Im GesprächGuido Zimmermann, Senior Economist im LBBW Research

„Die Unternehmen leiden“

Auf der IAA werden ab Dienstag die neuesten Modelle gezeigt. Alles wird glitzern und glänzen. Das steht in starkem Kontrast zum Zustand der Branche und der Regionen, in denen Hersteller und Zulieferer sitzen. LBBW-Experte Guido Zimmermann gibt Einblicke ins Seelenleben von Baden-Württemberg.

„Die Unternehmen leiden“

„Die Unternehmen leiden“

Experte der Landesbank Baden-Württemberg zu den Auswirkungen der Autokrise auf eine der wichtigsten Industrieregionen

Von Daniel Schnettler, Stuttgart

Wenn die Autokrise ein Erdbeben ist, ist Baden-Württemberg mit der Hauptstadt Stuttgart das Epizentrum. In keiner anderen Ecke Deutschlands hängen so viele Schicksale am Wohl und Wehe der Autoindustrie. Konjunkturflaute, US-Zölle, wachsende Konkurrenz aus China – „Baden-Württemberg als Industrieland ist davon natürlich besonders betroffen“, sagt Guido Zimmermann, Senior Economist im LBBW Research, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

Im vergangenen Jahr gingen fast 15% der baden-württembergischen Exporte in die USA und knapp 7% nach China – kein Wunder, dass die Handelskonflikte durchschlagen. Nach Prognosen der LBBW wird sich die Wirtschaft in Baden-Württemberg in diesem Jahr schlechter entwickeln als in Gesamtdeutschland. Gleiches gilt für die Autoländer Niedersachsen, NRW und Hessen. Nur Bayern ist eine positive Ausnahme.

Neben den Handelsthemen sind es technologische Umbrüche, die durchschlagen. Vor allem das Ende des Verbrenners treffe die Region hart, sagt Zimmermann. „In fast jedem Schwarzwald-Tal gibt es einen Zulieferer, der Hidden Champion ist und kleine, aber wichtige Bauteile in der Verbrennertechnologie produziert. Und diese Unternehmen leiden.“

Mögliche Auswege

Der Wandel werde eine Herausforderung, sagt der Experte. „In der Vergangenheit haben wir vieles verpasst.“ Zimmermann sieht aber durchaus Auswege aus der Krise: „Es gibt Chancen in der Rüstungsindustrie – gerade für Mittelständler – und in der industriellen KI. Da gehen einige Unternehmen im Land mit ihren Digitalisierungsprojekten bereits voran. Dennoch sind wir natürlich noch nicht auf dem Niveau eines Silicon Valley.“

Einer der Vorreiter ist die Schwarz-Gruppe mit ihrer Digits-Initiative. Auch Bosch investiert Milliarden in Künstliche Intelligenz. Das Problem dabei ist, ausreichend Fachkräfte zu finden, die die Projekte auch umsetzen können. Zwar gibt es reichlich Autoingenieure im Land, aber IT-Entwickler? „Der Arbeitsmarkt für Ingenieure ist teilweise schwieriger geworden“, stellt der LBBW-Experte fest. „Es sind heute oft andere Fähigkeiten gefragt als noch vor ein paar Jahren, vor allem in Richtung Digitalisierung und KI.“

Ausländische Fachkräfte

Eine Lösung: Ausländische Fachkräfte anwerben. Die müssten sich im Ländle aber auch wohlfühlen, mahnt Zimmermann und verweist auf Wohnungssituation, Bürokratie und Infrastruktur für Familien. Parallel müsse in der Energiepolitik einiges passieren: „KI-Rechenzentren haben einen erheblichen Strombedarf, teils noch mehr als viele Fabriken. Das Problem ist: Die Erneuerbaren Energien sind im Norden und nicht im Süden.“

Eine Alternative zum Umbau der Wirtschaft sieht der LBBW-Ökonom nicht, will Baden-Württemberg seinen Wohlstand halten: „Die Probleme der Transformation schlagen schlussendlich auf kommunaler Ebene auf. Auch in den Kommunen geht jetzt die Debatte los, wo man streichen muss.“

Im Gespräch: Guido Zimmermann

In den Messehallen der IAA werden ab Dienstag die neuesten Modelle gezeigt. Alles wird glitzern und glänzen. Das steht in starkem Kontrast zum Zustand der Branche und der Regionen, in denen Hersteller und Zulieferer sitzen. LBBW-Experte Guido Zimmermann gibt Einblicke ins Seelenleben von Baden-Württemberg.