Facebooks Me-too-Strategie

Von Sebastian Schmid, New York Börsen-Zeitung, 28.8.2015 Nach mehreren mehr oder weniger erfolglosen Versuchen, über das Kernprodukt hinaus zu expandieren, wagt das soziale Netzwerk Facebook einen neuen Anlauf. Eine Dienstleistung mit der knappen...

Facebooks Me-too-Strategie

Von Sebastian Schmid, New YorkNach mehreren mehr oder weniger erfolglosen Versuchen, über das Kernprodukt hinaus zu expandieren, wagt das soziale Netzwerk Facebook einen neuen Anlauf. Eine Dienstleistung mit der knappen Bezeichnung “M” soll als virtueller Assistent der Anwender dienen. Der zunächst in der Kommunikationsapplikation Messenger integrierte Service soll damit Apples Siri, Googles Now und Microsofts Cortana Konkurrenz machen, die ebenfalls mittels Spracherkennung mehr oder weniger einfache Aufgaben für die Anwender erledigen können.Um gegenüber anderen Diensten hervorzustechen, soll “M” deutlich mehr können, als etwa die Wetterdaten oder den Ausgang eines Fußballspiels anzuzeigen. Laut Facebook kann der persönliche Assistent auch komplexe Aufgaben übernehmen – etwa Reisebuchungen vornehmen, Geschenke an Freunde und Familie verschicken oder Geburtstagsfeiern organisieren.Wie reibungslos und einfach sich die Beauftragung gestaltet, bleibt abzuwarten. Auch die anderen Dienste versprechen oft weit mehr praktischen Nutzen, als die Anwender letztlich vorfinden. Zunächst soll “M” von einer Reihe von Vertragspartnern des sozialen Netzwerks betreut werden, damit komplexere Anfragen auch gelingen. Erst nach längerer “Trainingszeit” soll die Applikation in der Lage sein, komplexere Aufgaben vollkommen eigenständig umzusetzen. Ein Vorteil von Facebook gegenüber Apple und Microsoft ist, dass der Konzern bereits über weitreichende Informationen zu den Anwendern verfügt und diese entsprechend nutzen kann.Allerdings will Facebook zunächst nur die Angaben verwenden, welche die Mitglieder des sozialen Netzwerks freiwillig machen – die tausendfachen “Gefällt mir”-Klicks werden zunächst nicht ausgewertet. Damit will Facebook wohl verhindern, dass den Anwendern der Service allzu unheimlich vorkommt. Mittelfristig dürfte der Konzern nach einem Weg suchen, diese Daten einzubeziehen, da sie einen enormen Vorteil gegenüber den Rivalen darstellen, die vergleichbare Daten nicht haben.Wegen des hohen personellen Aufwands zu Beginn wird der Dienst zunächst nur von ein paar hundert Anwendern im Silicon Valley getestet, wie der für den Service zuständige Vice President David Marcus bestätigt. Er hatte seinen Job als Paypal-CEO 2014 aufgegeben, um zu Facebook zu wechseln. Über die Integration von “M” in Messenger dürfte Facebook versuchen, mit dem Service Geld zu verdienen, ohne auf offensichtliche Werbung zu setzen. Funktioniert das Geschäftsmodell hier, dürfte es auch bei der Tochter Whats-app zur Anwendung kommen, die 2014 für mehr als 20 Mrd. Dollar übernommen worden war.Marcus warnte allerdings davor, das Produkt schon allzu bald bei den Endkunden zu erwarten. Noch stecke es in den “Kinderschuhen”. Damit ist auch der technische Vorsprung gegenüber den Angeboten der größeren Rivalen nur ein theoretischer.Deren Produkte Cortana, Now und Siri sind längst in breiter Anwendung und werden regelmäßig um neue Funktionen erweitert. Gut möglich, dass sie vergleichbare Funktionen bereits früher massenmarkttauglich anbieten. Facebook wäre dann beim offiziellen Vertriebsstart – wie zuvor mit dem eigenen Smartphone – einer von vielen Anbietern und “M” nur die kurze Bezeichnung für ein weiteres Me-too-Produkt. ——–Der virtuelle Assistent M soll Erstaunliches können. Bislang ist er aber kaum mehr als eine Idee.——-