Evergrande NEV drückt auf die Tube
nh Schanghai – Der ungeduldig nach neuen Kapitalquellen Ausschau haltende chinesische Elektroautobauer Evergrande New Energy Vehicles (NEV) scheint nach einer jüngsten Aktienausgabe an der Hongkonger Börse nun auch die Anleger des Shanghai Star Market, einer der US-Technologiebörse Nasdaq nachempfundenen neuen chinesischen Bühne für Unternehmen aus dem Technologiesektor, anzapfen zu wollen. Für die Tochtergesellschaft des für seine Verschuldungsbereitschaft bekannten chinesischen Immobilienentwicklers China Evergrande würde das ein Zweitlisting bedeuten. Marktführerschaft als ZielDas Elektroauto-Start-up war unter dem Dach einer bereits in Hongkong börsennotierten Tochtergesellschaft namens Evergrande Health großgezogen worden, die im Sommer dann passend zu ihrer Neuausrichtung in Evergrande NEV umbenannt wurde. Wie nun aus einer Mitteilung der Gesellschaft hervorgeht, ist der Listingantrag für Schanghai bereits unterwegs und harrt noch einer regulatorischen Genehmigung. Chinas größter Immobilienentwickler hat sich in den vergangenen Jahren immer stärker in branchenfremde Geschäftsfelder vorgewagt und 2019 die Losung ausgegeben, mit einem Start-up-Unternehmen den chinesischen Markt für batteriegetriebene Fahrzeuge neu aufzurollen. Erst 2018 gegründet Die im Jahr 2018 gegründete Evergrande NEV hat sich dabei extrem ehrgeizige Ziele gesetzt und bekundet, bis zur Dekadenmitte nicht nur zum führenden chinesischen Anbieter von batteriegetriebenen Premiumfahrzeugen, sondern auch zur weltweiten Nummer 1 im E-AutoMarkt aufsteigen zu wollen. Dazu müsste Evergrande NEV, die erst im Frühjahr dieses Jahres die Produktion aufgenommen hat, allerdings erst einmal die US-amerikanische Tesla überholen, die nach einer Werksansiedlung in Schanghai und mit dem Produktionsbeginn zu Anfang des Jahres wachsende Erfolge im chinesischen Markt feiert. Neue Kapitalgeber Zuletzt hatte Evergrande im August ihre erste Fahrzeugreihe mit insgesamt sechs Modellen unter dem Markennamen Hengchi vorgestellt. Das bedeutet übersetzt so viel wie “läuft für immer rasant”. Eine Massenproduktion der neuen Modelle soll im nächsten Jahr anlaufen. Dabei plant Evergrande NEV die Produktionskapazität binnen drei bis fünf Jahren auf 500 000 bis 1 Million Fahrzeuge jährlich auszubauen.Erst in der vergangenen Woche hatte Evergrande NEV angekündigt, mit einer Aktienausgabe in Hongkong neue Kapitalgeber an Bord zu holen. Dabei lässt die Muttergesellschaft der Evergrande NEV Aktien im Umfang von etwa 2 % des Aktienkapitals bei ausgewählten strategischen Investoren platzieren. Der Transaktionswert beläuft sich auf 4 Mrd. HK-Dollar (456 Mill. Euro). Evergrande will knapp 177 Millionen Aktien des E-Auto-Bauers zu einem Preis von 22,65 HK-Dollar pro Stück an eine Hand voll externe Käufer weiterreichen. Der Verkaufspreis beinhaltet einen kräftigen Preisabschlag von 20 % auf die letzte Schlussnotierung vor der Ankündigung. Nach der Platzierung der Titel wird Evergrande NEV im gleichen Umfang und zum gleichen Preis neue Aktien ausgeben, die von der Mutter übernommen werden. Auf diesem Umweg kommt es also zu einer neuen Mittelaufnahme über 4 Mrd. HK-Dollar, die für allgemeine Unternehmenszwecke verwendet werden.Evergrande hat eine Reihe von illustren Namen gefunden, die sich nun bereiterklärt haben, bei den E-Auto-Aktivitäten mit einzusteigen. Zum Kreis der neuen Paketverkäufer werden der Internetkonzern und Technologieriese Tencent Holdings sowie Chinas führender Fahrdienstanbieter Didi Chuxing gehören. Weitere Interessenten bei Evergrande sind die Private-Equity-Gesellschaft Sequoia Capital sowie das Anlagevehikel Yunfeng Fund. Letzteres gehört zur chinesischen Private-Equity-Gesellschaft Yunfeng Capital, die vom Gründer der chinesischen Technologiekonzerne Alibaba und Ant Financial, Jack Ma, aufgezogen worden ist. Analysten betonen, dass die Rekrutierung neuer Kapitalgeber und eine begleitende Sekundäremission in Schanghai einen wesentlichen Beitrag dazu leisten werden, die ambitiösen Pläne von Evergrande NEV mit frischen Mitteln zu unterfüttern, ohne die Bilanz der bereits hoch verschuldeten Muttergesellschaft China Evergrande über Gebühr zu strapazieren. Gegenwärtig hält der Immobilienriese noch 73,5 % an dem Elektroautobauer. Hohe AnlaufverlusteZwar hat die Hongkonger Notierung von Evergrande im Zuge der Ankündigung neuer Kapitalmaßnahmen etwas gelitten, doch sind die Aktien in diesem Jahr mit einer Traumperformance von gut 200 % unterwegs. Ein Erreichen der Profitabilitätsschwelle von Evergrande NEV dürfte Branchenkennern zufolge allerdings noch in einiger Ferne liegen. In der ersten Jahreshälfte 2020 hat Evergrande NEV einen Verlust vor Steuern von 2,68 Mrd. Yuan (rund 335 Mill. Euro) geschrieben. Dies übersteigt noch den Verlust im ersten vollen Geschäftsjahr 2019 in Höhe von 1,96 Mrd. Yuan.