EU findet Nord-Stream-Kompromiss

Mitgliedstaaten über neue Regulierung einig - Pipeline soll nicht grundsätzlich gefährdet werden

EU findet Nord-Stream-Kompromiss

Die EU-Mitgliedsländer haben sich auf Änderungen der Gasmarktregeln verständigt. Pipelines aus Drittstaaten werden demnach in die Regulierung einbezogen. Für Nord Stream 2 könnte dies neue Auflagen bedeuten – ein grundsätzlicher Stopp des Projekts durch die neuen Regeln ist aber vom Tisch.ahe Brüssel – Nach monatelangen Auseinandersetzungen haben sich die EU-Staaten nun doch auf Änderungen der europäischen Gasrichtlinie verständigen können. Danach werden Gasleitungen in Drittländer und aus Drittländern künftig in die Vorschriften einbezogen, was vor allem Folgen für die milliardenschwere Nord-Stream-2-Pipeline hat, die sich zurzeit noch im Bau befindet. Dem Kompromiss zufolge, dem am Freitag in Brüssel im Endeffekt 27 der 28 Mitgliedstaaten zustimmten (außer Bulgarien), sollen die Änderungen allerdings auch sicherstellen, dass die Fertigstellung von Nord Stream 2 nicht grundsätzlich bedroht wird. Darauf hatte vor allem die Bundesregierung gedrungen.Berlin hatte eigentlich darauf hingearbeitet, eine Änderung der Gasrichtlinie komplett zu verhindern, war aber zuletzt immer stärker unter Druck geraten, vor allem letztendlich durch den überraschenden Schwenk der französischen Regierung. Der jetzt gefundene Kompromiss basierte dann auf einem gemeinsamen deutsch-französischen Alternativvorschlag, dem sich auch die EU-Kommission anschließen konnte.Die Einigung sieht jetzt unter anderem vor, dass die deutschen Behörden bei Nord Stream 2 ab einem bestimmten Punkt der Pipeline allein für die Aufsicht zuständig sein sollen. Eine scharfe Anwendung der Unbundling-Vorschriften, wie sie noch der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission vorgesehen hatte, soll es nicht geben. Damit würden sich Bau und Betrieb der Pipeline schwieriger und teurer gestalten, aber letztlich doch möglich sein, sagten EU-Diplomaten. Paris und Berlin erleichtertNord Stream 2 soll 1 230 Kilometer lang werden und von der Narwa-Bucht in Russland bis Lubmin in der Nähe von Greifswald reichen. Mehr als 600 Kilometer sind bereits verlegt. Baubeginn war im vergangenen Sommer. Ende 2019 soll die insgesamt 9,5 Mrd. Euro teure Pipeline in Betrieb gehen. Neben der russischen Gazprom sind an der Finanzierung der Pipeline der Düsseldorfer Versorger Uniper, die BASF-Tochter Wintershall, die britisch-niederländische Royal Dutch Shell, die französische Engie und OMV aus Österreich mit je 950 Mill. Euro beteiligt. Die Unternehmen äußerten sich zunächst nicht zu dem Kompromiss auf EU-Ebene. Mit Nord Stream 2 sollen jährlich bis zu 55 Mrd. Kubikmeter Erdgas aus Russland an Drittstaaten wie der Ukraine und Polen vorbei durch die Ostsee nach Deutschland transportiert werden können.Sowohl in Paris als auch in Berlin wurde die nun von fast allen EU-Staaten unterstützte Einigung mit Erleichterung aufgenommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel wertete sie als gemeinsamen Erfolg Deutschlands und Frankreichs. “Diesen Tag finde ich gut, und er wäre ohne die deutsch-französische Zusammenarbeit so nicht erfolgt.” In Paris wurde unter anderem darauf verwiesen, dass sich die Bundesregierung letztlich noch erheblich bewegt habe. Eine Krise im deutsch-französischen Verhältnis gebe es nicht. Kritik aus dem EU-ParlamentIn trockenen Tüchern ist die nun gefundene Lösung allerdings noch längst nicht. Denn ihren Kompromiss müssen die Mitgliedstaaten nun in den Schlussverhandlungen mit dem EU-Parlament und der EU-Kommission verteidigen. Das Parlament hat sich für deutlich schärfere Regulierungsschritte ausgesprochen. Die Grünen-Abgeordnete Rebecca Harms äußert auch bereits scharfe Kritik an der Bundesregierung. Es scheine, als könne diese nun mit dem Segen aus Paris auf die Sorgen der mittel- und osteuropäischen Staaten pfeifen, US-Sanktionen riskieren und die gemeinsamen EU-Sicherheitsinteressen hintanstellen, so Harms. “Das wäre eine erschreckende Demonstration des spaltenden Einflusses von Wladimir Putin auf europäische Politik und der Ignoranz Angela Merkels, aber auch Emmanuel Macrons in Sachen Multilateralismus.” Das Europäische Parlament müsse nun in den anstehenden Verhandlungen diesen energiepolitischen Alleingang der Bundesregierung verhindern.