AUTOKONZERNE

Festgefahren

Der verschärfte Ton aus Berlin in Reaktion auf Gerichtsurteile zu Fahrverboten in deutschen Städten hallt den deutschen Autoherstellern noch frisch in den Ohren, da setzt es aus Brüssel den nächsten Anpfiff. Die EU-Kommission will untersuchen, "ob...

Festgefahren

Der verschärfte Ton aus Berlin in Reaktion auf Gerichtsurteile zu Fahrverboten in deutschen Städten hallt den deutschen Autoherstellern noch frisch in den Ohren, da setzt es aus Brüssel den nächsten Anpfiff. Die EU-Kommission will untersuchen, “ob BMW, Daimler und VW vereinbart haben, bei der Entwicklung und Einführung wichtiger Technologien zur Verringerung der Schadstoffemissionen von Benzin- und Diesel-Pkw nicht miteinander zu konkurrieren”. Damit macht sie eine vor knapp einem Jahr begonnene Voruntersuchung offiziell. Absprachen soll es sowohl bei SCR-Katalysatoren für Dieselmotoren gegeben haben als auch bei Feinstaub-Partikelfiltern für Benziner.Bei zahlreichen anderen Vorwürfen erkennt die EU-Kommission derzeit zwar kein “wettbewerbswidriges Verhalten” – darunter eine mögliche Manipulation des Emissionsverhaltens bei Abgastests. Das war angesichts der bekannt unterschiedlichen Softwareeinstellungen der Hersteller aber auch kaum zu erwarten. Mit dem Vorwurf bezüglich der Abgasreinigung, dem die EU-Kommission nun nachgeht, trifft Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager die Autokonzerne aber dennoch dort, wo es diese derzeit am meisten schmerzt. Denn beim Versuch, nachzuweisen, dass die Autobauer ihre Fahrzeuge wissentlich so konzipiert haben, dass sie auf dem Teststand bestehen konnten, jedoch nicht im realen Straßenverkehr, kann auch dieses Verfahren verwertbare Hinweise liefern. Wenn etwa die Tankgröße für den beim SCR-Katalysator eingesetzten Harnstoff Adblue wissentlich zu klein gehalten wurde, um dauerhaft eine ausreichende Abgasreinigung sicherzustellen – wie dies angeblich der Fall war -, deutet dies auf einen bewussten Verstoß gegen gesetzliche Vorgaben hin.Damit bekäme auch die Bundesregierung neue Argumente an die Hand, um die Autobauer stärker in die Pflicht zu nehmen, ihre Fahrzeuge in einen emissionsregelgerechten Zustand zu versetzen. Dabei wollen bis heute weder die Autoindustrie noch die Regierung in Person von Verkehrsminister Andreas Scheuer Hardwarenachrüstungen ernsthaft angehen. Die vergangenen Jahre haben indes gezeigt, dass sich die Branche mit ihrem Krisenmanagement geradewegs in eine Sackgasse navigiert hat. Sie hat sich festgefahren. Jetzt noch umzudrehen, erscheint ihr daher vielleicht nicht mehr opportun. Der Illusion, dass der aktuell fast täglich steigende Druck ohne eine Kehrtwende noch einmal abnehmen könnte, sollte sie sich aber besser nicht hingeben.