"Die Leifheit-Aktie ist eine Dividendenperle"
– Herr Dr. Zacharias, Leifheit hat jüngst mit einer gravierenden Änderung der Dividendenpolitik überrascht, die ihre Aktionäre erfreut haben dürfte.Das ist richtig. Wir werden künftig etwa 75 % des Periodenergebnisses beziehungsweise des Freien Cash-flow als Basisdividende an die Aktionäre ausschütten; dabei orientieren wir uns am höheren Wert. Im vergangenen Geschäftsjahr lag der Gewinn bei 3,02 Euro und der Freie Cash-flow bei 2,96 Euro je Aktie. Wir werden der Hauptversammlung daher eine um 0,20 auf 2,00 Euro je Aktie erhöhte Dividende vorschlagen. Darüber hinaus wird Leifheit fortan die Ausschüttung von Sonderdividenden erwägen, sofern die Konzernliquidität am Jahresende, abzüglich der Dividendenzahlung für das abgelaufene Jahr, den erwarteten Liquiditätsbedarf für potenzielle M & A-Aktivitäten und für saisonale Schwankungen des Working Capital übersteigt. Dabei legen wir für M & A 50 Mill. Euro zurück und für Working-Capital-Schwankungen 5 Mill. Euro. Für 2015 wird der HV deshalb zusätzlich eine Sonderausschüttung von 0,75 Euro je Aktie vorgeschlagen.- In Summe ergibt das eine beachtliche Rendite.Und ob. Bei einem Aktienkurs von zurzeit knapp 54 Euro – der Kurs liegt übrigens nur noch 6 Euro unter dem vor einem Jahr erreichten Rekordhoch – entspricht eine Ausschüttung von insgesamt 2,75 Euro einer Dividendenrendite von 5,1 %. Damit ist die Leifheit-Aktie durchaus eine Dividendenperle.- Steht die neue Dividendenpolitik im Zusammenhang mit der veränderten Zusammensetzung des Aktionärskreises?Unter anderem. Nachdem die Familie Schuler-Voith im April vergangenen Jahres ihre 50,5-prozentige Beteiligung an Leifheit zu einem Platzierungspreis von 49 Euro je Aktie an institutionelle Investoren verkauft hatte, stieg der Streubesitzanteil auf fast 77 %. Statt mit einem Großaktionär haben wir es seitdem mit einer Vielzahl von Aktionären zu tun. Diese haben einen unterschiedlichen Hintergrund und unterschiedliche Interessen. Amerikanische und britische Investoren wollen in der Regel Aktienrückkaufprogramme sehen, kontinentaleuropäische präferieren Dividenden. Und mein Ziel als Finanzvorstand ist es: Das Geld soll im Unternehmen bleiben. Das alles unter einen Hut zu bringen ist nicht leicht. Das Ergebnis ist unsere neue Dividendenpolitik.- Sie sprachen davon, 50 Mill. Euro für mögliche Übernahmen zur Seite zu legen. Ist das Ihr Investitionsrahmen für M&A?Dazu kämen etwa 50 Mill., die wir gegebenenfalls bei Banken als Kredit aufnehmen würden, so dass uns insgesamt rund 100 Mill. Euro für M & A zur Verfügung ständen.- Gibt es ein konkretes Kaufziel?Nein. Wir haben lange an einem Thema gearbeitet, aber das hat sich am Ende zerschlagen, weil die Preisvorstellungen unvereinbar waren.- Kämen für Sie, wenn Kapitalbedarf bestände, auch andere Finanzierungsinstrumente als ein klassischer Kredit in Frage, etwa Schuldscheine oder eine Anleihe?Das erledigt sich mit der Frage nach dem effektiven Zins. Der liegt bei den genannten Alternativen irgendwo zwischen 4 und 6 %. Ein klassisches Bankdarlehen kriegen wir heute für unter 2 %.- Haben Sie eigentlich noch Hausbanken als Partner oder einen Finanzierungspool?Wir haben noch ganz klassisch Hausbanken. Wir haben die Deutsche Bank auf dem Briefbogen stehen, über die wir zum Beispiel das internationale Geschäft und die Währungsabsicherung arrangieren. Dann haben wir die Landesbank Rheinland-Pfalz für das Brot-und-Butter-Geschäft, sprich den Zahlungsverkehr. Und aus Zeiten, in denen Leifheit Lizenzen für Oetker-Backgeräte besaß, haben wir noch eine Geschäftsverbindung zum Bankhaus Lampe. Im Moment denke ich aber darüber nach, unsere liquiden Mittel etwas breiter zu streuen.- Beim Thema Anlage liquider Mittel stellt sich die Frage nach Negativzinsen, die manche Banken auf Einlagen von Unternehmen verlangen. Musste Leifheit schon mal Strafzinsen zahlen?Nein.- Würde eine Bank mit diesem Anliegen an Sie herantreten, wie würden Sie reagieren?Ich habe da keine dezidierte Antwort parat. Ob ich so weit gehen würde, die Geschäftsbeziehung zu einer Bank zu kappen, weil diese Strafzinsen fordert, weiß ich nicht. Zur Deutschen Bank haben wir zum Beispiel seit 30 Jahren intensive Beziehungen, zur Landesbank Rheinland-Pfalz seit acht Jahren. In dieser Zeit ist viel Vertrauen aufgebaut worden. Ich würde mir wohl den absoluten Betrag anschauen, um den es geht. Aber Vertrauen darf nicht an 10 000 oder 20 000 Euro scheitern. Ich würde wohl einen Deal mit der Bank machen und fragen: Wo und wie kommt ihr mir entgegen, wenn ich Strafzinsen auf unsere Einlagen zahlen soll?- Leifheit hat im Vorjahr alle Ende März 2015 genannten Ziele übertroffen. Die im Jahresverlauf angehobenen Prognosen für das operative Ergebnis und das Wachstum wurden erfüllt. Wie schätzen Sie die Resultate ein?Wir sind sehr zufrieden. Gegen Ende des ersten Quartals 2015 hatten wir kommuniziert, dass wir im Gesamtjahr einen Umsatzzuwachs im Vergleich zum Vorjahr von 2 bis 3 % anstreben. Mitte November haben wir dann 4 % in Aussicht gestellt. Heraus kam am Ende ein Plus von 5 % auf 232 Mill. Euro. Für das operative Konzernergebnis, also das Ergebnis vor Zinsen und Steuern bereinigt um das Fremdwährungsergebnis, planten wir zunächst, das Vorjahresniveau von 16,4 Mill. Euro zu erreichen. Bereits Mitte Mai haben wir unsere Ebit-Schätzung auf 19 bis 20 Mill. Euro angehoben. Am Ende waren es 19,2 Mill. Euro, ein Anstieg um 2,8 Mill. oder 17 %.- Was waren die Gründe für die positive Entwicklung?Im Vorjahr hat uns natürlich geholfen, dass sich das Volumengeschäft in Frankreich, das unsere französischen Töchter Herby – ein Anbieter von Wäschetrocknern – und Birambeau sowie unser Projektgeschäft darstellen, weit besser entwickelt hat als erwartet. Grund war die Erstausstattung des neuen Handelskunden Système U, der uns eingelistet und dafür einen deutschen Wettbewerber ausgelistet hat. Durch diese Erstbestückung mit Küchenprodukten von Birambeau in den Märkten des Einzelhändlers war allerdings der Umsatzausweis im dritten Quartal verzerrt. So erklärt sich, warum wir im März 2015 angepeilt hatten, die Erlöse im Volumengeschäft konstant zu halten, und warum sie im Vergleich zu 2014 dann tatsächlich um 8,6 % auf 44 Mill. Euro zulegten. Nachhaltig dürfte davon rund die Hälfte, also etwa 4 %, sein. Doch auch damit kann ich super leben.- Die positive Entwicklung von Leifheit war im letzten Jahr also einem Sondereffekt zu verdanken?Keineswegs, denn auch das weit gewichtigere Markengeschäft mit Leifheit und Soehnle, das im Zentrum unserer Strategie steht, hat besser abgeschnitten, als wir anfangs dachten. Hier war ein Umsatzplus von 3 bis 4 % das Ziel, es wurden 4,3 %. Und beachten Sie: Mit 188 Mill. Euro Erlös war dieses Segment 2015 mehr als viermal so groß wie das Volumengeschäft. Der Zuwachs war dabei vor allem auf die steigende Nachfrage nach Reinigungsartikeln von Leifheit zurückzuführen. Zudem profitierte das Markengeschäft vom florierenden E-Commerce.- Liegt die Übererfüllung der Ziele nicht vielleicht auch daran, dass Leifheit sehr tief stapelt?Ich räume ein, dass wir mit unseren ersten Prognosen stets sehr vorsichtig sind. Wir wollen den Markt nicht negativ überraschen. Das hat auf der anderen Seite zur Folge, dass es uns vielleicht leichter fällt als anderen, unsere Ziele im Jahresverlauf anzuheben. Wegen dieses konservativen Ansatzes bereinigen wir auch auf der Ergebnisseite Positionen, die uns zu positiv erscheinen lassen. Negative Dinge bereinigen wir nicht.- Das gilt auch für die Guidance für 2016?Ja. Die Prognose eines Umsatzwachstums von 3 bis 4 % sowie eines Ebit von 22 bis 23 Mill. Euro mag sicher konservativ erscheinen, ist aber in sich schlüssig. Denn wir gehen in unseren Kalkulationen davon aus, dass pro 10 Mill. Euro Umsatzwachstum sich das Ebit um 2 Mill. Euro erhöht. Bei einem Mittelwert von 3,5 % Wachstum wäre das ein Erlösplus von 8,1 Mill. Euro; folglich würde das Ebit um etwa 1,6 Mill. steigen.- Trotz Ihres konservativen Ansatzes haben Sie die Spanne für das Wachstum des Markengeschäfts sowie des Konzernumsatzes im Vergleich zu 2015 um je einen Prozentpunkt angehoben. Hat die Untergrenze Ihrer Zuversicht also einen höheren Level erreicht?Das kann man so sehen. Wir sind etwa zehn Jahre lang beim Umsatz nicht so recht vom Fleck gekommen. Das hat sich durch die Strategie “Leifheit 2020”, die unser seit Januar 2014 amtierender Vorstandschef Thomas Radke auf den Weg gebracht hat, grundlegend geändert. Im Vorjahr haben wir die ersten Erfolge dieser Strategie gesehen, im laufenden Jahr – in dem wir im Rahmen dieser Strategie insbesondere den Ausbau unserer internationalen Märkte und die Weiterentwicklung unseres Produktportfolios anstreben – werden sich weitere einstellen. Das läuft wie im Lehrbuch ab. Daher gehen wir davon aus, dass wir im Markengeschäft mit Leifheit und Soehnle ein Umsatzplus von 4 bis 5 % erreichen werden. Im Volumengeschäft rechnen wir mit einem Umsatz auf Vorjahresniveau.- Die Performance des Volumengeschäfts hat 2015 Ihre Schätzungen übertroffen. Doch in der neuen Strategie spielt dieses Segment keine Rolle. Und in den letzten Jahren konnte man den Eindruck gewinnen, Sie würden Herby und Birambeau gern loswerden.Als die beiden Unternehmen vor rund zehn Jahren von Leifheit gekauft wurden, brachte uns das den Zugang zum französischen Markt; das ist auch aus heutiger Sicht unschätzbar wertvoll. Frankreich ist heute gleichauf mit den Niederlanden unser wichtigster Auslandsmarkt. Richtig ist aber auch, dass wir mit unserer aktuellen Strategie, ständen wir erneut vor der Frage, ob wir die beiden Firmen kaufen sollen, dies wohl eher verneinen würden. Deren Geschäfte sind auf das Inland und eine Handvoll Kunden konzentriert. Herby liefert zwar 11 Mill. Euro Umsatz und eine auskömmliche Ebit-Marge, doch droht immer, dass einer der Großkunden abspringt. Dann hätten wir in dem Geschäft ein Problem. Bei Birambeau ist das vor zwei Jahren passiert, zum Glück konnte jetzt der Neukunde gewonnen werden.- Wie volatil sind die Ergebnisse von Leifheit übers Jahr gesehen?Im Grunde könnte ich mich schon nach dem ersten Quartal an den Jahresabschluss machen. Unser Wirtschaftsprüfer kriegt von mir bereits zur Hauptversammlung im Mai gesagt, was wahrscheinlich im Gesamtjahr herauskommen wird, weil wir dann das erste Quartal schon gebucht und April/Mai auch schon so gut wie sicher haben. Und in unserem wenig zyklischen Geschäft ist es so, dass ich das erste Halbjahr aller Erfahrung nach – mit kleinen Abweichungen – einfach mal zwei nehmen kann, um zum Gesamtjahresergebnis zu kommen. Sicher kann man zwar nie sein, aber so war es in der Vergangenheit immer.- Welche Bedeutung hat der E-Commerce für Leifheit?Im vergangenen Jahr haben wir mit 25 Mill. Euro knapp 11 % vom Konzernumsatz online erlöst. Das Wachstum lag bei 18 %, im Jahr davor bei 28 %. Künftig werden sich die Zuwächse wohl bei 20 % einpendeln. Unser Ziel ist es, den E-Commerce-Umsatz bis 2020 zu verdoppeln. Damit wäre dieser Vertriebskanal dann der zweitwichtigste für uns, nach den SB-Warenhäusern.- Sind Sie mit dem Niveau der bereinigten Ebit-Marge von 8,3 % zufrieden, oder wollen Sie mehr?Wir hatten als Ziel die 8 %-Marke. Man muss sich vor Augen halten, dass vor sieben Jahren – als ich als CFO bei Leifheit anfing – die bis heute verbliebenen Geschäftsteile rote Zahlen schrieben. Dann wurde der Turnaround geschafft und peu à peu die Marge gesteigert. Ich kann mir vorstellen, dass unser Aufsichtsrat demnächst nach 10 % Marge fragt. Aber irgendwann wird es bei aller Zuversicht zu sportlich, man kann die Rendite nicht beliebig steigern.- Was waren zuletzt die größten Verkaufsschlager von Leifheit?Der Fenstersauger, das Bodenwischer-Set Twist-System und der Airboard-Bügeltisch, bei dem wir die klassische Metallplatte durch geschäumten Kunststoff ersetzt und ihn dadurch erheblich leichter gemacht haben. Doch gerade an diesem Bügeltisch zeigt sich unser Problem: Eine sinnvolle Innovation auf den Markt zu bringen ist eine Sache, sie dem Verbraucher nahezubringen eine ganz andere, weitaus schwierigere. Bei der Draufsicht auf den Bügeltisch denkt jeder bloß: Aha, ein Bügeltisch. Erst wenn man ihn anhebt, kommt das große Staunen. Diesen Effekt zu transportieren kostet immens viel Aufwand.—-Das Interview führte Martin Dunzendorfer.