Ford-Erfolg stützt sich vor allem auf die US-Kunden
Wie Rivale GM schwimmt Ford derzeit auf einer Erfolgswelle im Heimatmarkt. Der US-Autoabsatz nähert sich bei erwarteten 15,5 Millionen Auslieferungen 2013 dem Vorkrisenniveau. Die operativen Kosten von Ford sind nach einem straffen Sparprogramm indes noch weit von diesem entfernt. Doch erste Analysten fürchten bereits ein abflachendes Wachstum in Nordamerika. In anderen Regionen ist Ford derweil meilenweit davon entfernt, eine US-Schwäche ausgleichen zu können.Von Sebastian Schmid, New York”Die Automobilindustrie ist eine Wachstumsbranche”, hat sich Ford-CEO Alan Mulally nach Vorlage der Zahlen für das zweite Quartal optimistisch gezeigt. Wenn die weltweite Wirtschaft ein Wachstumspotenzial von jährlich 2,5 % habe, könne die Autoindustrie das Dreifache dessen erreichen. Der wirtschaftliche Fortschritt in China, Indien, Russland und anderen Wachstumsmärkten ermögliche es hunderten Millionen Menschen, erstmals in ihrem Leben ein Automobil zu kaufen, so der seit 2006 amtierende Ford-Chef, über dessen mögliche Nachfolger über ein Jahr vor seiner möglichen Ablösung bereits kräftig spekuliert wird.Mittelfristig werden die Schwellenländer wohl die Erwartungen Mulallys erfüllen. Ob allerdings ausgerechnet Ford davon besonders profitieren kann, muss sich erst noch zeigen. Bislang ist der zweitgrößte US-Autobauer nämlich noch weit mehr als Konkurrent General Motors abhängig vom derzeit so starken Heimatmarkt. Vor allem wegen des schwierigen Europa-Geschäfts hat Ford außerhalb Nordamerikas in Summe zuletzt überhaupt kein Geld verdient. Fords Europachef Stephen Odell rechnet frühestens Anfang 2014 mit einer leichten Erholung auf dem Alten Kontinent.Aber auch in der Region Asien-Pazifik-Afrika kann aufgrund des geringen Geschäftsvolumens von wesentlichen Gewinnbeiträgen bislang keine Rede sein (siehe Grafik). Bei nicht einmal 6 Mrd. Dollar Umsatz betrug der Ergebnisbeitrag im ersten Halbjahr gut 340 Mill. Dollar. Damit sich dieser weiter steigert, will Ford in den nächsten zehn Jahren rund 70 % des Wachstums in der Region Asien-Pazifik-Afrika erzielen.In Russland, einem der Länder, die Mulally im Juli als wichtige Wachstumsregion anpries, ist erst diesen Monat die Produktion der Kleinwagenreihe Ford “Focus” zurückgefahren worden. Ab Ende September soll in dem Werk des Joint Ventures in St. Petersburg eine komplette Schicht eingespart werden. Zuvor wird noch ein 20-tägiger Produktionsstopp eingeschoben. Der Absatz im Kleinwagensegment ist in Russland dieses Jahr um 16 % eingebrochen. Ford hat hier eine führende Position inne und ist damit besonders stark betroffen. Im Rahmen einer Nachfrageverschiebung sind zwar die Geländewagen-Verkäufe gestiegen. Allerdings zählt Ford in diesem Segment in Russland – anders als in den USA – noch nicht zu den führenden Anbietern.Im Heimatmarkt stehen die Ampeln derweil noch immer auf Grün. Das Absatzwachstum der Branche hat sich in den USA zuletzt im Juli nach einem bereits sehr robusten ersten Halbjahr noch einmal beschleunigt. Für das Gesamtjahr rechnen einige Analysten bereits mit einem Absatz von mehr als 15,5 Millionen Autos. Anfang des Jahres war noch von 15 Millionen ausgegangen worden. In den Monaten Januar bis Juni hat Ford in Nordamerika mit 1,58 Millionen Autos knapp 16 % mehr abgesetzt als im ersten Halbjahr 2012. Der Umsatz im Heimatmarkt kletterte um 17 % auf 44,7 Mrd. Dollar. Damit ist der ohnehin schon hohe Anteil von Nordamerika an den Konzernerlösen um 2 Prozentpunkte auf knapp 64 % geklettert. Das Vorsteuerergebnis in Nordamerika fiel im zweiten Quartal mit rund 2,3 Mrd. Dollar nur knapp 200 Mill. Dollar niedriger aus als das Ergebnis im Gesamtkonzern.Dass der Ford-Motor in den USA und im nördlichen Nachbarland Kanada so rund läuft, ist zu einem großen Teil auf die Entwicklung der gesamten Automobilindustrie in der Region zurückzuführen und nicht nur auf die Managemententscheidungen aus Dearborn (Michigan). Zwar ist es CEO Alan Mulally gelungen, Ford mit einem harten Sparkurs und ohne staatliche Hilfen durch die Finanz- und anschließende Wirtschaftskrise zu lotsen. Zudem hat der Konzern seine Marktanteile in den USA seit dem Amtsantritt des ehemaligen Boeing-Managers im Jahr 2006 besser halten können als die größten Konkurrenten (siehe Grafik).Den aktuellen Aufschwung verdankt Ford wie auch die Rivalen im Wesentlichen der anziehenden Nachfrage für große Pick-up Trucks und familientaugliche Geländewagen. Die Spritschlucker kommen bei den nordamerikanischen Kunden wieder besser an, seit die US-Regierung die Ölpreise mit einer Ausweitung von Exploration und Produktion wieder etwas gedrückt hat. Bei vielen der Käufe handelt es sich allerdings um Ersatzkäufe, die aufgrund des Durchschnittsalters der US-Fahrzeuge von mehr als zehn Jahren längst überfällig waren.Sollte das US-Absatzwachstum, wie von einigen Experten befürchtet, aber allmählich abflachen, könnte Ford das Ergebnis über weitere Einsparungen kaum noch steigern. “Ich denke, jeder ist zufrieden damit, wo der Markt gerade steht”, glaubt Sandy Schwartz, Chef von Autotrader, dem größten US-Onlinekatalog für gebrauchte und neue Fahrzeuge. “Ich bin überzeugt, der Markt wird unter 16 Millionen Autos im Jahr bleiben.” Angesichts der schon recht ausgereizten Wachstumsaussichten zeigt sich Ford auch zurückhaltend, wenn es darum geht, neue Werke in Nordamerika aufzubauen. In den vergangenen 15 Monaten hat Ford die Kapazität ganz ohne neues Werk um 600 000 Autos ausgebaut. Kapazitätsauslastung steigtLaut Nordamerika-Produktionschef James Tetreault bedeutet das aber nicht, dass sich die Kapazität mit den bestehenden Produktionsstätten nicht weiter ausbauen ließe. “Es gibt immer Wege, die Produktion weiter zu steigern, indem man etwa Engpässe analysiert und beseitigt – sei es in der eigenen Fertigung oder bei Zulieferern. Dass wir unsere maximale Kapazitätsauslastung bereits erreicht haben, ist ein verbreiteter Irrglaube.” Dennoch operiert Ford in den USA bereits hocheffizient, so dass im Falle einer abflachenden Nachfrage bei knapp 10 % Vorsteuermarge Kosteneinsparungen kaum noch zu einer Ergebnissteigerung beitragen dürften. Vielmehr besteht die Gefahr, dass Ford und ihre Rivalen die alten Rabattschlachten wieder aufnehmen, die ihre Ergebnisse in der Vergangenheit belastet haben.Der zweitgrößte US-Autobauer versucht deshalb, seiner Edelmarke Lincoln neues Leben einzuhauchen, um wieder mehr Autos im margenstarken Oberklassesegment abzusetzen. Wie die GM-Marke Cadillac tut sich aber auch Lincoln schwer gegen die starke Konkurrenz aus Deutschland (Audi, BMW, Mercedes-Benz) und Japan (Lexus, Infiniti). Die Strategie von Ford für Lincoln unterscheidet sich indes klar von der Cadillac-Idee. Während die GM-Tochter mit sportlichen Fahrzeugen den Frontalangriff auf den weltgrößten Oberklasseanbieter BMW versucht, will Lincoln Menschen ansprechen, die einen diskreteren Luxus bevorzugen, als ihn die auffällig designten Fahrzeuge des Münchner Autokonzerns bieten. “Uns war klar, dass wir nicht das bessere BMW als BMW werden können”, erklärt Lincolns Marketingchef Andy Georgescu den strategischen Ansatz.Wie groß die Herausforderung ist, zeigt ein Vergleich: Während Lincoln im vergangenen Monat in den USA gut 2 800 “MKZ”-Limousinen verkaufte, setzte BMW knapp 8 400 “3er” ab. Dabei kam der deutsche Autobauer auf ein Inventar von 45 Tagen, während die Ford-Tochter Autos für die nächsten 109 Tage beim Händler stehen hatte.—-Zuletzt erschienen:- General Motors, 28.8.- Daimler, 27.8.