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EU als Transferunion vermeiden

Der Corona-Schock. Wie die Wirtschaft überlebt. Hans-Werner Sinn. Verlag Herder, Freiburg im Breisgau 2020, ISBN 978-3-451-38893-4, 224 Seiten, 18 Euro. Börsen-Zeitung, 8.9.2020 Die Coronakrise hat für den stärksten wirtschaftlichen Einbruch seit...

EU als Transferunion vermeiden

Der Corona-Schock. Wie die Wirtschaft überlebt. Hans-Werner Sinn. Verlag Herder, Freiburg im Breisgau 2020, ISBN 978-3-451-38893-4, 224 Seiten, 18 Euro. Die Coronakrise hat für den stärksten wirtschaftlichen Einbruch seit dem Zweiten Weltkrieg gesorgt. Sie trifft eine ohnehin schwächelnde europäische Wirtschaft. Mit Hans-Werner Sinn hat sich der wohl bekannteste deutschsprachige Ökonom dazu geäußert. Er stellt sich Fragen, die zwar durch die Pandemie an Dringlichkeit gewonnen haben, aber weit über diese Krise hinausgehen: Wie erhalten wir unseren Wohlstand? Wie vermeiden wir einen ökonomischen Absturz mit Massenarbeitslosigkeit und Radikalisierung der Politik? Gibt es einen Weg, den Kontinent zu alter Prosperität zurückzuführen und die Staaten politisch zu stabilisieren?Sinn analysiert die Wirtschaftskrise und kommt zu dem Schluss, dass schlimme Zeiten auf uns zukommen. Auch wenn er nicht vorgibt, ein Allheilmittel zu kennen, so nennt er doch Maßnahmen, die notwendig wären, um das Schlimmste zu vermeiden. So sollte die Krise dazu genutzt werden, längst fällige Strukturprobleme der europäischen Wirtschaft und des Geldwesens anzupacken. Nur dann habe auch die europäische Idee, die im Augenblick gefährdet sei wie nie, eine Überlebenschance. Seine Kernthese: In der EU muss die politische Union vorangetrieben werden, die Gemeinschaft darf aber nicht zur Transferunion verkommen. Dies würde nur zu Hass und Zwietracht zwischen den Ländern führen. Jeder Staat muss selbst für seine Schulden aufkommen.Ökologiefreundliche Veränderungen in der Wirtschaft sieht Sinn zum Teil sehr kritisch: So bricht er eine Lanze für den Verbrennungsmotor und kritisiert den Hype um die E-Mobilität in Deutschland. Und wenn der CO2-Ausstoß verringert werden soll, sind dazu aus seiner Sicht wieder Atomkraftwerke nötig.Grundlage des Buches ist eine Art Interview von Sinn mit seinem Lektor. Vermutlich eine effiziente Art – vor allem für Sinn -, sein Wissen aus vielen Berufsjahren zusammen mit seiner aktuellen Haltung (Stand Ende Juni 2020) innerhalb kurzer Zeit in ein Buch zu packen. Ein Schnellschuss im negativen Sinne bezogen auf den Inhalt ist das Werk aber nicht. Nur: Wer Sinns Ansichten teilt, wird bestätigt, wer andere Meinungen vertritt, findet gute Argumente gegen Sinn.md