Fluggesellschaften drohen Liquiditätsengpässe

Branchenverband fordert Maßnahmen von Regierungen - Geld reicht nur noch für ein paar Monate

Fluggesellschaften drohen Liquiditätsengpässe

wü Paris – Bei den stark unter den Folgen der Coronavirus-Pandemie leidenden Fluggesellschaften wird das Geld knapp. Der Branchenverband IATA (International Air Transport Association) warnte Dienstag vor drohenden Liquiditätsengpässen. Ein Großteil der Airlines verfüge nur über Liquiditäten für die nächsten drei Monate, warnte IATA-Chefökonom Brian Pearce. Gleichzeitig seien die meisten Fluggesellschaften noch immer stark verschuldet und müssten jetzt Verbindlichkeiten zahlen, auch wenn sie keine Einnahmen hätten. Viele Airlines wollen ihre Flugaktivitäten in den nächsten Wochen angesichts der Ausweitung der Coronavirus-Krise und damit verbundener Reisebeschränkungen entweder komplett einstellen oder sehr stark zurückfahren.Die finanziellen Folgen dürften noch schlimmer ausfallen als bisher befürchtet, meint IATA-Chefökonom Pearce. Er hatte seine Prognosen Anfang März nach unten korrigiert und die durch die Pandemie ausgelösten Umsatzeinbußen mit zuletzt bis zu 113 Mrd. Dollar beziffert. Doch seitdem hat die US-Regierung von Präsident Donald Trump Einreiseverbote für Nichtamerikaner aus den Ländern der Europäischen Union verhängt. Deshalb ist der gerade für europäische Airlines sehr wichtige Transatlantikmarkt zwischen Europa und Nordamerika nahezu zum Erliegen gekommen.Das auf Luftfahrt spezialisierte Marktforschungsunternehmen CAPA Centre for Aviation warnt nun in einer gerade veröffentlichten Studie, dass die meisten Fluggesellschaften rund um den Globus Ende Mai ohne staatliche Hilfen pleite sein dürften. Um eine Katastrophe zu verhindern, seien abgestimmte Maßnahmen von Regierungen und der Luftfahrtindustrie notwendig, urteilen die CAPA-Experten. “Die Bargeldbestände gehen angesichts der am Boden bleibenden Flotten schnell zur Neige, und die noch verbleibenden Flüge sind weniger als zur Hälfte gefüllt.”Die Luftfahrtindustrie mache eine schreckliche Krise durch, meint denn auch IATA-Chef Alexandre de Juniac, der früher an der Spitze der französisch-niederländischen Fluggesellschaft Air France-KLM stand. Er appellierte nun an Regierungen, außerordentliche Maßnahmen wie den Verzicht auf Slot-Regeln, verschiedene Steuern und Abgaben zu ergreifen, um den Bargeldmittelzufluss der Airlines zu bewahren. De Juniac schätzt, dass sie staatliche Hilfen in Höhe von insgesamt 150 bis 200 Mrd. Dollar benötigen. Die von der Coronavirus-Pandemie betroffenen Märkte machen nach Angaben des Branchenverbandes 94 % der Gesamteinnahmen der weltweiten Fluggesellschaften im Passagierverkehr aus. Der Flugverkehr ist laut IATA mehr als die bisher erwarteten 16 % eingebrochen.