Fußballliga wird Investor
wb Frankfurt – Auch die Deutsche Fußball Liga (DFL) setzt künftig auf Leverage: Aber nicht über den Schuldenhebel zur Steigerung der Eigenkapitalverzinsung wie in Private Equity Usus, sondern über die Nutzung ihrer Stellung als Spieldatenspezialist, Distributor, Produzent visueller Inhalte und Verkäufer weltweiter Medienrechte. Jetzt gehe die DFL den nächsten Schritt ihrer Entwicklung und wolle sich an Start-ups und Mittelständlern beteiligen, wie Geschäftsführer Christian Seifert sagt. “Andere Ligen haben zehn Anstoßzeiten, ich hätte lieber zehn erfolgreiche Beteiligungen”, so der kapitalmarktaffine Manager.Er weiß, dass Geld für Wagniskapital, also die Finanzierung, nicht das Problem darstellt, sondern Marktexpertise und vor allem das starke Netzwerk, das sich die Liga – die Nummer 6 global hinter Football und Baseball in den USA sowie der britischen Premier League – seit der Gründung 2001 aus dem Deutschen Fußballbund heraus aufgebaut hat. Umgesetzt werden knapp 4 Mrd. Euro. Insofern wolle man nicht Geld in die Hand nehmen, um ein Portfolio an Investments aufzubauen, sondern diesen Schatz an digitalisierten Daten, Produktionen und “Content” im Gegenzug für Beteiligungen nutzbar machen. Später könnte sich die DFL auch mit Finanzinvestoren zusammentun, um innovative Unternehmen der Medien-, Technologie- und Sportbranche zu kaufen. Mit immateriellem VermögenZunächst werde man vorwiegend über immaterielle Vermögenswerte aber auch Kooperationen mit Partnern Anteile erwerben. “Wir wollen nicht dem Fußball Gutes tun, sondern etwas tun, was gut für den Fußball ist”, grenzt sich Seifert von Altruismus ab. Ziel sei es, die Investments nach einer Haltezeit von drei bis sieben Jahren auch wieder zu versilbern. Es sei zu früh, eine mögliche Geldverteilung oder die Gremienbesetzung der Entscheider festzulegen, verweist Seifert auf Gewohnheiten von Vereinen, Mittel auszugeben, bevor sie realisiert sind, und nach Pöstchen zu streben. Von einem Deal wie durch die Major League Baseball in den USA, die den Streamingdienst Bamtech erst ausgliederte und dann 2016 für 2 Mrd. Dollar an Walt Disney verkaufte, kann die DFL nur träumen. Und ein Joint Venture, dass die NFL 2013 im Volumen von 1,3 Mrd. Dollar mit dem Finanzinvestor Providence bildete, habe schon aus dem Grund keine Chance, weil die deutschen Ligen kein geschlossenes System seien – anders als die National Football League. “Die Abdeckung der kompletten medialen Wertschöpfungskette ist ein Alleinstellungsmerkmal der DFL im Weltfußball”, betont Seifert aber.Ein erstes Investment weist der Manager für sein neues Programm “DFL for Equity” vor: Die Liga erhält inklusive einer späteren variablen Erfolgsbeteiligung rund 10 % an dem israelischen Start-up Track160. Dahinter stehen Mitgründer und Chairman Miky Tamir, Manager des US-Finanzinvestors Apollo, ein israelischer Medientycoon und Friends & Family, wie Tamir sagt. Er gehörte auch zu den Gründern der an den einstigen Neuen Markt gegangenen Oriad, die 2015 nach ihrer Übernahme delistet wurde. Track160 erhalte unter anderem Zugang zur Spieldatenbank und dem digitalen Fußballarchiv der DFL, was es dem Start-up ermöglichen soll, das auf künstlicher Intelligenz basierende Analysesystem schneller weiterzuentwickeln sowie mit Hilfe des Netzwerks der DFL zu wachsen. Die vergibt das Label “DFL Invested Company”.Das System von Track160 soll dereinst in zukunftsträchtigen Gebieten wie Spielanalyse, Coaching, Sportmedizin, Medien und Gaming – etwa für Avatare – angewendet werden. Das Start-up entwickele ein auf Artificial Intelligence und Deep Learning basierendes System zur 3-D-Erfassung von Spieler- und Ball-Bewegungen. Anders als bisherige Systeme benötige Track160 nur ein Spielvideo und komme ohne GPS- oder andere Sensoren, teure Kamerasysteme und Operatoren aus. Das mache die Anwendung auch für Amateurvereine interessant.—– Wertberichtigt Seite 8