Der jüngste Bluff im großen Rohstoffpoker

Von Daniel Zulauf, Zürich Börsen-Zeitung, 2.6.2012 Einmal haben auch die immer zahlreicheren Kritiker der internationalen Rohstoffbranche Grund zur Freude - wenn auch nur zur Schadenfreude. Der schweizerisch-britische Bergbaukonzern Xstrata stellt...

Der jüngste Bluff im großen Rohstoffpoker

Von Daniel Zulauf, ZürichEinmal haben auch die immer zahlreicheren Kritiker der internationalen Rohstoffbranche Grund zur Freude – wenn auch nur zur Schadenfreude. Der schweizerisch-britische Bergbaukonzern Xstrata stellt seine Aktionäre im großen Fusionspoker mit dem Zuger Handelsriesen Glencore vor eine schwierige Wahl: Entweder stimmen sie auf der Hauptversammlung am 12. Juli dem geplanten Merger zu und akzeptieren damit auch die Zahlung astronomischer Halteprämien zugunsten des Managements. Oder sie blockieren den Deal und riskieren so, die Talfahrt ihrer Aktien weiter zu beschleunigen.Nicht weniger als 230 Mill. Pfund will der Xstrata-Verwaltungsrat den 73 wichtigsten Managern des Konzern in Form von garantierten Prämien auszahlen, um sie für die ersten drei Jahre nach dem Zusammenschluss im Unternehmen zu halten. Hinzu kommen vertraglich garantierte Entschädigungen im Umfang von 45 Mill. Pfund an jene Manager, für die der Merger einen Abstieg in der Firmenhierarchie bedeutet. Die Dokumentation zu der geplanten 90-Mrd.-Dollar-Transkation versetzt die mit den Bedingungen des Geschäfts ohnehin schon wenig glücklichen Xstrata-Aktionäre in Rage.Die Höhe der Zahlungen sei schon schwindelerregend und eigentlich inakzeptabel, sagt ein Bergbauanalyst in London. Der Analyst zeigt Verständnis für die Frustration der Aktionäre. “Am Ende werden sie die bittere Pille trotzdem schlucken”, meint er. Als Folge der weltwirtschaftlichen Wachstumsverlangsamung haben die Xstrata-Aktien seit der Ankündigung der Fusion Anfang Februar fast ein Drittel ihres Wertes verloren. Sollte der Deal scheitern, käme es zu “signifikanten” Kurseinbußen, glaubt der Branchenkenner. “Es ist einfacher, über Prinzipien der guten Unternehmensführung zu reden. Schwieriger ist es, diese durchzuhalten, wenn man selber etwas zu verlieren hat.”Auf den größten Gewinn im Pokerspiel kann Xstrata-Chef Mick Davis hoffen. Der 54-jährige Südafrikaner soll allein 30 Mill. Pfund kassieren, damit er dem Fusionsunternehmen mindestens bis zum Jahr 2015 die Treue hält. Eine wahrlich großzügige Geste, wenn man bedenkt, dass Davis ja als CEO der neuen Gruppe vorgesehen ist und sein ordentliches Gehalt von 5,4 Mill. Pfund im vergangenen Jahr dadurch kräftig steigen dürfte. Xstrata verteidigt die hohen Zahlungen mit dem gleichen Argument, mit dem auch die Finanzbranche die Millionenboni der Investmentbanker rechtfertigt: Bergbauspezialisten seien außerordentlich begehrte Leute, und der Erfolg des Zusammenschlusses sei abhängig davon, ob man diese Schlüsselpersonen halten könne.Ironischerweise müsste sich Davis als kommender Chef von “Glenstrata” trotz der hohen Halteprämien im Vergleich zu seinem designierten Vize und aktuellen Glencore-Chef Ivan Glasenberg vorkommen wie eine arme Kirchenmaus. Seine Beteiligung an Xstrata hat einen Marktwert von knapp 40 Mill. Pfund. Glasenberg aber ist mit über 15 % größter Glencore-Aktionär und damit sechsfacher Dollarmilliardär.Ob sich die Xstrata-Aktionäre am 12. Juli aber tatsächlich bluffen lassen und den Deal so durchwinken, wie dies die beiden Unternehmen erwarten, steht freilich noch lange nicht fest. Glencore darf ihre 34 %-Beteiligung an Xstrata nicht in die Abstimmung einbringen. Dies bedeutet, dass 16 % der “freien” Xstrata-Aktionäre das Geschäft blockieren könnten. Denn für den Zusammenschluss ist eine Zustimmungsquote von 75 % der freien Aktionäre nötig.Auf der ordentlichen Xstrata-Generalversammlung von Ende April hatten immerhin 13,6 % dieser freien Aktionäre gegen die Wiederwahl Glasenbergs als Verwaltungsrat gestimmt. Und 2,7 % enthielten sich der Stimme. Sie stören sich daran, dass Glasenberg bis heute nicht bereit war, das Angebot von 2,8 Glencore-Aktien pro Xstrata-Titel aufzubessern. Wenn diese Opposition zusammenbleiben sollte, könnte der letzte Bluff im Rohstoffpoker für Davis und Glasenberg doch noch zum Reinfall werden.—–Aktionäre sollen astronomische Halteprämien für Xstrata-Manager absegnen.—–