Die Schatztruhe von Delivery Hero ist fast leer
Die Schatztruhe von Delivery Hero ist fast leer
Lieferdienst steigt bei der britischen Deliveroo aus – Investments haben stark an Wert verloren oder wurden verkauft
hek Frankfurt
Was zu Boomzeiten der Corona-Pandemie eine Schatztruhe war ist zu einer Art besserer Portokasse geschrumpft: die Minderheitsbeteiligungen von Delivery Hero. Einige Anteilspakete hat der Essenslieferdienst verkauft, andere haben massiv an Wert verloren. Den größten Posten, die Beteiligung an der spanischen Glovo, holte Delivery Hero als Tochter in den eigenen Konzern. Gemäß den Angaben im Halbjahresreport 2023, dem letzten vorliegenden Finanzbericht, halten die Berliner inzwischen 99,2% an Glovo.
Mitte 2021 veranschlagte Delivery Hero den Marktwert ihrer Minderheitsinvestments auf 2,3 Mrd. Euro, im Trading Update für das dritte Quartal 2021 waren es 2,5 Mrd. Euro und im Bericht über das Jahresschlussviertel 2,1 Mrd. Euro. Damals bewegte sich die Delivery-Hero-Aktie im dreistelligen Bereich und mitunter sogar jenseits von 130 Euro. Aktuell sind es nur noch um die 20 Euro. Dieser Kurssturz zeigt beispielhaft, welch großen Wertverlust die Branchenplayer und damit auch die Delivery-Hero-Beteiligungen seit der Hochphase zu verzeichnen haben.
Flop mit Gorillas-Investment
Neben Glovo gehörten der lateinamerikanische Lieferdienst Rappi, die britische Deliveroo, der Bringdienst Gorillas, der Lieferando-Eigentümer Just Eat Takeaway und die indische Zomato zu den Kernpositionen. Das Portfolio unterstütze den Aufbau eines Netzwerks mit vergleichbaren Unternehmen, begründete Delivery Hero die Investments. Möglichkeiten der Zusammenarbeit würden ausgelotet und die Konsolidierung vorangetrieben. Außerdem hätten die Beteiligungen zwei- oder sogar dreistellige Returns gebracht, hieß es damals.
Die Zomato-Anteile hat Delivery Hero 2022 veräußert, ebenso große Teile des Rappi-Pakets. Das habe 212 Mill. Euro Ertrag gebracht, geht aus dem Geschäftsbericht hervor. Im Gegenzug wurden 2022 auf die Deliveroo-Anteile 227 Mill. Euro, auf das Just-Eat-Takeaway-Paket 83 Mill. Euro sowie auf nicht börsennotierte Engagements 130 Mill. Euro abgeschrieben. Als Flop hat sich das Engagement bei Gorillas entpuppt. 200 Mill. Euro pumpte Delivery Hero im Herbst 2021 in den Lebensmittelbringdienst, der alsbald in die Bredouille geriet und sich Ende 2022 in eine Übernahme durch die türkische Getir rettete.
Verlust mit Deliveroo-Aktien
Am Montag hat Delivery Hero ihre Deliveroo-Aktien abgestoßen – per Saldo mit dickem Verlust. Nach Firmenangaben wurden 68 Mill. Anteile oder 4,5% der A-Aktien des britischen Lieferdienstes zum Stückpreis von 1,13 Pfund veräußert. Das bringt 90 Mill. Euro in die Kasse. Der Verkauf unterstreiche den Fokus auf eine disziplinierte Kapitalallokation, heißt es jetzt. Eingestiegen war Delivery Hero 2021 nach dem katastrophal verlaufenen IPO von Deliveroo. Begründung: Man glaube an die Branche und beteilige sich daher an einem führenden Unternehmen. Den Mittelabfluss für den Anteilskauf hatte Delivery Hero mit 318 Mill. Euro angegeben. Analysten halten den Verkauf für vernünftig, bringt er doch Geld in die Kasse und kann helfen, Schulden zurückzuzahlen. Der Schritt untermauere, dass das Management pragmatischer werde und zunehmend aktionärsfreundliche Entscheidungen treffe, meint die Schweizer Großbank UBS.
Auf ein Zehntel geschrumpft
Nach dem Ausstieg bei Deliveroo umfasst der Investmentportfolio noch die Anteile an der britisch-niederländischen Just Eat Takeaway und einige nicht-börsennotierte Beteiligungen. Die 2,9 Millionen Just-Eat-Takeaway-Aktien standen per 30. Juni 2023 noch mit 40 Mill. Euro in den Büchern und den Zeitwert der nicht-börsennotierten Engagements gab Delivery Hero mit 179 Mill. Euro an (nach 346 Mill. Euro Ende 2022). Macht zusammen rund 220 Mill Euro oder ein Zehntel des Volumens zu Spitzenzeiten.