Debatte um Fremdbesitzverbot

Erste Kanzleien zeigen sich offen für Private Equity

In den USA liebäugelt McDermott mit einem Private-Equity-Einstieg, in Deutschland streitet ein Anwalt dafür, einen Investor an Bord nehmen zu dürfen. Die externen Geldgeber könnten die Branche ordentlich aufmischen.

Erste Kanzleien zeigen sich offen für Private Equity

Erste Kanzleien zeigen sich offen für Private Equity

McDermott liebäugelt in USA mit externem Kapital – Deutscher Anwalt streitet um Investorenbeteiligung

sar Frankfurt

Dürfen Kanzleien sich externe Kapitalgeber an Bord holen, um Investitionen voranzutreiben? Diese Debatte tobt nicht nur in Deutschland. Nun erhält das Thema durch einen Vorstoß von McDermott Will & Schulte in den USA neuen Auftrieb. Wie die „Financial Times“ unter Berufung auf fünf mit der Sache vertraute Personen berichtet, prüft die Großkanzlei eine Umstrukturierung, die eine Beteiligung von Private-Equity-Firmen ermöglichen würde.

McDermott ist einer der großen Player im Markt. Die Kanzlei ist im Sommer aus der Fusion von McDermott Will & Emery mit Schulte Roth & Zabel hervorgegangen und kommt auf einen Jahresumsatz von 2,8 Mrd. Dollar. Noch seien die Prüfungen für externes Kapital in einem frühen Stadium, berichtet die FT. Als treibende Kraft hinter den Private-Equity-Plänen gilt Zack Coleman, Sohn von McDermott-Chairman Ira Coleman. Er arbeitete acht Jahre lang als Principal beim Finanzinvestor Odyssey Investment Partners und kam im Juli als Senior Director of Business Opportunities zu McDermott.

Um Kapitalgeber an Bord holen zu können, müsste die Kanzlei sich aufteilen. Ein Geschäftsbereich würde die klassische Mandantenarbeit beinhalten und bliebe vollständig im Besitz der Anwälte. Eine separate Einheit könnte den Juristen dann als „Managed Service Organisation“ (MSO) Dienstleistungen wie Backoffice-Arbeiten oder IT-Services bereitstellen. In diese MSO könnte ein Investor einsteigen. Die Aufteilung soll dafür sorgen, dass die Rechtsberatung ihre Unabhängigkeit bewahrt. Die Berufsvereinigung „American Bar Association“ sieht vor, dass Personen, die keine Anwälte sind, sich nicht direkt an Kanzleien beteiligen dürfen.

Investitionen als Eintrittskarte

Kritiker fürchten, dass der Einstieg von Finanzinvestoren gerade bei Kanzleien mit Fokus auf Transaktionsgeschäft negative Folgen haben könnte, etwa wenn erfahrene Anwälte dies als Anlass für einen Ausstieg sehen. Das Transaktionsgeschäft hängt stark an einzelnen Personen, die ihre Mandanten im Zweifel mitnehmen. Zudem wollen Finanzinvestoren ihr Asset nach einigen Jahren mit Gewinn weiterverkaufen. Da viele Beteiligungen noch nicht allzu lange bestehen, ist offen, wie gut dies gelingt.

Etwas anders ist die Ausgangslage bei Kanzleien, die etwa auf Schiedsverfahren spezialisiert sind. Dort kommen oft große Mengen an Dokumenten zusammen. Automatisierte Lösungen etwa mittels künstlicher Intelligenz können helfen, dieses Geschäft effizienter zu erledigen. Kleinere Kanzleien haben aber oft nicht die finanziellen Mittel für die Investitionen – ein klassischer Grund, um Private Equity an Bord zu holen.

Erfahrungen aus Großbritannien

In Großbritannien haben erste Kanzleien Erfahrungen mit externen Investoren. Allein 2024 sind 534 Mill. Pfund in Kanzlei-Transaktionen geflossen, zeigen Zahlen der auf die Rechtsbranche spezialisierten M&A-Beratung Acquira. Der Finanzinvestor Investcorp hat beispielsweise die größte britische Familienrechtskanzlei Stowe übernommen, Waterland Private Equity hat sich an der Beyond Law Group beteiligt. Der Prozessfinanzierer Burford Capital ist bereits seit 2020 an PCB Litigation (mittlerweile PCB Byrne) beteiligt. „Die Diskussion über Investitionen in Anwaltskanzleien zeigt, dass sich der Rechtsmarkt weltweit verändert”, sagt Jörn Eschment, Director bei Burford Capital. „Heutzutage müssen Anwaltskanzleien in Technologie, Datenmanagement und künstliche Intelligenz investieren – aber das traditionelle Partnermodell kann dafür nicht ausreichend Kapital bereitstellen“, erklärt er. Im Gegensatz zu Private-Equity-Investoren will der Prozessfinanzierer sich als langfristigen, strategischen Partner verstanden wissen.

Hürde durch Fremdbesitzverbot

In Deutschland verhindert das Fremdbesitzverbot, dass sich Nicht-Anwälte an Kanzleien beteiligen können. Sie wären auch nicht überall willkommen. Gerade kleinere Kanzleien lehnen eine Lockerung des Fremdbesitzverbotes mehrheitlich ab, zeigte 2023 eine Befragung des Justizministeriums, an der vorwiegend Einzelanwälte teilnahmen.

Anders ist es bei Daniel Halmer. Der Anwalt geht seit Jahren juristisch gegen das Fremdbesitzverbot vor. Im Dezember 2024 hatte er vor dem Europäischen Gerichtshof eine Niederlage eingesteckt. Der EuGH hat bestätigt, dass ein EU-Mitgliedstaat den Einstieg von Finanzinvestoren in das Kapital von Rechtsanwaltsgesellschaften verbieten darf.

Halmer strebt jedoch Berichten zufolge bereits einen neuen Prozess an mit etwas veränderter Argumentation an. Hoffnung schöpft er aus einer Reform aus dem Jahr 2022, in der sogenannte „interprofessionelle Berufsausübungsgesellschaften“ mehr Gestaltungsfreiräume erhalten haben. Damit sind in der Regel Zusammenschlüsse von Anwälten und anderen freien Berufen gemeint, etwa mit Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern.

Unter bestimmten Voraussetzungen, zitiert die FAZ aus einem Schriftsatz von Halmers Anwälten, könnte sich ein Investor in Person als beratender Betriebswirt mehrheitlich an einer anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaft beteiligen. Eine Beteiligung von Private-Equity-Gesellschaften bliebe hingegen unzulässig. Halmer will die Beteiligungsfrage höchstrichterlich klären lassen. Auf das Ergebnis wird die gesamte Branche schauen.