Freudenberg schiebt Vibracoustic-IPO auf die lange Bank
scd Frankfurt – Investoren, die nach zahlreichen Absagen anderer Kandidaten noch auf einen Börsengang des Schwingungsspezialisten Vibracoustic gehofft haben, müssen weiterhin Geduld aufbringen. Freudenberg schiebt ein IPO der 2016 komplett übernommenen Tochter auf die lange Bank. “Wir ziehen einen Börsengang von Vibracoustic noch immer in Erwägung, aber nicht in nächster Zeit, weil die Marktbedingungen nicht günstig und vorteilhaft sind”, erklärte Freudenberg-Chef Mohsen Sohi am Mittwoch bei der Bilanzvorlage in Weinheim. Der Autozulieferer ist zwar technologisch für alle Antriebsarten gut aufgestellt, wie Technologievorstand Tilman Krauch anführte. Vibracoustic gewinne Marktanteile, der Auftragseingang sei sehr stark. “Der Ausblick ist also sehr positiv.” Auf dem Autozulieferer lasten indes auch die Unwägbarkeiten der Branche mit Brexit, möglichen Zollschranken sowie dem Rückgang beim Autoabsatz in China.Während einige Marktbeobachter für das Reich der Mitte trotz katastrophalem Jahresauftakt für 2019 noch immer ein leichtes Absatzplus avisieren, zeigt sich Finanzvorstand Ralf Krieger pessimistischer. “Wir rechnen hier eher mit einem negativen Wachstum”, räumte er ein. Sohi erwartet insgesamt ein deutlich anspruchsvolleres Jahr als zuletzt. Organisch ist der Umsatz von Freudenberg 2018 um 4,3 % gewachsen und damit etwa so stark wie 2017. Ausgewiesen wurde ein deutlich geringeres Ergebniswachstum, weil sowohl Währungseffekte als auch der neue Rechnungslegungsstandard IFRS 15 auf der Erlösentwicklung lasteten (siehe Grafik). Im laufenden Turnus sollen die Erlöse bei dem Weinheimer Familienkonzern höchstens um 1 bis 2 % zulegen. “Und wir erwarten ein Betriebsergebnis, das bestenfalls auf dem Niveau des Vorjahres liegt”, kündigte Sohi an. Einen starken Anteil an der Geschäftsentwicklung hat nach wie vor die Autoindustrie, die laut Sohi 2018 für rund vier Zehntel der Erlöse stand. Das Geschäft mit der Branche sei in den vergangenen Jahren sehr gut für Freudenberg gewesen, “aber wir müssen unser Portfolio ausbalancieren. Wenn wir größer investieren, dann eher nicht in der Autoindustrie”, stellte Sohi klar. Mit mehr als 50 % Eigenkapitalquote und einem stabilen A3-Rating von Moody’s hat Freudenberg durchaus Spielraum für kostspielige Übernahmen. “Wir sind in der glücklichen Lage, eine große Akquisition für Freudenberg im Volumen von 3 Mrd. bis 4 Mrd. Euro stemmen zu können”, erklärte der Konzernchef. Auch Brennstoffzelle im BlickTechnologisch liegt trotz der jüngst eher negativen Entwicklung weiter ein starker Fokus auf dem Automobilsektor. Krauch und Sohi betonten am Mittwoch die technologieoffene Herangehensweise der Weinheimer. “Wir sind in der Lage, unsere Kunden zu unterstützen – egal wohin die Reise geht”, versprach Sohi. Krauch betonte, dass neben der aktuell stark im Fokus stehenden Elektromobilität, die gerade für Geringverdiener noch immer viel zu teuer sei, weiter der Verbrenner und mittelfristig auch die Brennstoffzelle einen Platz im Markt haben werden.Um in allen Bereichen technologisch mithalten zu können, hat Freudenberg den Forschungs- und Entwicklungsaufwand 2018 von 428 Mill. auf 444 Mill. Euro erneut hochgefahren. Der Anteil am Umsatz kletterte von 4,6 auf 4,7 %. Im Jahresabschluss nach IFRS komme dies allerdings nicht zum Ausdruck, wie CFO Krieger erklärte. Mit IFRS 15 werden vormalige Forschungs- und Entwicklungskosten teils den Umsatzkosten zugeschlagen – 2018 waren das in Summe 70 Mill. Euro.