Finanzinvestor EQT rechnet mit holpriger Wegstrecke
wb München – Die Untersagung der Zugfusion von Siemens und Alstom macht Marcus Brennecke, den Co-Chef des globalen Private-Equity-Geschäfts von EQT, nicht bange. Bei der Zusammenlegung des Hörgeräteherstellers Sivantos aus dem EQT-Portfolio mit dem kleineren dänischen Rivalen Widex geht es zwar auch um einen europäischen Champion, doch schließlich werde dabei Sivantos, also die 2015 für 2,1 Mrd. Euro von Siemens übernommene Audiologie, nur als bisherige Nummer 3 auf dem Markt noch stärker. Die Entscheidung über ein Plazet der EU-Kommission steht in Kürze an und Brennecke ist, wie er sagt “guten Mutes”, dass sie für ihn positiv ausfällt. Für den Buy-out-Markt, in dem EQT mit dem 2018 aufgelegten Fonds VIII mit 10,8 Mrd. Euro punkten kann, rechnet der 57-Jährige 2019 mit einer eher holprigen Wegstrecke. Er führt dies auf geopolitische Themen wie Brexit und Handelsstreits zurück: “Die Investorenzurückhaltung ist spürbar”, sagte er am Mittwoch vor Journalisten in München. Dies führe dazu, dass “nicht alle Exits durchgehen”. Positiv sei, dass mit sinkenden Bewertungen auch die Kaufchancen für eher zyklische Geschäftsmodelle sinken; schließlich wolle man nicht auf dem Hoch kaufen. Allerdings schaue EQT, die derzeit global über Unternehmen mit addiert 19 Mrd. Euro Umsatz und 110 000 Beschäftigte gebietet, immer stärker auf Branchen wie Healthcare, wo hierzulande neben Sivantos auch eine Minderheitsbeteiligung am Orthopädiespezialisten Ottobock zählt, Technologie-Medien-Telekommunikation, Services und Industrietechnologie sowie ausgewählte, nicht von Amazon & Co. bedrängte Konsumgütersegmente. Die Finanzierungskonditionen seien nach wie vor attraktiv von leichten Eintrübungen an der ein oder anderen Stelle abgesehen. Für Sivantos beginne nach der Fusion “eine neue Zeitrechnung” mit einer üblichen Haltezeit von um die drei bis fünf Jahre bis zum Exit. “Ein Börsengang ist wahrscheinlich, aber nicht die einzige Option.” Die Transaktion, an deren Ende EQT 53 % hält, die dänische Familie den Rest, wurde inklusive Schulden auf eine Größenordnung von 7 Mrd. Euro taxiert (vgl. BZ vom 17.5.2018). Die dänische Familie bleibe nach einem IPO Ankeraktionär. Für Ottobock peilt Brennecke die Börse für Ende 2020 an.Dass es mehr Optionen als ein IPO gebe, gelte auch für den aus der Zerschlagung des Schweizer Reisekonzerns Kuoni entstandenen Visumdienstleister VFS, dessen Bewertung am Markt mit 2 Mrd. sfr diskutiert wird. Noch länger im Portfolio halten will EQT den von Bilfinger 2016 erworbenen Immobiliendienstleister Apleona, wo es mit dem Verkauf des britischen Maklergeschäfts einen Teilexit gab (BZ. 9.11.2018).Daneben bereitet EQT, die sich als Wachstumsfinanzier begreift, mit J.P. Morgan und SEB den eigenen Börsengang vor, um die Bilanz zu stärken und mehr Spielraum zu verschaffen. Es gebe aber auch die Möglichkeit, auf anderen Wegen Kapitalgeber aufzunehmen. Ein “IPO könnte auch noch 2019 passieren”, schließt Brennecke nicht aus. Breite PaletteEQT feuert schon jetzt aus – fast – allen Rohren des Beteiligungsgeschäfts mit zig Fonds von Venture Capital über Wachstumsfinanzierungen, kleineren und großen Buy-outs sowie Kreditplattformen bis hin zu Infrastruktur und Immobilien. In angeschlagene Unternehmen zu investieren, passe kaum zu der auf Wachstum und Reputation ausgerichteten Strategie von EQT, wie Brennecke betont. Hier ist die schwedische Familie Wallenberg Ankerinvestor. Dabei seien auch diese Investments, die im Zuge der hohen Verschuldungen und nachlassender Konjunktur an Bedeutung gewinnen dürften, attraktiv. Für neue Deals kann sich Brennecke zwar auch die Übernahme eines börsennotierten Unternehmens vorstellen, doch machen er und seine Kollgene keinen Hehl daraus, dass dies wegen des absehbaren Hedgefonds-Störfeuers nicht Priorität hat. Auf Übernahmen von Konzernaktivitäten ziele man auch weiterhin ab. Unter anderem wird EQT Interesse an der Hautgesundheitssparte von Nestlé nachgesagt; die Bewertung soll bei bis zu 7 Mrd. sfr liegen. Brennecke äußert sich nicht dazu. Von Club-Deals, gemeinsamen Übernahmen mit anderen Finanzinvestoren, halten sie wenig, denn EQT wolle die Kontrolle. Wohl aber wird mit Familiengesellschaftern oder Staats- und Pensionsfonds kooperiert.