Finanzinvestor KKR macht Ernst mit Springer

Angebot zu 63 Euro je Aktie - Unternehmensbewertung von 8 Mrd. Euro - Gewinnwarnung erleichtert Ausstieg des Streubesitzes

Finanzinvestor KKR macht Ernst mit Springer

Der Medienkonzern Axel Springer ist mit KKR handelseinig. Im Zuge einer strategischen Partnerschaft bietet der US-Finanzinvestor je ausstehende Aktie 63 Euro. Großaktionärin Friede Springer und CEO Mathias Döpfner, denen zusammen gut 45 % gehören, behalten ihre Anteile. Der Kurs legte deutlich zu.wb Frankfurt – Mit einer flexiblen Struktur wird der amerikanische Finanzinvestor KKR neuer Großaktionär von Axel Springer. Der Konzern aus Berlin hat eine Investorenvereinbarung mit KKR getroffen, mit der eine “strategische Partnerschaft” eingegangen wird. Investoren begrüßen den Schritt. Die Aktie legte gestern um 11,6 % zu und ging mit 62,50 Euro knapp unter dem Angebotspreis aus dem Handel. Die Mindestannahmeschwelle ist bei 20 % festgezurrt. Was machen die Enkel?Die in Europa von Johannes Huth geführte KKR bietet 63 Euro je Aktie und damit 39,7 % mehr als der Schlusskurs vom 29. Mai; danach sickerten Gerüchte über den KKR-Einstieg durch. Der Finanzinvestor bietet für gut 55 % der Anteile, da Verlegerwitwe Friede Springer an ihren 42,6 % und CEO Mathias Döpfner an seinen 2,8 % festhalten. Die beiden Enkel des Gründers haben noch nicht entschieden, ob sie verkaufen, sie stünden dem Angebot aber grundsätzlich positiv gegenüber, heißt es. Axel Sven Springer hält 7,4 %, Ariane Melanie Springer 2,4 %. 44,8 % liegen im Free Float.Insgesamt bewertet das Angebot das Springer-Eigenkapital mit 6,8 Mrd. Euro. Samt Nettofinanzschulden von 1,25 Mrd. Euro geht es um einen Enterprise Value von 8 Mrd. Euro. Dies entspricht einem Multiple von knapp 12 bezogen auf das bisher für 2019 prognostizierte operative Ergebnis (Ebitda).Werden KKR alle verfügbaren Aktien angedient, sind 3,7 Mrd. Euro fällig. Die Mittel sollen überwiegend aus der KKR-Bilanz sowie dem neuen Fonds Europa V stammen, der gerade eingesammelt wird und mutmaßlich 5 Mrd. Euro groß werden soll. Zunächst ist kein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag geplant, der Hedgefonds das Tor öffnen könnte; auch ein Rückzug von der Börse steht – allerdings nur derzeit – nicht zur Debatte, wie Investmentbanker versichern. Springer hatte Ende Mai mögliche “gesellschaftsrechtliche Strukturmaßnahmen” angedeutet. KKR will mindestens fünf Jahre in Berlin beteiligt bleiben. Vorstand und Aufsichtsrat von Springer befürworten das Angebot und die strategische Partnerschaft.Die Vereinbarung zielt darauf, die “Wachstumsstrategie” von Springer durchzusetzen, ohne regelmäßig auf die Quartalsberichterstattung schauen zu müssen und aus diesem Grund etwa notwendige Investitionen zu strecken. Die eingeschlagene Strategie war 2018 bei Investoren durchgefallen, der Kurs gab sukzessive von über 60 auf 44 Euro nach. Der Streubesitz sei vielfach kurzfristig orientiert, stellt Döpfner fest. Mit KKR erschließe sich Springer zusätzliche finanzielle Ressourcen und könne sich “zugleich von der reinen Fokussierung auf kurzfristige Finanzziele lösen”. Mit dem künftigen Großaktionär KKR seien auch Zukäufe beabsichtigt, haben aber nicht erste Priorität. Die Feuerkraft von Springer beziffert CFO Julian Deutz auf etwa 1 Mrd. Euro – ein starker Partner sei da noch zusätzlich hilfreich. Ergebnisrückgang erwartetAußenstehende Aktionäre sollen die künftigen Vorteile mit der Prämie auf den Kurs schon jetzt realisieren können. Denn garniert wird die Übernahmeofferte mit einer Umsatz- und Gewinnwarnung. Weil sich infolge des Brexit das Geschäft der Online-Jobportale schwächer entwickle als geplant und die Digitalsteuer in Frankreich belaste, geht Springer im Umsatz von einem Rückgang in niedriger einstelliger Prozenthöhe aus, nachdem zuvor ein stabiler Erlös prognostiziert wurde. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) dürfte nun in mittlerer einstelliger Prozentstärke sinken, statt zu verharren. Und 2020 wird laut CFO Deutz die Wachstumsstrategie zu einem weiteren deutlichen Rückgang des Ergebnisses gegenüber dem von 2019 führen. Erst danach erwartet das Management Besserung. “Unsere Wachstumspläne werden in den nächsten Jahren erhebliche Investitionen in Mitarbeiter, Produkte, Technologie und Marken erfordern”, so Döpfner.KKR setzt auf J.P. Morgan als Finanzberater und Unicredit als finanzierende Bank. Rechtlich sind Freshfields und Simpson Thacher tätig. Springer wird von Allen & Company und Goldman Sachs unterstützt sowie von Hengeler Mueller. Der Aufsichtsrat vertraut auf die Expertise von Lazard. Allen & Overy berät Friede Springer und Döpfner.Springer, an der schon Hellman & Friedman beteiligt war und die mit General Atlantic kooperierte, möchte ein weltweit führender Anbieter von digitalem Journalismus und digitalen Kleinanzeigen werden. KKR verfügt über Medienexpertise im digitalen und analogen Bereich. KKR war von 2006 bis 2013 an ProSieben beteiligt und stieg mit Gewinn wieder aus. Zudem baut KKR mit Zukäufen rund um Tele München eine unabhängige Fernseh- und Filmproduktions- und Vertriebsfirma in Deutschland auf.Die fünf Vorstände werden das Unternehmen weiter führen. Der Aufsichtsrat soll auch künftig unter der Leitung von Ralph Büchi aus neun Mitgliedern bestehen. KKR strebt, wenn das Angebot Erfolg hat, “eine angemessene Vertretung” in dem Gremium an. Die journalistische Unabhängigkeit solle erhalten bleiben. Die Vereinbarung mit KKR sieht zudem vor, “dass keine Entscheidungen auf Gesellschafterebene ohne die Zustimmung von Friede Springer getroffen werden können”. Die Verlegerwitwe wird im August 77.