Fiat ködert Renault mit Milliardensynergien
Der Autokonzern Fiat Chrysler (FCA) hat Renault eine Fusion unter Gleichen vorgeschlagen. Damit entstünde der weltweit drittgrößte Autokonzern. Sollte sich Renault-Partner Nissan-Mitsubishi dem Bündnis anschließen, wäre der neue Konzern sogar die Nummer 1. Renault will den Vorschlag prüfen.bl Mailand – Der italienisch-amerikanische Autokonzern Fiat Chrysler (FCA) hat der französischen Renault-Gruppe einen Zusammenschluss zu gleichen Teilen vorgeschlagen. Der Renault-Verwaltungsrat erklärte nach einer Sitzung, den Vorschlag “mit Interesse” zu prüfen. Sollten die Verhandlungen zum Erfolg führen, entstünde mit einem Absatz von 8,7 Millionen Einheiten und einem Umsatz von 170 Mrd. Euro nach Volkswagen (10,8 Millionen Einheiten) und Toyota (10,6 Millionen) der weltweit drittgrößte Autohersteller. Das Bündnis stehe auch Renault-Allianzpartner Nissan-Mitsubishi offen, der aber noch nicht Bestandteil der Pläne ist. Wären die Japaner dabei, käme der neue Konzern auf Verkäufe von 15,6 Millionen Fahrzeugen und wäre die globale Nummer 1.FCA erwartet aus einem Zusammenschluss Synergien in Höhe von 5 Mrd. Euro in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Fertigung und Einkauf. Das neue Unternehmen soll an den Börsen von New York, Paris und Mailand notiert sein. Der elfköpfige Aufsichtsrat soll nach den Plänen mehrheitlich unabhängig sein, jeweils vier Vertreter von FCA und Renault sowie einen von Nissan enthalten. John Elkann, Chef des FCA-Großaktionärs Exor, und CEO Mike Manley sprachen im Vorfeld auch mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil Paris mit 15 % an Renault beteiligt ist.Um ein Gleichgewicht beider Seiten zu erreichen, sollen die FCA-Aktionäre, allen voran Großaktionär Exor, der 29 % der Anteile hält, eine Sonderdividende von 2,5 Mrd. Euro erhalten sowie eine zusätzliche Ausschüttung nach Ausgliederung des Robotikherstellers Comau. FCA ist an der Börse mit fast 20 Mrd. Euro bewertet, Renault mit fast 17 Mrd. Euro. Die Aktienkurse beider Unternehmen reagierten positiv auf die Fusionspläne: Fiat Chrysler legten um 8,0 % auf 12,37 Euro zu, Renault um 12,1 % auf 56,03 Euro.”Der vorgeschlagene Zusammenschluss würde einen globalen Autohersteller schaffen, herausragend in Bezug auf Umsatz, Volumen, Rentabilität und Technologie sowie von Vorteil für die Anteilseigner der Unternehmen”, so FCA. Renault würde laut FCA vor allem von einem besseren Zugang zum US-Markt profitieren. Dort sind die Franzosen bisher nicht vertreten. Dagegen erwirtschaftet Fiat Chrysler vor allem mit Kleinlastern und SUVs der Marken Chrysler, Ram und Jeep mehr als 90 % der Gewinne in diesem Markt. Das Produktportfolio würde sich insofern ergänzen, als FCA mit den Marken Maserati und Alfa Romeo in der Mittel- und Oberklasse vertreten ist, Renault aber nicht. Allerdings ist der Absatz beider Marken massiv rückläufig. “Um Maserati und Alfa auf die Beine zu helfen, bräuchte es riesige Investitionen”, meint der FCA-Experte und Bocconi-Professor Giuseppe Berta. Dagegen findet Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des CAR-Instituts an der Universität Duisburg-Essen, eine Fusion “könnte Sinn machen” und sei vor allem für FCA wichtig.FCA will von der Renault-Kompetenz bei der Elektromobilität profitieren. Fiat Chrysler hat auf diesem Gebiet nichts vorzuweisen. Aufgrund der zunehmend strengen Umweltgesetzgebung drohen dem Konzern hohe Strafzahlungen. Fiat Chrysler strebt auch einen besseren Zugang zum asiatischen Markt an. “Das hängt jedoch davon ab, ob Nissan Bestandteil des Bündnisses ist”, meint Berta. Daran gibt es Zweifel. Nissan lehnt eine geplante Verschmelzung mit Renault, die Nissan zu 43% kontrolliert, ab und äußerte sich in einer ersten Stellungnahme skeptisch zu dem Vorschlag von FCA.Die französische Regierung begrüßte in einer ersten Stellungnahme die Pläne. Reservierter fielen die Reaktionen in Italien aus. Gewerkschaften fürchten die Schließung italienischer Fertigungsstätten. Die Werke dort sind chronisch unterausgelastet und arbeiten kurz. Fiat Chrysler versuchte mit dem Hinweis zu beruhigen, dass im Rahmen der Fusionspläne keine Werksschließungen geplant seien. Vertreter der Regierungspartei Lega brachten eine eventuelle Beteiligung des italienischen Staates ins Spiel, um den Einfluß von Paris auszugleichen.