Deutsche Rohstoff macht ein Schnäppchen in Wyoming
Von Martin Dunzendorfer,
Frankfurt
Für die Deutsche Rohstoff war 2020 kein gutes Jahr. Damit reiht sich der Small Cap mit Sitz in Mannheim, dessen Geschäftsschwerpunkt die Erschließung und Ausbeutung von Öl- und Gaslagerstätten in den USA durch Fracking ist, in die lange Reihe von Unternehmen aus der Ölindustrie ein, denen der schwache Preis für das schwarze Gold im vergangenen Jahr die Bilanz verhagelt hat. Vorstandschef Thomas Gutschlag geht für 2020 zwar von einem positiven Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 23 bis 26 (i.V. 22,7) Mill. Euro aus, doch werde sich ein Konzernverlust von 15 bis 18 Mill. Euro ergeben, da u.a. nicht zahlungswirksame Abschreibungen von 17,2 Mill. Euro belasten.
Die Langfristbetrachtung zeigt, dass die Ergebnisse des Unternehmens stark schwanken, wobei bereits 2019 schwache Zahlen brachte: Es wurde ein kleiner Überschuss von 0,2 Mill. Euro erzielt nach 18 Mill. im Jahr davor. Der Umsatz soll 2020 zwischen 37 und 40 Mill. Euro ausgefallen sein. 2019 lagen die Erlöse bei 41 Mill. und 2018 bei 109 Mill. Euro.
„Alles in allem haben wir uns aber gut durch das Jahr durchgehangelt und sind mit einem blauen Auge davongekommen“, sagt Gutschlag im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Rund 700000 Barrel Öl habe der Konzern im Vorjahr verkauft und dabei einen durchschnittlichen Ölpreis nach Hedges von 54 Dollar je Barrel realisiert. Der Durchschnittspreis für die US-Sorte WTI habe 2020 etwa 39 Dollar betragen. „Diese Zahlen zeigen, dass unser gutes Hedgebuch und die freiwillige Drosselung der Produktion verhindern konnten, dass wir Produktion zu den teilweise dramatisch niedrigen Niveaus im Laufe des Jahres veräußern mussten“, so Gutschlag. Als Folge des weltweiten Konjunktureinbruchs, den die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie mit sich brachten, war der Preis für die Nordsee-Sorte Brent im April 2020 bis auf 18 Dollar je Fass gefallen.
Der zuletzt auf über 50 Dollar gestiegene Preis für ein Fass WTI forciere den Ausbau bzw. die Wiederaufnahme der Produktion, sagt Gutschlag. Für das Gesamtjahr rechne das Management mit einem Durchschnittspreis von 50 bis 60 Dollar.
US-Bank BOK ist streng
„Insgesamt planen wir 2021 mit einer auf uns entfallenden Produktion von 5700 bis 6300 Barrel Öläquivalente (boe) pro Tag aus den bereits bestehenden Bohrungen.“ Davon seien 2300 bis 2600 Barrel Öl. In der Entwicklung befindliche und geplante Bohrungen seien nicht Teil dieser Mengenprognose. Für 2021 seien derzeit Hedging-Kontrakte für rund 45% der erwarteten Ölproduktion abgeschlossen. Der gesicherte Preis liege bei rund 45 Dollar je Barrel. „Das ist nicht toll, aber besser als 35 Dollar“, so Gutschlag, der auf die hohe Volatilität im Ölmarkt hinweist. Weitere Hedging-Kontrakte würden laufend hinzugefügt. Die Vorabverkäufe seien auch Teil der Vereinbarung mit der auf den Energiesektor spezialisierten US-Bank BOK aus Oklahoma, die eine Kreditlinie eingeräumt habe. „Bei Vollproduktion müssen wir 60% des Fördervolumens absichern.“
17 000 Fußballfelder
„Insgesamt haben wir einen guten Start in das Jahr 2021 verzeichnet“, so Gutschlag. „Für den weiteren Jahresverlauf sind wir bezüglich der Preise ebenfalls optimistisch. Wir haben deshalb beschlossen, unsere Produktion kurzfristig deutlich zu erhöhen.“ Die Deutsche Rohstoff fördert über ihre Töchter Cub Creek Energy (88,5%), Bright Rock Energy (98,4%) und Elster Oil & Gas (93%) fossile Brennstoffe.
Im vergangenen Juni nutzte Bright Rock eine Kaufgelegenheit in Wyoming: Umgerechnet 12140 Hektar (ca. 17000 Fußballfelder) konnten erworben werden – „zu einem sehr geringen Preis“, sagt Gutschlag. Man habe nur den Wert der bestehenden Produktion bezahlt; einen Wert „im einstelligen Millionenbereich“, wie er auf Nachfrage sagt. Damit habe der Verkäufer, der in der Krise offenbar zur Veräußerung gezwungen war, nur einen Bruchteil der getätigten Investitionen wiederbekommen. „Aufgrund des Preisanstiegs liegt die Wirtschaftlichkeit der Akquisition bereit jetzt deutlich über der Planungsrechnung zum Akquisitionszeitpunkt“, freut sich der Deutsche-Rohstoff-CEO. „Bei Ölpreisen über 50 Dollar je Barrel sollte das ein Vielfaches dessen wert sein, was wir da hineingesteckt haben.“
Bright Rock plant für die weitere Entwicklung der Flächen aktuell ein Bohrprogramm und zahlreiche zusätzliche Bohrgenehmigungen. Die erste Bohrung soll im laufenden Jahr erfolgen; sie diene dazu, einen Großteil der erworbenen Flächen langfristig zu sichern, ohne dass dann weitere Bohrverpflichtungen bestehen.
Donald Trumps Hochburg
„Vom regulatorischen Umfeld her ist Wyoming sehr positiv“, sagt Gutschlag. Überhaupt sei der ganze Staat „sehr businessfreundlich“. Beleg für diese Haltung von Administration und Bevölkerung war die US-Präsidentschaftswahl im November: In keinem anderen Bundesstaat hatte Amtsinhaber Donald Trump, ein großer Verfechter der Interessen der Ölindustrie, einen höheren Zuspruch bekommen als in Wyoming (70%).
Neben Öl und Gas, die für 100% des Konzernumsatzes stehen, ist die Deutsche Rohstoff auch in der Wolframproduktion engagiert; dafür steht die Beteiligung von 12,8% an der börsennotierten kanadischen Almonty Industries. „Wie für Öl und Gas sehen wir auch für den Metallbereich deutlich verbesserte Aussichten in 2021“, heißt es dazu vom CEO.
Almonty hatte Anfang Dezember mitgeteilt, einen Kredit der KfW-Ipex Bank über 74 Mill. Dollar zum Bau einer Wolfram-Mine in Südkorea erhalten zu haben. Die Sangdong-Mine sei nicht nur die aussichtsreichste Wolfram-Mine weltweit, so Gutschlag, sondern verfüge auch über ein Molybdän-Vorkommen mit hohen Gehalten. „Beide Metalle gelten als kritisch für viele neue industrielle Anwendungen, werden aber derzeit hauptsächlich aus China geliefert“, erklärt Gutschlag. Die bisherige Produktion aus Minen in Portugal und Spanien wird sich nach seinen Angaben mit Inbetriebnahme der Sangdong-Mine ab Ende 2022 vervielfachen.
Profitabler Anteil an Almonty
Der Abnehmer der zusätzlichen Wolframkonzentrate, die Plansee-Gruppe aus Österreich, werde im Zusammenhang mit der Finanzierung Garantien von rund 30 Mill. Dollar übernehmen. Ende 2020 hatte die Deutsche Rohstoff eine Kapitalerhöhung bei Almonty mitgezeichnet. Voraussichtlich im laufenden Quartal werde der notwendige Eigenkapitalbeitrag zur Projektfinanzierung zur Verfügung stehen. Gemäß Gutschlag laufen die Arbeiten an der Mine in Südkorea bereits.
Die Aktie von Almonty konnte im vergangenen Jahr rund 52% zulegen. Derzeit kostet eine Aktie im Freiverkehr der Börse Toronto 0,76 kan. Dollar. In den Büchern der Deutschen Rohstoff würden die Aktien pro Stück mit 0,68 kan. Dollar bewertet. Vor knapp zwei Jahren lag der Kurs schon mal bei 1,09 kan. Dollar. Das Jahrestief 2020 bildete sich Ende März bei 0,34 kan. Dollar. Bei einer Marktkapitalisierung von zurzeit 141 Mill. kan. Dollar ist die Beteiligung der Deutschen Rohstoff damit 18 Mill. kan. Dollar (umgerechnet 11,6 Mill. Euro) wert.
Nebenjob Portfoliomanager
Auf dem Höhepunkt der Börsen-Baisse infolge der Coronakrise im letzten April hat die Deutsche Rohstoff aus ihrer freien Liquidität ein Portfolio an Aktien und Anleihen von Bergbauunternehmen, insbesondere Gold (u.a. Barrick, Newmont), sowie Ölunternehmen (z.B. Shell) aufgebaut. Anlagehorizont seien zwölf Monate gewesen. In der Spitze seien über 20 Mill. Euro investiert worden. Das Portfolio habe sich sehr positiv entwickelt, betont Gutschlag. Im Laufe von 2020 wurden für das ab März aufgebaute Portfolio bereits 3,5 Mill. Euro Ertrag realisiert. „Ende 2020 gab es unrealisierte Erträge von circa 8 Mill. Euro“, erklärt Gutschlag.
Der Börsenwert der Deutschen Rohstoff liegt bei 54 Mill. Euro. Ein Zehntel der im Freiverkehr (Scale-Segment) gehandelten Aktien hält der 56-jährige CEO. Das Unternehmen gehört dem Scale 30 an. Weitere Mitglieder in dem wenig beachteten Index sind u.a. 2G Energy, Consus Real Estate, Helma, Mensch und Maschine, Mutares und Nanogate.