Europa forciert Zellfertigung für E-Autos

VW gründet Joint Venture mit Northvolt - 2024 soll Batteriefabrik in Salzgitter starten - EU-Länder beraten über zwei Großprojekte

Europa forciert Zellfertigung für E-Autos

Um bei der Batterieproduktion für Elektroautos unabhängiger von Lieferanten aus Asien zu werden, treiben EU-Länder inzwischen zwei eigene Großprojekte voran. VW hat sich bereits mit dem schwedischen Batteriespezialisten Northvolt verbündet.ste Hamburg – Volkswagen und der schwedische Batteriehersteller Northvolt haben ihr im Frühjahr angekündigtes Gemeinschaftsunternehmen gegründet. Damit geht die von beiden Partnern im Juni vereinbarte Kooperation zu gemeinsamen Batterieaktivitäten an den Start.Ein Teil der von Volkswagen zugesagten Investitionen von rund 900 Mill. Euro fließe nun in das Joint Venture, an dem beide Partner zu jeweils 50 % beteiligt sind. Ein weiterer Teil sei direkt an Northvolt gegangen. Wie in Aussicht gestellt, hat VW im Gegenzug rund 20 % der Northvolt-Anteile sowie einen Sitz im Aufsichtsrat übernommen (vgl. BZ vom 13. Juni).Ziel ist es, von 2020 an in Salzgitter eine Fabrik zur Produktion von Lithium-Ionen-Batterien aufzubauen. Mit der Produktion soll dort zum Jahreswechsel 2023/24 begonnen werden, zum Start wird mit einer Jahresleistung der Batteriefabrik von 16 Gigawattstunden gerechnet. Damit deckt der VW-Konzern einen kleinen Teil seines ab 2025 allein in Europa erwarteten Bedarfs von mehr als 150 Gigawattstunden pro Jahr ab. In Asien wird von einem Jahresbedarf in gleicher Höhe ausgegangen. Der Wolfsburger Mehrmarkenkonzern will bis 2028 fast 70 neue Elektro-Modelle auf den Markt bringen, auf den E-Plattformen des Konzerns sollen in der nächsten Dekade etwa 22 Millionen E-Fahrzeuge gefertigt werden. Auf der Frankfurter Automesse IAA stellt der Konzern am Montag den kompakten ID3 vor, das erste Fahrzeug einer geplanten Elektrofahrzeugreihe auf Basis des neuen Elektrifizierungs-Baukastens MEB.”Mit der Gründung des Joint Ventures und dem geplanten Bau einer Batteriezellfabrik in Salzgitter tragen wir entscheidend dazu bei, die Kerntechnologie Batteriezelle auch in Deutschland zu etablieren”, sagte VW-Beschaffungsvorstand Stefan Sommer. Fredrik Hedlund, zuvor Chefstratege von Northvolt und nun CEO des Joint Ventures, erklärte, die mit VW geplante Gigafactory erlaube Northvolt, die Produktionskapazität für nachhaltig gefertigte Batteriezellen zu steigern. Dies werde weitreichenden Einfluss auf die Elektrifizierung in Europa haben.Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der für das mit 20 % an VW beteiligte Land im Aufsichtsrat sitzt, äußerte sich erfreut über die Gründung des Gemeinschaftsunternehmens. “Wir brauchen dringend eigene Batteriezellfertigungsstandorte in Niedersachsen, und Northvolt ist ein erfahrener Partner. Und wo, wenn nicht im Windenergieland Nummer 1, sollen derart energieintensive Produktionen aufgebaut werden?”Die Entwicklung einer eigenen Batteriezellfertigung ist eines der wichtigsten Themen für Europas Autoindustrie. Vorerst lassen sich die Hersteller zu großen Teilen von Lieferanten aus Asien wie CATL, LG Chem, Samsung und SK Inovation beliefern. Eine Zellfertigung in Deutschland ist teuer. VW fordert daher bessere Rahmenbedingungen, so eine Befreiung von der Ökostrom-Umlage.Derweil teilte das Bundeswirtschaftsministerium mit, bei einem Treffen in Berlin mit Vertretern aus neun europäischen Länder und rund 30 Unternehmen sei das Arbeitsprogramm für einen zweiten europäischen Batterieverbund beschlossen worden. Dieses Programm legt fest, welche Aufgaben die beteiligten Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette übernehmen sollen. Deutschland und Europa müssten künftig auch selbst wettbewerbsfähige, innovative und umweltschonende Batteriezellen entwickeln und herstellen, meinte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). “Innerhalb nur eines Jahres ist es uns gelungen, zwei europäische Großprojekte zur Batteriezellfertigung auf das Gleis zu setzen.”Derzeit stimmt das Ministerium mit der EU-Kommission und weiteren EU-Ländern zwei Großprojekte zur Batteriezellfertigung ab, die als sogenannte “Wichtige Projekte von gemeinsamem europäischen Interesse” (IPCEI) realisiert werden sollen. Deutsche Unternehmen spielten in beiden Projekten eine tragende Rolle, hieß es. Zu einem ersten Konsortium gehören Opel, der französische Mutterkonzern PSA sowie der Batteriehersteller Saft, eine Tochter des französischen Total-Konzerns. An dem zweiten Verbund sollen laut “Handelsblatt” aus Deutschland unter anderem BMW, BASF, Varta und der bayerische Batteriehersteller BMZ beteiligt sein. Im vorigen Herbst hatte Altmaier angekündigt, eine Anschubfinanzierung von 1 Mrd. Euro zur Förderung der Zellfertigung für E-Fahrzeuge in Deutschland bereitzustellen. Bis Jahresende sollen die Vorbereitungen für die Förderung von insgesamt drei Firmenkonsortien zum Bau von Batteriezellen weiter vorangetrieben werden.