Einstein soll alles können - mit starken Einschränkungen

Von Sebastian Schmid, New York Börsen-Zeitung, 20.9.2016 Der Boom der Cloud-Dienstleistungen ist noch voll im Gange, da wird bereits ein neuer Hoffnungsträger der IT-Industrie auf den Schild gehoben. Mit künstlicher Intelligenz (KI) sollen...

Einstein soll alles können - mit starken Einschränkungen

Von Sebastian Schmid, New YorkDer Boom der Cloud-Dienstleistungen ist noch voll im Gange, da wird bereits ein neuer Hoffnungsträger der IT-Industrie auf den Schild gehoben. Mit künstlicher Intelligenz (KI) sollen Firmenkunden künftig effizienter und personalschwächer ihren Geschäften nachgehen können. Das Konzept, weniger zu versprechen, als man letztlich halten kann, ist der IT-Industrie von jeher fremd – und das Thema KI macht hier keine Ausnahme. Der Mietsoftwarepionier Salesforce ist auf den Zug aufgesprungen, und schon der Name des KI-Projekts legte die Latte hoch: “Einstein” soll für die Kunden künftig Probleme lösen, für die bislang Experten nötig gewesen seien. Praktisch zeitgleich stellt Oracle seine KI-Vision vor, deren Name “Oracle A. I.” (kurz für Artificial Intelligence) zwar trocken daherkommt. Ansonsten spart aber auch Oracle nicht mit Superlativen. “Es gibt zwei große Datenbanken, die Informationen über Konsumenten sammeln. Eine ist sehr bekannt. Sie heißt Facebook. Die andere ist die Oracle-Daten-Cloud”, behauptet Chairman Larry Ellison.Die Kunden müssen hoffen, dass Oracle mit den Daten mehr anzufangen weiß als Facebook, deren “intelligente” Leistung oft darin besteht, die Zeitreihe eines Anwenders mit zahlreichen Beiträgen zu einem Thema zu füllen, das dieser unlängst einmal aufgerufen hat. Einen Einstein braucht es dazu nicht, und viele Facebook-Anwender zeigen sich darüber wenig erfreut. Allerdings steigen Nutzung und Werbeeinnahmen wohl weiter – anders als beim Sommerphänomen “Pokémon Go”.Dennoch dürfte klar sein, dass die Ansprüche der zahlenden Firmenkunden deutlich höher ausfallen als die des durchschnittlichen Facebook-Anwenders an das immerhin kostenfrei zur Verfügung gestellte soziale Netzwerk. Eine komplexe Grafik mit mehreren Wolken soll Salesforce-Kunden zeigen, wer von Einstein profitieren wird. Kurz zusammengefasst – alle und jeder: Programmierer, Vertriebsmitarbeiter, Marketingabteilung, Kunden, Internet der Dinge, Netzwerker, Dienstleister, Datenanalysten. Salesforce behauptet sogar, künftig die “klügste” Kundenbeziehungsmanagement-Software zu vertreiben. Daher wohl der Name Einstein.IBM setzt derweil auf “Watson” – namensgebend ist wohl nicht der Doktor, der den Roman-Detektiv Sherlock Holmes unterstützt, sondern Ex-CEO Thomas J. Watson, der 42 Jahre an der IBM-Spitze stand. Detektivisch soll Watson dennoch sein. Die Technologie soll Daten aus verschiedensten Quellen verarbeiten können und damit eines der größten Probleme vieler KI-Systeme adressieren. Meist speisen sie sich wie bei Salesforce nur aus eigenen Quellen. Viele Firmen, die Salesforce nutzen, verwenden indes auch Anwendungen anderer Anbietern wie Oracle, IBM, SAP oder Microsoft. Für den Moment wirkt Einstein daher noch nicht besonders intelligent. Aber das muss nichts heißen. Historikern zufolge lernte der Namensvetter Albert erst mit drei Jahren das Sprechen. Auch ein Genie braucht eben manchmal Entwicklungszeit. ——–Künstliche Intelligenz soll der nächste IT-Trend sein. SAP-Rivale Salesforce ist nun auch dabei.——-