Furcht vor Milliardenpleite in Europa „nicht unbegründet“
Furcht vor Milliardenpleite in Europa „nicht unbegründet“
Furcht vor Milliardenpleite in Europa „nicht unbegründet“
Ratingagentur Fitch rechnet mit „einigen Kreditausfällen 2026"
cru Frankfurt
Die Milliardenpleite des US-Autoteilezulieferers First Brands erhöht die Wachsamkeit der Investoren und Ratingagenturen auch in Europa. „Die Befürchtungen, dass in Europa eine Pleite in ähnlicher Größenordnung und unter ähnlichen Bedingungen wie bei First Brands eintreten könnte, sind nicht unbegründet", sagte Andrea Bonaventura, Senior Director für Leveraged Finance bei der Ratingagentur Fitch, der Börsen-Zeitung. „Aber ein solcher Fall ist hierzulande deutlich unwahrscheinlicher.“
Das Factoring-Geschäft, also der Verkauf von Lieferantenrechnungen an Investoren, werde in Europa ganz überwiegend von Banken betrieben, die beaufsichtigt werden und transparent agieren, anders als die Collateralized Loan Obligations (CLO) in den USA, die Kredite poolen, in Risikoklassen unterteilen und weiterreichen.
Spätestens vor zwei Wochen wurde klar, dass in Europa zumindest die Refinanzierungsrisiken für hoch verschuldete Unternehmen steigen. Der niederländische Spezialchemiekonzern Nouryon, der dem Finanzinvestor Carlyle gehört, scheiterte mit einem geplanten Leveraged-Loan-Deal über 5,8 Mrd. Dollar, weil sich das Unternehmen mit den Investoren nicht auf einen beiderseits akzeptablen Zins einigen konnte.
Unwahrscheinlich, wenn auch nicht unmöglich
„Eine Pleite wie die von First Brands ist in Europa unwahrscheinlich, wenn auch nicht unmöglich“, sagte Bonaventura. „Collateralized Loan Obligations haben hierzulande vor allem in Term Loan B und Hochzinsanleihen von Dienstleistungs-, Technologie- & Telekommunikations- sowie Healthcare-Unternehmen wie dem Telekommunikationskonzern Altice France oder dem Laborunternehmen Cerba investiert", das der Private-Equity-Firma EQT gehört.
Der Leveraged-Finance-Markt in Europa erreicht 2025 laut J.P. Morgan ein Rekordvolumen von mehr als 300 Mrd. Euro. Die wachsende Nachfrage der Investoren, die auf der Suche nach zusätzlicher Rendite sind, sei dabei zuletzt auf eine kleinere Anzahl von Emittenten getroffen, da weniger schuldenfinanzierte M&A-Deals stattfinden als noch vor einiger Zeit.
Einige Neuemissionen waren vierfach überzeichnet. Das zwang Investoren, bei der Rendite Abstriche zu machen. „2026 wird es voraussichtlich wie auch 2025 einige Kreditausfälle geben“, sagte Bonaventura. „Besonders der Chemie- und der Autosektor sowie die Pharmaindustrie sind von den Zöllen und der chinesischen Konkurrenz betroffen. So wächst das Refinanzierungsrisiko mit der Nähe zum Fälligkeitstermin."
Investoren meiden bestimmte Sektoren
Die Investoren seien sehr interessiert an Leveraged Finance. „Aber sie meiden Sektoren, die sie als riskant ansehen. Das mindert die Befürchtung, dass es zu einer Kreditblase kommen könnte“, erklärte Bonaventura. „Die guten Unternehmen haben die Fälligkeiten im Jahr 2026 längst adressiert.“ In Deutschland würden die Staatsausgaben aus dem 500 Mrd. Euro schweren Infrastrukturfonds helfen, die Unternehmen zu stabilisieren. In Frankreich dagegen gibt es weniger Spielraum im Staatshaushalt. „Deswegen kommen Healthcare-Unternehmen in Frankreich jetzt stärker unter Druck“, prognostiziert Bonaventura. „In Deutschland treten die Fälligkeiten mit dem größten Volumen erst in den Jahren 2028/29 ein.“
