Elektrobranche vor kräftiger Erholung
md Frankfurt
Die deutsche Elektroindustrie rechnet damit, dass das Vorkrisenniveau im Laufe von 2022 wieder erreicht wird. Zwar sagt der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) für das laufende Jahr einen Anstieg der realen Produktion um 5% voraus, doch reicht das nicht aus, um den Einbruch von 2020 wettzumachen. Im Vorjahr sei die Produktion laut einer Hochrechnung um 7,0% gesunken, teilt der Verband mit. Dabei war diese Kennzahl auch schon 2019 zurückgegangen – um 2,4 %. Die Prognosen unterlägen allerdings hohen Unsicherheiten, hieß es in der Online-Jahresauftakt-Pressekonferenz.
Die Erlöse gingen 2020 gemäß dem ZVEI um 6% auf 180 Mrd. Euro zurück und lagen damit so niedrig wie seit 2016 nicht mehr. „Dennoch hat sich die Elektroindustrie etwas besser geschlagen als manch andere Branche des verarbeitenden Gewerbes“, sagte ZVEI-Präsident Gunther Kegel. Die Hausgerätehersteller hätten sogar eine regelrechte Sonderkonjunktur erlebt.
Dank Kurzarbeit sei ein Stellenabbau im großen Stil vermieden worden. Die Zahl der Beschäftigten in der Elektroindustrie sank den Angaben zufolge von 885403 Ende 2019 auf nun 873000. Zuletzt sei noch jeder Achte in Kurzarbeit gewesen.
Gegen Grenzschließungen
Sorgen bereitet dem Verband, der eine stark exportorientierte Branche vertritt, die Diskussion um eine Verschärfung des Lockdowns angesichts der weiter hohen Corona-Infektionszahlen und der Furcht vor Mutationen. „Ein harter Lockdown der Industrie muss vermieden werden. Nicht Härte, sondern differenzierte Schutzmaßnahmen entscheiden über die erfolgreiche Pandemie-Bekämpfung“, sagte Kegel. Es dürfe nicht um das Ausprobieren von Maßnahmen à la „Jugend forscht“ gehen.
Der ZVEI warnte insbesondere vor neuerlichen Grenzschließungen. Die Verwundbarkeit Europas habe sich im Frühjahr deutlich gezeigt. „Der grenzüberschreitende Warenverkehr ist kein wesentlicher Faktor im Pandemiegeschehen und muss aufrechterhalten bleiben“, so ZVEI-Geschäftsführer Wolfgang Weber. „Andernfalls droht Europa erneut ein massiver wirtschaftlicher Einbruch.“
In den ersten elf Monaten des Vorjahres waren die Exporte der Elektroindustrie nach Europa den Angaben nach um 6,5% auf rund 118 Mrd. Euro zurückgegangen; in die Eurozone seien sie sogar um 8,4% auf knapp 58 Mrd. Euro gefallen.
Einen Grund für die vergleichsweise gute Position der Branche sieht Kegel in der immer stärkeren Elektrifizierung und Digitalisierung. Der Trend zu einer „All-Electric-Society“ sei eng verbunden mit der Bewältigung des Klimawandels – einer Herausforderung, der man aus seiner Sicht nur durch Einsatz technologischer Innovationen begegnen kann.
Kegel bekräftigte die Forderung der Branche nach einer Entlastung von Ökostrom. „Wenn grüner Strom der primäre Energieträger wird, muss er entlastet werden. Die EEG-Umlage muss jetzt rasch gesenkt und perspektivisch abgeschafft werden, der CO2-Preis dagegen steigen.“