EnBW öffnet Netze für Kommunen
igo Stuttgart – Der Energiekonzern EnBW will seine Tochter Netze BW für Investitionen von Kommunen öffnen. Rund 550 Gemeinden in Baden-Württemberg, bei denen die EnBW Eigentümerin und über Konzessionen Betreiberin des örtlichen Strom- oder Gasverteilernetzes ist, kämen dafür in Frage, teilt der Konzern mit. An sie sollen über eine Beteiligungsgesellschaft, die die Investitionen der einzelnen Kommunen bündelt, von Juli 2020 an insgesamt bis zu 24,9 % der Anteile an Netze BW verkauft werden. EnBW selbst gehört zu jeweils 46,75 % dem Land Baden-Württemberg und dem Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke sowie mehreren weiteren regionalen Elektrizitätsverbänden, die kleinere Pakete halten.Die Mindestbeteiligung für die Kommunen liege bei 200 000 Euro. Maximal könnte EnBW also 600 Mill. Euro einsammeln. Christoph Müller, Vorsitzender der Geschäftsführung der EnBW-Tochter, hält es allerdings für “unrealistisch, dass alle Kommunen einsteigen”. Aufgrund der Erfahrung gleicher Beteiligungsmodelle wie von EWE in Norddeutschland oder Badenova in Südbaden rechnet er mit bis zu einem Drittel der 550 Kommunen – ungefähr die Hälfte aller Gemeinden im Bundesland. Das entspräche einem Zufluss von 200 Mill. Euro.Die investierenden Kommunen sollen eine jährliche Rendite von 3,6 % erhalten. Diese sei zunächst bis 2024 festgeschrieben. Das Kartellamt hatte bei der Prüfung des Vorhabens eine Obergrenze von 3,61 % gezogen, damit die Rendite nicht als unerlaubte Nebenleistung aus dem Konzessionsgeschäft gewertet würde, berichtet Müller. Die Verzinsung soll in Absprache mit der Behörde alle fünf Jahre überprüft werden. Dann könnten die Kommunen ihre Beteiligung fortsetzen, aufstocken oder beenden. In letzterem Fall erhielten sie ihr Investment zurück.Durch die Öffnung soll die Zusammenarbeit mit den Kommunen bei der Bewältigung der Energiewende enger werden, begründet der Konzern. Diese hätten gegenüber EnBW immer wieder geäußert, an der Gestaltung der Energiewende aktiver teilhaben zu wollen. Dass Kommunen, die sich nicht beteiligen, beim unter anderem für die E-Mobilität geplanten Netzausbau leer ausgehen könnten, schließt Müller aus. Aber beteiligte Kommunen hätten durch die Mitgeschäftsführung und das Vorschlagsrecht für zwei Aufsichtsratssitze in der Beteiligungsgesellschaft Mitspracherecht. In diesen Gemeinden würden dann beispielsweise weitere Netzlabore platziert. In einem solchen Projekt sammelt der Konzern Erfahrungen im Lastenmanagement für E-Auto-Flotten.Der finanzielle Aspekt der Öffnung sei für die EnBW durch den Kundenbindungsaspekt weniger wichtig, sagte der Leiter Kommunale Beziehungen der EnBW, Steffen Ringwald. “Wenn wir es auf Geld abgesehen hätten, hätten wir einen Investor gesucht. Die stehen in dem Bereich Schlange.” Netze BW investiert jährlich gut 300 Mill. Euro. EnBW will von 2021 bis 2025 insgesamt 12 Mrd. Euro investieren, 80 % davon sollen in drei Wachstumsthemen fließen: nachhaltige Erzeugungsinfrastruktur, Aufbau und Betrieb von systemkritischer sowie vernetzter Infrastruktur.