Eli Lilly setzt Seuchenjahr für Pharmabranche in USA fort
Von Stefan Paravicini, New YorkDie Pharma- und Gesundheitsbranche hat in den USA derzeit schlechte Presse. Nach dem öffentlichen Aufruhr über die Preispolitik für das Mittel Epipen der in den Niederlanden gemeldeten Mylan gegen anaphylaktische Schocks bei Allergikern, nach der vom Krimi zum Fortsetzungsroman ausufernden Skandalgeschichte der kanadischen Valeant Pharmaceuticals und dem spektakulären Absturz des einst hoch gelobten Start-up Theranos aus dem Silicon Valley wäre ein Erfolg des US-Pharmakonzerns Eli Lilly im Kampf gegen Alzheimer deshalb auch aus Investorensicht sehr willkommen gewesen.Doch der Wirkstoff Solanezumab fiel in einer Phase-III-Studie durch, wie das Unternehmen mitteilte. Im vorbörslichen Handel brachen Eli Lilly in New York um mehr als 14 % ein und setzten auch andere Titel aus der Branche wie Merck oder Axovant Sciences unter Druck. In Frankfurt gaben Biogen deutlich nach, die ebenfalls ein Medikament gegen Alzheimer entwickelt.Nach Firmenangaben von Eli Lilly gelang es in der groß angelegten Studie nicht, bei Patienten mit leichter Alzheimer-Erkrankung den Verlust kognitiver Fähigkeiten zu verlangsamen. “Die Ergebnisse haben nicht gebracht, was wir erwartet haben”, sagte Konzernchef John Lechleiter in einem Statement. “Wir sind enttäuscht mit Blick auf die Millionen von Menschen, die auf eine geeignete Behandlung warten.” Das Unternehmen kündigte an, in den USA keine Genehmigung der Arznei bei leichter Demenz zu beantragen. Zuvor war der Konzern mit Solanezumab bereits zweimal in Tests an der Verlangsamung des Krankheitsverlaufs bei mittelschweren Fällen gescheitert. Lechleiter bekannte sich dennoch zur Alzheimerforschung. “Unser Portfolio beinhaltet noch andere vielversprechende Ansätze”, erklärte der CEO am Mittwoch.Manche Analysten hatten dem Medikament auch in dem für den jüngsten Test eingeschränkten Anwendungsfeld noch Spitzenumsätze von mehr als 5 Mrd. Dollar jährlich zugetraut. Der Rückschlag dürfte für das Unternehmen nach eigener Einschätzung stattdessen Kosten von 150 Mill. Dollar vor Steuern verursachen. Mitte Dezember will Lilly nun eine überarbeitete Prognose für das Gesamtjahr und einen Ausblick für 2017 veröffentlichen. Schlechte QuoteViele Arzneimittelhersteller wie Eli Lilly, Biogen oder Roche sind derzeit auf der Suche nach einem Mittel, mit dem Alzheimer aufgehalten oder zumindest gebremst werden kann. Die derzeit auf dem Markt verfügbaren Mittel behandeln lediglich die Symptome der neurodegenerativen Erkrankung, die durch eine zunehmende Demenz gekennzeichnet ist. In den vergangenen zehn Jahren wurden nach einer Untersuchung der Cleveland Clinic mehr als 400 klinische Studien mit Wirkstoffen zur Bekämpfung der Krankheit in verschiedenen Stadien durchgeführt. 398 oder 99,6 % der Tests sind demnach gescheitert.Weltweit sind 40 Millionen Menschen von Alzheimer betroffen, die meisten von ihnen sind älter als 65 Jahre. Angesichts des demografischen Wandels in westlichen Gesellschaften dürften es in Zukunft noch deutlich mehr werden.