Die Ölindustrie verliert einen wichtigen Investor
cru Düsseldorf – Norwegens Staatsfonds trennt sich von einem erheblichen Teil seiner Investments in Aktien von Ölkonzernen. Der “Statens Pensjonsfond Utland”, besser bekannt als norwegischer Ölfonds, ist mit mehr als 1 Bill. Dollar der größte Staatsfonds der Welt. Nach einer Entscheidung des Finanzministeriums in Oslo vom Freitag wird das von der Zentralbank kontrollierte Anlagevehikel nun Anteile an Ölförderfirmen mit Schwerpunkt Upstream (Produktion) im Wert von 7,5 Mrd. Dollar verkaufen, behält aber die Titel der großen integrierten Ölkonzerne wie Royal Dutch Shell und ExxonMobil weiter im Portfolio – weil diese angeblich ihre grünen Investments stark ausbauen.Nach den länger als ein Jahr dauernden Überlegungen über einen kompletten Ausstieg des Fonds aus allen Ölinvestments geht es nun also um einen kleineren ersten Schritt, der aber Signalwirkung für andere Großinvestoren entwickeln könnte: Ausgeschlossen aus Norwegens Staatsfonds werden nun 134 Unternehmen, die im Index FTSE Russell enthalten sind. Dazu zählen unter anderem Anadarko Petroleum, Chesapeake Energy, CNOOC und Tullow Oil. Finanzministerin Siv Jensen begründete den Teilausstieg aus Ölaktien mit der doppelten Abhängigkeit des Landes vom Schicksal der Ölindustrie: “Der Großteil des norwegischen staatlichen Engagements besteht aus Upstream-Aktivitäten. Wir verringern unsere Anfälligkeit, indem wir uns entscheiden, den Fonds schrittweise aus diesem Segment abzuziehen.” Vorschlag teilweise umgesetztDie Regierung in Oslo setzt damit nur einen Teil des Vorschlags um, der 2017 vom Staatsfonds selbst kam und die Märkte schockte; er sah die vollständige Veräußerung aller Öl- und Gasaktien im Fonds mit einem Wert von zuletzt 37 Mrd. Dollar vor. Der Plan wurde damals von Klimaaktivisten als großer Schritt gewürdigt.Norwegens Teilausstieg aus Ölaktien passt zu dem Druck, den auch andere Großinvestoren auf Banken und Energieunternehmen ausüben, damit diese aus Energien aussteigen, die auf fossilen Trägern (Öl, Kohle) basieren. So drängten kürzlich mehrere institutionelle Anleger mit addiert 1 Bill. Dollar Vermögen – darunter Schroders – die britische Bank HSBC, ihre Finanzierungen neuer Kohlekraftwerke in Indonesien und Vietnam einzustellen.Norwegens Finanzministerin Jensen verteidigte ihre Entscheidung, die großen Ölkonzerne im Portfolio zu behalten: “Die integrierten Unternehmen werden höchstwahrscheinlich diejenigen Unternehmen sein, die künftig in ein viel breiteres Spektrum der Energiebranche investieren.” Die integrierten Ölkonzerne tätigten große Investitionen in erneuerbare Energien – und daran solle Norwegens Staatsfonds weiter beteiligt sein.Tatsächlich bauen die Ölkonzerne ihre noch vergleichsweise kleinen grünen Energiesparten mit hohem Tempo aus. So hat Shell in Deutschland kürzlich den Batteriehersteller Sonnen übernommen und bietet in den Niederlanden bei der Privatisierung des kommunalen Ökostromerzeugers Eneco mit. Auch an dem zum Verkauf stehenden 26-Prozent-Anteil am Oldenburger Regionalversorger EWE soll Shell Interesse haben.Der Teilausstieg aus Ölaktien spiegelt das sich ändernde politische Klima in Norwegen, wo trotz der großen Bedeutung der Ölindustrie für den Wohlstand, die Exporte und die Staatseinnahmen des Landes der Widerstand gegen die Öl- und Gasförderung zunimmt. Der 1-Bill.-Dollar-Fonds wurde in den vergangenen 20 Jahren aus Öl- und Gaseinnahmen aufgebaut, und Norwegen verwendet die Einnahmen aus den Offshore-Ölfeldern, um den umfassenden Wohlfahrtsstaat zu bezahlen. Doppelte AbhängigkeitDie Verwalter des Fonds, der von der Zentralbank beaufsichtigt wird, machten daher in ihrem Vorschlag geltend, dass es für Norwegen wenig sinnvoll sei, sowohl in Bezug auf die Einnahmen als auch durch seine Investitionen doppelt vom Öl abhängig zu sein. Sony Kapoor, Geschäftsführer des Think-Tanks Re-Define, sagte, dass die nun begrenzte Veräußerung der Ölaktien einen Sieg von Big Oil darstelle – gegen die finanzielle Vorsicht und den gesunden Menschenverstand.