Französisch-italienische Avancen
Frankreich ist seit langem der bevorzugte Partner Italiens. Sowohl im Wirtschafts- als auch im Kulturbereich. Auch wenn der bilaterale Handel mit Deutschland weitaus mehr ins Gewicht fällt, so sehen die Italiener doch die Franzosen als ihre Wahlverwandten. Dies wurde auch beim kürzlichen Treffen der beiden Regierungschefs in Venedig offensichtlich. “Wir wollen bilaterale Konzerne bilden, um die Kulturen der beiden Länder aufzuwerten”, ließ Premier Matteo Renzi wissen. Es war ein deutlicher Hinweis auf die mögliche Bildung eines gemeinsamen Telekomkonzerns. Ob nun Orange, wie es angeblich Frankreichs Präsident François Hollande und Orange-Chef Stéphane Richard beabsichtigen, oder aber Vivendi mit einem Engagement von 24,9 % zum Zuge kommt, zweifellos wird künftig bei Telecom Italia Paris das Sagen haben. Aber auch bei erneuerbaren Energien, in der Schifffahrt und in der Rüstung sind zahlreiche gemeinsame Projekte geplant. Ziel sind Champions auf europäischer Ebene vor allem in Zukunftsbranchen. So gewinnen auch Spekulationen über ein mögliches Zusammengehen der beiden Versicherer Axa und Generali an Bedeutung.Mögen die Politiker von gemeinsamen Champions träumen, Wirtschaftskreise in Mailand zeigen sich nüchterner. Die Vergangenheit hat bewiesen, dass italienisch-französische Ehen nicht immer die glücklichsten sind. Als Beispiel gilt etwa der Zusammenschluss von Air France-KLM und Alitalia. Die Fusion endete mit tiefroten Zahlen für beide Partner. Oder aber der einstige Pleitekonzern Parmalat, der nach seiner Sanierung von der französischen Lactalis-Gruppe übernommen wurde. Nun wirft Parmalat-Aktionär Amber, ein US-Investor, Parmalat-Lactalis eine miserable Geschäftsführung vor. Auch Mailands Traditionsunternehmen, der Energiekonzern Edison, schreibt nach der Übernahme durch die französische EDF Verluste. Nun plant EDF angeblich, Teile von Edison abzugeben. Einzig im Modebereich gab es bei Übernahmen Erfolge. Denn LVMH und Kering, die beiden französischen Luxusgiganten, ließen übernommenen Markenfirmen wie Gucci, Fendi, Bulgari oder Loro Piano weitgehende Autonomie. *Nun beginnen die Italiener ihre Fühler nach Frankreich auszustrecken. Der Turiner Kaffee-Gigant Lavazza hat gerade die französische Carte Noir für 700 Mill. Euro übernommen. Gemeinsam soll ein Kaffeeröster mit einem Umsatz von bis zu 2 Mrd. Euro gebildet werden. Und der Mailänder Aperitif-Hersteller Campari hat soeben ein Übernahmeangebot für das französische Traditionshaus Grand Marnier angekündigt. Bei Geschmack und Design scheint die Zusammenarbeit zu funktionieren. *Mit einer Produktion von 50 Millionen Hektoliter ließen die italienischen Weinbauern 2015 auch das bislang größte Weinland Frankreich hinter sich. Es handelt sich um die höchste Produktion seit zwölf Jahren. Ein Allzeithoch gab es beim Exportwert. Der belief sich auf 5,4 Mrd. Euro, was nahezu einer Verdoppelung innerhalb von zehn Jahren entspricht. “Wir machen ein hervorragendes Produkt und stehen damit den Franzosen keineswegs nach”, sagt der Direktor des Mediobanca-Studien-Büros R & S, Gabriele Barbaresco. Der einzige wunde Punkt sei der Verkauf. “Rund 80 % des Weins werden über Zwischenhändler vertrieben, während die Franzosen über ein exzellentes Verkaufsnetz verfügen”, kritisiert Barbaresco die dadurch entstehenden Mehrkosten.Zudem verfügten die Franzosen mit ihren Weinzertifikaten und Futures über ein hervorragendes Finanzierungsinstrument. Solche Instrumente sind in der weitgehend fragmentierten italienischen Weinwirtschaft eher unüblich. Erst zwei Unternehmen, Masi Agricola aus Verona mit dem qualitativ hochwertigen Rotwein Amarone und der Weinführer Gambero Rosso, haben im Vorjahr den Börsengang gewagt. Derzeit erwägen der Nobelwinzer Frescobaldi aus der Toskana und die Cantine Ferrari aus Trient das Going Public. Gewonnen hat Italien aber im Champagner-Krieg. Der Prosecco-Export hat 2015 die Champagnerausfuhren in den Schatten gestellt.