Derzeit kaum Abschreibungsbedarf auf Goodwill

Laut Duff & Phelps sind die zentralen Einflussfaktoren günstig - 2015 brachte mit 11,7 Mrd. Euro eine Verachtfachung im Jahresvergleich

Derzeit kaum Abschreibungsbedarf auf Goodwill

md Frankfurt – Aktuell befinden sich die meisten deutschen Unternehmen in bester Verfassung. Diese Einschätzung von Duff & Phelps führt in einer Studie des US-Beratungsunternehmens zu einer positiven Beurteilung der Werthaltigkeit des Goodwill börsennotierter Gesellschaften: “Ein Abschreibungsbedarf des Goodwill ist eher nicht angezeigt.”Das war in den vergangenen Jahren nicht immer so, besonders nicht 2015, auch wenn – wie die Berater betonen – dies an krisenartigen Umständen bei einzelnen Unternehmen und Branchen lag. Derzeit seien die zentralen Einflussfaktoren für Goodwill-Abschreibungen günstig: Die Gewinne bewegen sich vielfach auf Rekordniveau und dürften dies zumindest kurzfristig auch weiter tun, zudem stützt das Niedrigzinsniveau die Geschäfte, und die Kapitalmärkte bewegen sich in der Nähe ihrer historischen Hochs. Doch Duff & Phelps warnt: Wenn die Situation dreht, ist mit einer Abschreibungswelle in größerer Breite zu rechnen. Starker Anstieg in der ITDer Gesamtbetrag des von deutschen börsennotierten Unternehmen ausgewiesenen Goodwill habe sich von 2005 bis Ende 2015 von 151 Mrd. auf 314 Mrd. Euro mehr als verdoppelt, wie aus der Goodwill-Impairment-Studie hervorgeht. “Auffällig ist”, so Hartmut Paulus, Managing Director Valuation Advisory Services bei Duff & Phelps, “dass 85 % des Gesamtbetrags auf die 30 Dax-Unternehmen entfallen, während sie nur 4 % der deutschen börsennotierten Unternehmen ausmachen und nur 70 % der gesamten Marktkapitalisierung repräsentieren.” Seit 2014 gebe es kein Unternehmen mehr im Dax, das keinen Goodwill ausweise.In einer Sektorbetrachtung stellt Duff & Phelps fest, dass vor allem in der IT- und der Gesundheitsbranche im Analysezeitraum ein erheblicher Anstieg des Goodwill zu verzeichnen sei. Der Anteil des Goodwill am bilanziellen Gesamtvermögen der Unternehmen belief sich dort nach einer Erhöhung um 30 bzw. 16 Prozentpunkte zum Jahresende 2015 auf 38 % bzw. 34 %. Dies bedeutet, dass mehr als ein Drittel des bilanzierten Unternehmensvermögens durch Goodwill repräsentiert wird. In der Telekommunikationsindustrie und bei Versorgern sei der Anteil des Goodwill am Gesamtvermögen dagegen um 11 % bzw. 8 % zurückgegangen, was primär ein Ausdruck missglückter Akquisitionen und der Krise in der Energiewirtschaft sei.Bei einigen Unternehmen habe der Goodwill sogar die Hälfte des Gesamtvermögens überschritten – z. B. SAP mit 55 % und Fresenius Medical Care mit 51 %. “Ursächlich für die hohen Quoten sind die hohe Akquisitionstätigkeit und auch die vergleichsweise geringe Vermögensintensität des Geschäftsmodells”, erläutert Paulus. In einigen Fällen übersteige der Goodwill das bilanzielle Eigenkapital deutlich: ProSiebenSat.1: 176 %, RWE: 135 %, Fresenius: 114 % und Thyssenkrupp 113 %. Bei einigen Unternehmen erkläre sich dies auch über eine vergleichsweise schwache Eigenkapitalbasis.Auch international betrachtet sei über die vergangenen zehn Jahre ein deutlicher Anstieg des Goodwill zu beobachten gewesen. Der Zuwachs in den USA – gemessen an den S & P-500-Unternehmen -, liege mit einer Verzweieinhalbfachung noch über dem Zuwachs im Deutschland. Dort erreicht der Goodwill bezogen auf das Gesamtvermögen einen Wert von 8 %; bei deutschen Unternehmen seien es im Schnitt 5 %.”Von einer ,Blase` beim bilanzierten Goodwill kann aber per se nicht gesprochen werden”, so Paulus. Eine Abschreibung des Goodwill sei nur dann erforderlich, wenn aufgrund negativer Entwicklungen von Erwartungen oder Marktpreisen der aktuelle Zeitwert niedriger als der bilanzierte Buchwert eingeschätzt wird. Typischerweise sei dies bei einer negativen Konjunkturentwicklung sowie Länder-, Branchen- oder Unternehmenskrisen der Fall.Die Goodwill-Abschreibungen deutscher Unternehmen haben sich laut Duff & Phelps 2015 im Vergleich zum Vorjahr von 1,5 Mrd. auf 11,7 Mrd. Euro verachtfacht. Bezogen auf den bilanzierten Goodwill sei dies eine Quote von 4 %; auch diese relative Größe übersteige den vorherigen Höchstwert von 3,6 % von 2008. Auf das Jahr mit der historisch niedrigsten Abschreibung von nur 0,6 % sei somit der Abschreibungsrekord gefolgt.Der starke Anstieg erklärt sich bei leicht rückläufiger Zahl der abschreibenden Unternehmen (49 nach 48) durch beträchtliche Abschreibungen bei Deutscher Bank (4,9 Mrd. Euro) und Eon (4,8 Mrd.). Die Erhöhung des Gesamtabschreibungsbetrags gründet also nicht auf einer Ausweitung der von Abschreibungen betroffenen Firmen, sondern durch Krisen bei einzelnen Unternehmen.Kumuliert über die vergangenen fünf Jahre habe die Deutsche Telekom mit 6,8 Mrd. Euro den höchsten Betrag an Goodwill abgeschrieben, gefolgt von der Deutschen Bank mit 6,7 Mrd. und Eon mit 5,4 Mrd. Euro.