Autoindustrie

Dominanz asiatischer Zellproduzenten bleibt bestehen

Die weltweite Dominanz asiatischer Hersteller auf dem Markt für Elektroautobatterien wird fortbestehen. Der Know-how-Vorsprung von Unternehmen wie CATL, LG ES oder Panasonic ist beträchtlich. Dennoch dürften europäische Produzenten präsenter werden: Ein Marktanteil von 25% erscheint möglich.

Dominanz asiatischer Zellproduzenten bleibt bestehen

Serie: IAA-Mobility (7)

Dominanz asiatischer Zellproduzenten bleibt bestehen

Experten erwarten in Zukunft höhere Anteile für europäische E-Auto-Batteriehersteller – Ruf nach wettbewerbsfähigen Standortbedingungen

Die weltweite Dominanz asiatischer Hersteller auf dem Markt für Elektroautobatterien wird fortbestehen. Der Know-how-Vorsprung von Unternehmen wie CATL, LG ES oder Panasonic ist beträchtlich. Dennoch dürften europäische Produzenten präsenter werden: Ein Marktanteil von 25% erscheint möglich.

Von Carsten Steevens, Hamburg

Mitte August wartete CATL mit der Nachricht auf, im ersten Quartal kommenden Jahres die Batterie "Shenxing" auf den Markt zu bringen und mit ihrer Massenproduktion die "Ära des superschnellen Ladens von Elektrofahrzeugen" einzuläuten. Der weltgrößte E-Auto-Batteriehersteller aus China teilte mit, der Lithium-Eisenphospat-(LFP)-Akku ermögliche mit einer nur zehnminütigen Aufladung eine Reichweite von 400 Kilometern. Auch verglichen mit dem Supercharger von Tesla, der nach Angaben des US-Elektroautopioniers innerhalb von 15 Minuten bis zu 275 Kilometer Reichweite hinzufügen kann, wäre die Ladepause kürzer und die Fahrstrecke länger. Zudem soll eine Vollladung von "Shenxing" den CATL-Angaben zufolge genug Strom für 700 Kilometer bieten. Solche Reichweiten schaffen bislang nur wenige Elektroautos.

Wertvollstes Bauteil

Die Ankündigung des Weltmarktführers für Elektroautobatterien, der Ende vergangenen Jahres in Thüringen sein erstes Werk außerhalb Chinas und das bislang größte in Westeuropa in Betrieb nahm, adressierte mit der Reichweite ein wesentliches Kriterium bei der E-Auto-Kaufentscheidung. Sie war jedoch auch im abgelaufenen Monat nur eine von zahlreichen Nachrichten über die weltweit enormen Anstrengungen zur Weiterentwicklung des wichtigsten und wertvollsten Bauteils von Elektroautos.

Meldungen wie jene, die EU-Kommission unterstütze den taiwanesischen Batterieproduzenten Prologium mit 1,5 Mrd. Euro für dessen "Prometheus"-Projekt zur Entwicklung von Festkörperbatterien, der weltweit fünftgrößte Batterieproduzent SK On aus Südkorea investiere 1 Mrd. Euro in den Bau einer weiteren inländischen Gigafactory oder der chinesische Batteriehersteller Jiangxi Judian habe mit dem Bau eines Werks zur Festkörperbatterieproduktion begonnen, unterstrichen einmal mehr, dass der Batteriemarkt für vollelektrische (BEV) und Plug-in-Hybridfahrzeuge (PHEV) von Adressen aus Asien dominiert wird. Nach Daten des koreanischen Marktforschungsinstituts SNE Research kamen Mitte 2023 sechs der zehn größten Batteriezulieferer aus China, mit LG Energy Solutions, SK On und Samsung SDI drei aus Südkorea sowie mit Panasonic ein Produzent aus Japan. Die im ersten Halbjahr weltweit verbauten Akkus hatten eine Speicherkapazität von 304,3 Gigawattstunden (GWh) – gut 50% mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum.

Auf den Marktführer CATL, dessen Batterien unter anderem in den Tesla-Modellen 3 und Y verbaut werden, entfielen 112 (i.V. 71,7) GWh. Mit einem im Vorjahresvergleich leicht erhöhten Marktanteil von knapp 36,8 (i.V. 35,4)% lag CATL Ende Juni weiterhin deutlich vor dem ebenfalls chinesischen Hersteller BYD mit 15,7 (11,6)%) und vor LG ES, deren Batterien unter anderem in den VW-Modellen ID.3 und ID.4 verwendet werden, mit unverändert 14,5%. Der Anteil der drei koreanischen Adressen schrumpfte im Vorjahresvergleich auf zusammen 23,9 (i.V. 26,1)%.

Marktbeobachter gehen davon aus, dass die Dominanz der Batteriehersteller aus China und anderen Teilen Asiens bestehen bleiben wird, wenn auch nicht so stark wie bislang. Ein erheblicher Teil der Batteriezellen werde für Elektrofahrzeuge in den unteren und mittleren Preissegmenten benötigt, so Daniel Arand, Automobilexperte bei Alix Partners, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. "Aufgrund der besseren Kostenposition werden etablierte aiatische Hersteller hier auch weiterhin einen Vorteil haben."

Mehr lokale Produktion

Zwar zeichnet sich eine Ausweitung der lokalen Batteriezellproduktion in den einzelnen Regionen ab, doch auch asiatische Hersteller sind daran beteiligt. Lukas Weymann, der am Fraunhofer Institute for Systems and Innovation Research (Fraunhofer ISI) in Karlsruhe zu Batteriethemen forscht, rechnet damit, dass die Batteriezellproduktion in Europa und Nordamerika, getrieben durch inländische wie asiatische Adressen, stark anwachsen und Marktanteile gewinnen wird. 2030 dürften aber immer noch mehr als die Hälfte der Zellen von chinesischen Herstellern gefertigt werden und circa 50% aller weltweit produzierten Zellen aus China stammen. Die Produktion in Europa könnte nach Ankündigungen verschiedener Unternehmen etwa ein Viertel des Marktanteils erreichen, die Produktion in den USA ein Fünftel. Ähnliches erwartet Jörn Neuhausen, Leiter Elektromobilität bei Strategy& Deutschland, der Strategieberatung von PwC, der bei einem starken Zuwachs von europäischen Zellherstellern einen Produktionsanteil von rund 25% in Europa für möglich hält.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) betont, eine lokale Produktion in Deutschland und Europa sei wichtig für eine unabhängigere Batterieversorgung, diene dem Kompetenzaufbau und sichere Beschäftigung und Wohlstand in Zeiten des technologischen Wandels. Die lokale Batterieproduktion mache jedoch nur Sinn, wenn sie auch wettbewerbsfähig sei. "Sie steht und fällt also mit den Standortbedingungen." Zu den benötigten wettbewerbsfähigen Bedingungen für den Aufbau einer eigenen Batterieproduktion in Deutschland und Europa gehörten, so der VDA, unter anderem schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie wettbewerbsfähige Energiepreise. Aktuell bereite vor allem der hohe Strompreis Sorge. "Hier muss dringend Abhilfe geschaffen werden: Die Erzeugungskapazitäten müssen ausgeweitet und die Stromsteuer umgehend auf das europäische Mindestmaß gesenkt werden."

Aktive Industriepolitik

Dass in Anbetracht der Standortbedingungen aktive Industriepolitik gefragt ist, veranschaulicht das Beispiel des schwedischen Batteriespezialisten Northvolt. Um im globalen Wettrennen um künftige Marktanteile und Industriezweige zu erreichen, dass der 2015 gegründete Herausforderer arrivierter Zellproduzenten aus Asien Pläne für die Errichtung einer Gigafactory im schleswig-holsteinischen Heide in Anbetracht umfangreicher Förderprogramme in anderen Regionen wie des Inflation Reduction Act in den USA nicht länger aufschiebt oder in Frage stellt, mussten Bundes- und Landesregierung dem 2015 gegründeten Start-up entgegenkommen. Sollte die EU-Kommission die staatlichen Beihilfen auf Grundlage des "Temporary Crisis and Transition Framework" (TCTF) genehmigen, könnte die Entscheidung für den Bau von "Northvolt Drei" – so hat es derzeit den Anschein – bald fallen. Das mit Investitionen von rund 5 Mrd. Euro verbundene Projekt, das für 3.000 Arbeitsplätze direkt am Fabrikstandort sorgen soll, sieht ein geplantes Produktionsvolumen von 60 GWh vor – was Zellen für 1 Million Elektroautos pro Jahr bedeuten würde.

Die Investitionen für den Bau einer Gigafactory werden aktuell auf 50 Mill. bis 100 Mill. Dollar pro GWh jährlicher Produktionskapazität taxiert. Wobei auf regionale Unterschiede verwiesen wird: China etwa liege am unteren Ende der Bandbreite, Europa auch aufgrund strengerer regulatorischer Vorgaben in der Mitte. Fraunhofer-ISI-Experte Weymann schätzt, dass sich das Gesamtvolumen der Investitionen in die Zellproduktion in Europa 2030 auf 50 Mrd. bis 200 Mrd. Euro belaufen könnte. Genaue Prognosen erscheinen jedoch schwierig. Ob die für Europa angekündigten gut 2.000 GWh Produktionskapazität ausreichen werden, sei fraglich, so Daniel Arand von Alix Partners. "Es dürften bei weitem nicht alle Vorhaben im genannten Umfang oder in der vorgesehenen Zeit realisiert werden." Zu Beispielen wie Varta oder Britishvolt, deren Kapazitätsaufbau im Vergleich zu den ursprünglich geäußerten Plänen zumindest verzögert sei, dürften höchstwahrscheinlich weitere hinzukommen.

Viele Ankündigungen, so Arand, entfielen auf kleinere und wenig etablierte Anbieter. "Wir gehen davon aus, dass es zu einer Konsolidierung und auch zu einem Abschmelzen der bislang angekündigten Kapazitäten, insbesondere bei den kleinen Zellproduzenten, kommen wird." Zugleich könnten aber neue Anbieter auf den Markt drängen oder einige Akteure ihre Pläne ausweiten. Stratey&-Experte Neuhausen schätzt, dass die angekündigten Projekte die voraussichtliche Nachfrage um etwa 50% übertreffen. Europa- und weltweit sei mit einer Konsolidierung in der Zellproduktion zu rechnen: "Nicht jedes Projekt wird Realität."

Kein Richtig und kein Falsch

Ob Autobauer eine eigene Zellproduktion verfolgen sollten? Das sei eine unternehmerische Entscheidung, heißt es beim VDA. Hier gebe es kein Richtig und kein Falsch. Vorteile böten sowohl Kooperationen oder Joint Ventures als auch die eigene Zellfertigung, so Fraunhofer-ISI-Experte Weymann.

Zuletzt erschienen: China auf dem Sprung zur Supermacht (29. August)

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