Europas neuer Kampfpanzer fährt langsam los

Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann planen Projektgesellschaft - 100-Mrd.-Euro-Vorhaben

Europas neuer Kampfpanzer fährt langsam los

Von Christoph Ruhkamp, FrankfurtFür das milliardenschwere Projekt eines neuen europäischen Kampfpanzers, der als Nachfolger für den Leopard federführend von der deutschen Rüstungsindustrie entwickelt werden soll, könnte bald der Startschuss fallen. Die daran federführend beteiligten Unternehmen Rheinmetall, Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und das französisch-deutsche Joint Venture Nexter gründen für eine Studie des Panzers voraussichtlich bald eine Projektgesellschaft. Das wird aus Konzernkreisen bestätigt. Es geht beim Startschuss aber nur um einen Betrag von addiert 30 Mill. Euro aus Deutschland und Frankreich. Mit dem Geld soll ein Prototyp skizziert werden.Eine spätere Fusion der deutschen Panzerbauer sei damit nicht vom Tisch, betonte ein Rheinmetall-Sprecher. Es würden nur erste Weichen für das Rüstungsprojekt mit einem Auftragspotenzial von 100 Mrd. Euro gestellt. Ob Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann mit Nexter später fusionieren, bleibt offen.Der Kurs der im MDax enthaltenen Rheinmetall-Aktie reagierte am Montag mit einem Minus von 0,7 % auf 110,20 Euro. Der Börsenwert des Konzerns hat sich aber auch so noch seit Juli 2016 verdoppelt auf 4,8 Mrd. Euro. Treiber des Kursanstiegs sind die wachsenden Exporte wegen des weltweiten Rüstungsbooms.Deutsche Rüstungsunternehmen bedienen stärker den Exportmarkt als die Bundeswehr, wie aus einer aktuellen Studie des Ifo-Instituts hervorgeht, die den Zusammenhang zwischen Rüstungsproduktion, Rüstungsexporten und Verteidigungsausgaben in 21 Ländern untersucht. “Die Ausstattung der Bundeswehr spielt für die Rüstungsindustrie in Deutschland eine eher nachrangige Rolle”, erklärt Johannes Blum, Wissenschaftler und Autor der Studie.Bei einem Vergleich der größten Spieler in der globalen Rüstungsindustrie ließen sich Unterschiede zwischen wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Interessen erkennen. “In einigen Ländern spiegeln sich die Umsätze der weltweit größten Rüstungsunternehmen vornehmlich in den Verteidigungsausgaben, in anderen Ländern vornehmlich in den Rüstungsexporten wider”, sagt Blum. Rüstungsunternehmen von Großmächten wie den USA und Russland bedienten zwischen 2002 und 2016 vornehmlich den eigenen Bedarf an Rüstungsgütern, während die Rüstungsumsätze von deutschen Unternehmen hauptsächlich exportgetrieben waren. Länder importieren hauptsächlich diejenigen Rüstungsgüter, die sie nicht selbst produzieren. Untersuchungen zeigen darüber hinaus, dass sich Rüstungsindustrien über die Länder hinweg strukturell dahingehend unterscheiden, ob sie eher wirtschaftlichen oder sicherheitspolitischen Interessen dienen. Autarkie angestrebtStaaten versuchen, in der sicherheitsrelevanten Rüstungsproduktion autark zu sein, und importieren nur solche Rüstungsgüter, die sie nicht selbst herstellen können. In den USA ist dies sogar rechtlich geregelt und wurde von Präsident Donald Trump im Jahr 2017 nochmals verschärft.Auch die aktuelle Kursschwäche bei Rheinmetall dürfte auf die jüngste politische Entwicklung zurückzuführen sein: Deutschland und andere EU-Länder haben teilweise oder vollständig ihre Rüstungsexporte an die Türkei gestoppt – wegen deren Einmarsches in Nordsyrien.