Kraftwerksstrategie

Energieverband BDEW gibt Ausblick auf 2024

Der Energieverband BDEW hat die Bundesregierung aufgefordert, rasch die überfällige Kraftwerksstrategie vorzulegen, damit die Unternehmen mit den Planungen für neue, wasserstofffähige Gaskraftwerke beginnen können. Die Branche verlangt Investitionszuschüsse und die Einbettung in einen Kapazitätsmarkt.

Energieverband BDEW gibt Ausblick auf 2024

Rasche Klarheit für neue Gaskraftwerke gefordert

Energieverband: Regierung muss Bau für 15 Gigawatt Leistung mit Investitionszuschüssen auf den Weg bringen – BDEW sieht in Atomkraft keine Option mehr

Der Energieverband BDEW hat die Bundesregierung aufgefordert, rasch die überfällige Kraftwerksstrategie vorzulegen, damit die Unternehmen mit den Planungen für neue, wasserstofffähige Gaskraftwerke beginnen können. Die Branche verlangt Investitionszuschüsse und die Einbettung in einen Kapazitätsmarkt.

ahe Berlin

Um die Energiewende in Deutschland abzusichern, sind nach Einschätzung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bis zum Jahr 2030 neue, wasserstofffähige Gaskraftwerke mit einer installierten Leistung von mindestens 15 Gigawatt (GW) nötig. Diese Kapazitäten sollen gemäß dem Verband als Backup-Kraftwerke für Zeiten dienen, in denen nicht genügend Solar- oder Windenergie zur Verfügung steht.

Im schnellsten Fall sechs Jahre

Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, forderte die Bundesregierung auf, jetzt rasch die überfällige Kraftwerksstrategie vorzulegen, um den Unternehmen Planungs- und Investitionssicherheit zu geben. Der Bau eines wasserstofffähigen Gaskraftwerks dauere im schnellsten Fall sechs Jahre, sagte sie vor der Presse in Berlin. Daran hänge auch die Frage, ob ein vorgezogener Kohleausstieg bis 2030 gelingen könne.

Andreae sprach sich für staatliche Zuschüsse zu den Kraftwerksinvestitionen und den Betriebskosten aus, ohne hier konkrete Summen zu nennen. Die neuen Anlagen müssten zugleich in einen Kapazitätsmarkt eingebunden werden, dessen Ausgestaltung ebenfalls noch ausstehe, sagte sie. Nach Einschätzung des BDEW ist der Bau von 15 GW ohnehin nur ein erster Schritt. Weitere Backup-Anlagen müssten dann bis 2035 entstehen. Schwerpunkt der Kraftwerksstrategie sollten laut Verband sogenannte „H2-ready-Kraftwerke“ sein. Dagegen seien Wasserstoff-Hybrid-Kraftwerke teuer sowie für die System- und Versorgungssicherheit nur sehr begrenzt relevant.

Solarpaket wichtig

Nichts hält der Energieverband von einer möglichen Renaissance der Atomenergie, wie sie zuletzt insbesondere von der CDU gefordert worden war. Andreae verwies darauf, dass für keinen der früheren Betreiber von Atomkraftwerken in Deutschland dies wieder eine Option sei. Hinzu komme die Zeitkomponente beim möglichen Bau neuer Meiler. Der derzeit eingeschlagene Pfad bei der Energiewende müsse konsequent weiterverfolgt werden, betonte sie. „Wir dürfen den Druck hinter der Kraftwerksstrategie nicht mindern, indem wir eine andere Option in den Raum stellen.“

Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung (picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka)

Der Fokus in der Energiepolitik muss nach den Worten von Andreae weiterhin auch auf den Ausbau der Erneuerbaren gerichtet sein. Sie verwies darauf, dass 2023 bereits 53% der deutschen Bruttostromerzeugung – und damit erstmals mehr als die Hälfte – aus den erneuerbaren Energien gekommen seien. Insbesondere seien so viel Solarkapazitäten neu installiert worden wie seit Jahren nicht. Der BDEW forderte in diesem Zusammenhang eine rasche Verabschiedung des Bundeshaushalts und die Freigabe von derzeit auf Eis liegenden Förderprogrammen. Zudem müsse das von der Bundesregierung bereits beschlossene Solarpaket jetzt so schnell wie möglich verabschiedet werden, sagte Andreae. Damit würde weiter Bürokratie abgebaut, und mehr Flächen für neue Anlagen würden bereitgestellt.

Vorlage der Speicherstrategie

Von entscheidender Bedeutung beim weiteren Ausbau der Erneuerbaren ist laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft auch das Thema Speicherung. Das Wirtschaftsministerium will noch im laufenden ersten Quartal eine entsprechende Speicherstrategie vorlegen.

Andreae forderte die Bundesregierung auf, die Stromsteuer für alle Verbraucher auf ein europäisches Mindestmaß zu senken und nicht nur für das produzierende Gewerbe. Deutschland habe mit 27% im europäischen Vergleich immer noch den zweithöchsten Anteil von Steuern, Abgaben und Umlagen am Strompreis hinter Dänemark – obwohl Stromverbraucher die EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms mittlerweile nicht mehr finanzieren müssten.

Haushaltsgeld für Netze?

Eine Entlastung sollte es nach Ansicht des BDEW auch bei den Netzentgelten geben. Andreae verwies vor der Presse auf hohe Transformationskosten, die derzeit noch anfielen, auch auf Ebene der Verteilnetze. Es müsse überlegt werden, ob diese auch über den Bundeshaushalt und nicht nur von den Netznutzern bezahlt werden sollten, sagte sie. Die Übertragungsnetzbetreiber hatten 2024 eigentlich einen Zuschuss von 5,5 Mrd. Euro erhalten sollen. Dieser war im Zuge der Sparmaßnahmen der Ampel-Koalition aber wieder gestrichen worden.

Bis die Netzausbau- und Netzumbauphase abgeschlossen sei, seien Maßnahmen zum Engpassmanagement durch die Netzbetreiber erforderlich, um den Systembetrieb auch mit noch nicht perfekt ausgebautem Stromnetz sicherzustellen, so der BDEW. 2022 hatte dies Kosten von gut 4 Mrd. Euro verursacht.

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