Energiekonzern Steag sucht neue Eigentümer

Stadtwerke-Konsortium braucht Anschlussfinanzierung - Abfallentsorger Remondis gilt als Interessent

Energiekonzern Steag sucht neue Eigentümer

cru Düsseldorf – Im Laufe des Jahres wird der Energiekonzern Steag voraussichtlich neue Eigentümer bekommen. Unter anderem der Abfallentsorger Remondis prüft einen Einstieg bei dem finanziell angeschlagenen Essener Kraftwerksbetreiber, der auch über Müllverbrennungsanlagen verfügt. Das wird aus Konzernkreisen bestätigt.Bis es zum Einstieg neuer Investoren kommen kann, müssen aber noch etliche Hürden genommen werden. Eigentümer der Steag ist die Kommunale Beteiligungsgesellschaft (KSBG) – ein Konsortium, in dem sich sechs Stadtwerke zusammengeschlossen haben, die ganz oder mehrheitlich den Städten Dortmund, Duisburg, Bochum, Oberhausen, Dinslaken und Essen gehören. Die Gesellschaft hatte in zwei Schritten 2011 und 2014 für insgesamt rund 1,2 Mrd. Euro sämtliche Steag-Anteile von Evonik übernommen.Dass die Transaktion nahezu vollständig mit Krediten finanziert wurde, stieß auf Kritik. Den Kommunen hat das Engagement seither wenig eingebracht. Steag schüttet seit 2017 und bis 2020 mit Mühe und Not jährlich einen Betrag aus, der gerade einmal ausreicht, um die Schuldzinsen zu bedienen – zuletzt waren dies unverändert 45 Mill. Euro.Seinen Gewinn zieht das Unternehmen ganz überwiegend aus Kraftwerken im Ausland, die keine Relevanz für Arbeitsplätze in Deutschland haben. Die Stadt Essen erwägt – ebenso wie die meisten der übrigen Anteilseigner – einen Ausstieg. Den Buchwert ihrer Steag-Beteiligung haben die meisten Kommunen inzwischen bereits auf ein Niveau in der Nähe des Marktwerts heruntergeschrieben, was ihnen den Verkauf ohne größere Buchwertverluste erlauben würde – mit einer Ausnahme: Der größte Einzelaktionär Dortmund hat am ursprünglichen Buchwert festgehalten und will beteiligt bleiben. Dortmund prüft die LageDerzeit prüft Dortmund ergebnisoffen, wie die notwendige finanzielle Ausstattung der Steag dargestellt werden kann. Dazu gehöre auch die mögliche Aufnahme eines neuen Gesellschafters, der zusätzliches Kapital bereitstellen könne, hieß es. Das Problem: Im kommenden Jahr benötigen die Eigentümer von den Gläubigerbanken eine Anschlussfinanzierung für auslaufende Kredite über rund 400 Mill. Euro. Geldgeber des Stadtwerke-Konsortiums waren BayernLB, Commerzbank, IKB, Nord/LB und WestLB.Für die erste Tranche von 51 % zahlten die Stadtwerke 649 Mill. Euro, für weitere 49 % legten sie 2014 dann 570 Mill. Euro auf den Tisch. Bei der Anschlussfinanzierung wird der KSBG-Aufsichtsrat von Rothschild beraten. Bevor die Gläubigerbanken grünes Licht für eine Anschlussfinanzierung geben, verlangen sie allerdings eine solidere und transparentere Finanzstruktur. Die Eigentümer sollen ein “Aufwärts”-Darlehen über 100 Mill. Euro, das die Tochter Steag der KSBG bereitgestellt hat, zurückzahlen. Nur dann erfolgt die Anschlussfinanzierung, die Voraussetzung für den Eigentümerwechsel ist.Bei so vielen Beteiligten dauern die Abstimmungen lange. “Dafür habe ich Verständnis”, sagte Steag-Chef Joachim Rumstadt kürzlich. “Und zugleich vertraue ich darauf, dass unsere kommunalen Eigentümer zeitnah eine solide Anschlussfinanzierung abschließen werden.”Zudem müsste der Anteilsverkauf nach EU-Beihilferecht noch öffentlich ausgeschrieben und in einem strukturierten Bieterprozess durchgezogen werden – ebenso wie derzeit beim Oldenburger Regionalversorger EWE. Als möglicher Kaufinteressent für Steag gilt neben Remondis auch die EPH-Holding des tschechischen Finanzoligarchen Daniel Kretinsky, der bereits die beiden deutschen Braunkohlekonzerne Leag und Mibrag von Vattenfall übernommen hatte. Zudem gilt es als wahrscheinlich, dass der Einstieg eines neuen Mehrheitseigentümers mit einer Kapitalerhöhung verbunden wäre. Kapitalerhöhung erwogenDas würde nicht nur die Steag auf eine finanziell solidere Basis stellen, sondern hätte voraussichtlich auch den Charme, dass der Anteil Dortmunds auf ein Niveau unterhalb der Sperrminorität verwässert würde. Remondis hatte schon früher ein Auge auf die Steag geworfen, die mit 5,5 Gigawatt im Inland zu den größten Stromerzeugern Deutschlands gehört. Das lange Zeit stark auf Kohlekraftwerke ausgerichtete Unternehmen hatte im Jahr 2018 einen Umsatz von 2,9 Mrd. Euro (Prognose für 2019: 3,1 Mrd. Euro) erzielt und einen operativen Gewinn (Ebit) von 160 Mill. Euro. Der Konzern beschäftigt rund 6 600 Mitarbeiter.