IM INTERVIEW: HOLGER KINTSCHER

"Die Zeiten als Sorgenkind sind lange vorbei"

Der Finanzchef der VW-Tochter Seat beklagt mangelnde staatliche Investitionen für Elektrowagen

"Die Zeiten als Sorgenkind sind lange vorbei"

Holger Kintscher ist seit 2010 als Vizepräsident für Finanzen, IT und Organisation der VW-Tochter Seat zuständig. Er habe aus der langen, schweren Krise der Marke viel gelernt, sagt er.- Herr Kintscher, wie hoch wird der künftige Investitionsaufwand?Was ich sagen kann, ist, dass wir in diesem Jahr ein Niveau von insgesamt 1,2 Mrd. Euro gehabt haben, wenn man Investitionen und Entwicklungskosten zusammenrechnet. Mit den Herausforderungen der Zukunft wird das zumindest 2019 nicht viel weniger sein. Ab 2021 erwarten wir dann wieder einen deutlichen Rückgang.- Kommt die Finanzierung hauptsächlich vom Mutterkonzern?Nein, wir finanzieren uns hauptsächlich selber. Heute müssen wir für gute Technologie, die wir vom Konzern bekommen, bezahlen. Die Zeiten, wo wir als Sorgenkind auf Unterstützung angewiesen waren, sind lange vorbei.- Wie wichtig sind beim Thema Elektroantrieb und Mobilität staatliche Subventionen in Spanien und in Deutschland?Seat bekommt in Spanien so gut wie nichts. Es geht auch weniger um Subventionen für Hersteller als vielmehr um Kaufanreize für Kunden. Doch solange die Infrastruktur für Elektrowagen nicht wirklich geschaffen ist, werden auch solche Anreize den Absatz dieser Fahrzeuge nicht nach vorne bringen. Es wäre daher das Wichtigste für den Staat, selbst in die Infrastruktur einzugreifen. Ich glaube, das ist in Deutschland nicht viel besser als in Spanien.- Die Marge von Seat hat sich 2018 verbessert, lag aber noch weit unter dem Konzernziel.Wenn wir von der Marke Seat reden, haben wir eine Umsatzrendite von 2,5 %. Das ist weit vom Ziel weg, aber unser Konzernvorsitzender Herbert Diess hat ja gesagt, dass die wichtigste Kennziffer die Kapitalrendite ist. Und da haben wir mit 13,2 % schon sehr gut geliefert. Im Konzern liegt das Ziel bei 9 %. Herr Diess hat heute für 2025 ein Renditeziel von 15 % ausgegeben. So gesehen bin ich sehr zufrieden, wenn wir 2019 schon 13,2 % haben. Der Unterschied zwischen beiden Margen ist, dass wir eine ganz niedrige Fertigungstiefe haben und somit wenig investiertes Kapital benötigen. Das schadet uns bei der Umsatzrendite, hilft aber enorm bei der Kapitalrendite.- Wie schätzen Sie den Standort Spanien ein?Wir sind in der Mitte zwischen Hochkostenstandorten wie Deutschland und Niedriglohnstandorten in Osteuropa, aber man muss sich ja mal die jüngsten Tarifabschlüsse dort anschauen. Wir haben durch die Krise gebeutelt immer noch einen relativ guten Tarifvertrag und können unser Lohnniveau stabil halten.- Waren die Spannungen mit den Separatisten in Katalonien einmal ein Thema für Seat, oder sind sie es noch?Das war immer ein Thema für uns, aber wir haben immer gesagt, dass wir uns da nicht einmischen, solange unsere Produktion hier in Katalonien nicht betroffen ist. Wir haben aber auch gesagt, sollte sich das Umfeld zu unseren Ungunsten verändern, würde dies unser Investitionsverhalten beeinträchtigen. Bislang hat der Konflikt keinen Einfluss auf Investitionsentscheidungen gehabt.- Könnte der Dieselskandal negative Auswirkungen für Seat haben?Nein. Das wird eins zu eins durchgeleitet an Volkswagen.—-Das Interview führte Thilo Schäfer.