Diebold glaubt an Cloud-Geschäftsmodell
Von Sebastian Schmid, New YorkSeit sich Diebold mit dem deutschen Rivalen Wincor Nixdorf im November auf eine Übernahme verständigt hat, befindet sich die Aktie des US-Geldautomatenherstellers im freien Fall. Ein Drittel haben die Titel eingebüßt, während etwa der US-Leitindex S & P 500 in der gleichen Zeitspanne nur 5 % nachgegeben hat. Diebold-CEO Andy Mattes ist im Gespräch mit der Börsen-Zeitung dennoch überzeugt, dass die Kombination im Interesse der Anleger ist. Spekuliert wird seit 2013Spekulationen, dass Mattes mit Übernahmeplänen auf Nixdorf zugehen würde, haben unter Mitarbeitern des US-Geldautomatenherstellers schon die Runde gemacht, als der Ex-Siemens-Manager 2013 das Ruder übernahm. Knapp zwei Jahre später wurden die Gespräche aufgenommen. Erreicht das laufende Mischangebot aus 38,98 Euro in bar sowie 0,434 Diebold-Aktien die Annahmeschwelle von 67,6 %, heißt der neue Branchenführer im Geldautomatengeschäft unter der Führung von CEO Mattes Diebold Nixdorf.Die Aussicht darauf hat zumindest Diebolds Anteilseigner bislang kaum überzeugt. Der Aktienkurs des US-Konzerns ist seit Bekanntgabe der Übernahmekonditionen Ende November um ein Drittel eingebrochen. Im vierten Quartal hatte der Umsatz des Konzerns allerdings auch unerwartet kräftig nachgegeben und damit die Aktie belastet. Wegen des hohen Baranteils halten sich die Auswirkungen des Kurseinbruchs auf die Offerte noch in Grenzen. Das ursprünglich mit 52,50 Euro je Wincor-Nixdorf-Aktie bezifferte Angebot ist aktuell noch knapp 48,60 Dollar wert – ein Rückgang um 7,5 %. “Die Vorteile aus der Nixdorf-Übernahme werden von unserem Aktienkurs derzeit eindeutig noch nicht reflektiert”, sagt Mattes. Allein die erwarteten Synergien von 160 Mill. Dollar entsprächen “grob gerechnet 14 bis 15 Dollar je Diebold-Aktie”.Bis Freitagmittag wurden dem US-Konzern nur rund 1,4 % des Wincor-Grundkapitals angedient. Für eine Einschätzung der Erfolgsaussichten sei es noch zu früh, versichert Mattes. Tatsächlich dienen die meisten institutionellen Investoren ihre Anteile üblicherweise erst gegen Ende der Annahmefrist an, die noch bis zum 22. März läuft. Zuletzt hatte die schottische Fondsgesellschaft Kilteam gemeldet, dass sie ihren Anteil von zuvor 5,15 % auf 10,1 % ausgebaut habe. Mattes hat mit Kilteam bislang keine Gespräche geführt. “Die meisten Investoren, die zu diesem Zeitpunkt zukaufen, befürworten die Übernahme”, spekuliert er.Unabhängig von der Investorenreaktion sieht der 54-Jährige operativ viele Argumente, die für ein Zusammengehen sprechen. In Zukunft werde die Hardware immer mehr zum Standard und die Software zum differenzierenden Faktor. “Mit Nixdorf verdoppeln wir die Zahl unserer Softwareingenieure, müssen aber die Dinge nur einmal entwickeln und nicht mehr zweimal. Damit können wir in derselben Zeit doppelt so viel entwickeln.” Eine Steigerung der Entwicklungsgeschwindigkeit sei immens wichtig. “Unsere Industrie hatte einmal Entwicklungszyklen von sieben bis zehn Jahren. Inzwischen sind es noch 24 Monate.” Zudem ergäben sich durch die Standardisierung der Hardwarekomponenten viele Synergien. So stamme etwa das Geldausgabemodul für Diebold-Geldautomaten bereits von Wincor. Nach dem Zusammenschluss lasse sich auf der Komponentenebene “sehr viel sehr schnell standardisieren”. Bargeld ist ein ServiceFür die Zukunft der Branche ist Mattes optimistisch. Global würden 85 % aller Verbrauchertransaktionen noch immer in bar abgewickelt. Bis 2020 werde dem Bargeldverkehr ein jährliches Wachstum von 3 % prognostiziert. Mit 40 % Umsatzanteil in Amerika, 40 % in Europa, Nahost und Afrika sowie 20 % in Asien-Pazifik sei Diebold Nixdorf optimal aufgestellt, um davon zu profitieren.Vor allem im technologischen Wandel sieht Mattes Chancen. “Mobile Geräte sind der größte Innovationstreiber für unsere Branche.” Dank Smartphones seien künftig kleinere Geldautomaten ohne Bildschirm und PIN-Eingabegerät möglich. Diebold hat dazu im vergangenen Herbst ein Konzept vorgestellt. Der kleinere Fußabdruck mache solche Geräte etwa für Einzelhändler interessant, bei denen Platz ein rares Gut sei. Der gebürtige Deutsche, der unlängst seine US-Staatsbürgerschaft erhalten hat, sieht das Geschäftsmodell vor einem grundlegenden Wandel. Das Cloud-Modell der Softwarebranche – “software as a service” – werde sich auch bei Geldautomaten durchsetzen. “Ich bin absolut überzeugt, dass Geldautomaten in fünf bis sechs Jahren im Rahmen einer Dienstleistungsvereinbarung bereitgestellt werden.”