das Management: “Sorgen Sie dafür, dass Osram von Finanzinvestoren nicht weiter zerschlagen wird.” Osram hat sich vor zwei Jahren vom Geschäft mit klassischen Lampen getrennt und bereitet derzeit den Verkauf des Leuchtensegments vor.Details zu den Gesprächen mit den Private-Equity-Gesellschaften Bain Capital und Carlyle, die ein gemeinsames Übernahmeangebot erwägen, gab der Vorstandsvorsitzende Olaf Berlien nicht preis. Er betonte, Osram führe die Gespräche mit Rückgrat und sei nicht in einer schwachen Position. Zudem könnten die Aktionäre selbst entscheiden, wenn es eine Übernahmeofferte gebe.