Gegenantrag wegen Freshfields-Mandatierung

Infineon-Aktionär plädiert gegen Entlastung - Konzern verteidigt Bestellung der Kanzlei

Gegenantrag wegen Freshfields-Mandatierung

swa Frankfurt – Die Vorwürfe gegen die Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer im Zusammenhang mit Cum-ex-Geschäften ziehen nun auch in Hauptversammlungen Kreise. Ein Aktionär des Halbleiterherstellers Infineon spricht sich in einem Gegenantrag gegen die Entlastung von CEO Reinhard Ploss und CFO Sven Schneider sowie des Aufsichtsrats aus, weil die Manager die Sozietät mandatiert und die Kontrolleure dies gebilligt hätten. Opponent Jakob Ziemes sieht in der Beauftragung der Rechtsberater einen Verstoß gegen eigene ethische Standards des Konzerns. Die Hauptversammlung von Infineon findet am 20. Februar in München statt.Die Großkanzlei steht wegen mutmaßlicher Beihilfe zur Steuerhinterziehung mit am Pranger, weil sie als Gutachterin einer Reihe von Banken die steuerliche Zulässigkeit von Aktiengeschäften rund um den Dividendenstichtag bestätigt haben soll. Der ehemalige globale Steuer-Chef von Freshfields war Ende 2019 festgenommen worden und durfte die Untersuchungshaft dann vor Weihnachten gegen Hinterlegung einer Kaution von 4 Mill. Euro verlassen.Der Gegenantrag bezieht sich auf die Mandatierung der Kanzlei als Beraterin von Infineon bei der Übernahme des US-Chipherstellers Cypress Semiconductor im Juni vergangenen Jahres. Aus Sicht des Antragstellers hat sich das Dax-Unternehmen damit gegen die eigenen Business Conduct Guidelines hinweggesetzt.In den Leitlinien sei festgelegt, dass man keine Geschäftsbeziehung mit einem Partner eingehe, “der offensichtlich nationale (. . .) Gesetze verletzt”, argumentiert der Aktionär und meint: “Dem Vorstand können die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Freshfields zum Zeitpunkt der Mandatierung nicht verborgen geblieben sein.” Infineon hätte bei der Mandatsvergabe unbelastete Geschäftspartner auswählen können, heißt es im Gegenantrag. Es sei schwer nachvollziehbar, weshalb eine “derartige Organisation” beauftragt worden sei, “die den Staat, also auch alle anwesenden Aktionäre um Multimillionen oder gar Milliarden betrogen hat”. Der Aufsichtsrat habe für die Einhaltung der ethischen Standards sorgen müssen, meint Aktionär Ziemes. “Kompetenz maßgeblich”Infineon weist die Vorwürfe in ihrer Stellungnahme zurück. Für die Mandatierung von Kanzleien sei die fachliche Kompetenz maßgeblich. Zudem sei die “Integrität der für die Gesellschaft tätigen Anwälte unabdingbar”. Der Konzern habe “klare Prozesse für die Auswahl von Dienstleistern und Lieferanten, die sich auch an ethischen Kriterien orientieren”. Infineon zitiert aus ihren Business Conduct Guidelines, wonach das Unternehmen keine Geschäftsbeziehungen mit einem Partner eingeht, “der offensichtlich relevante nationale Gesetze oder internationale Konventionen verletzt, seine wahre Identität oder Eigentümerstruktur verschleiert, Geldwäsche betreibt oder Terrorismus finanziert beziehungsweise keine angemessene Anstrengung unternimmt, diese Missstände abzustellen”.Infineon habe nach diesen Maßstäben keine Veranlassung gehabt, Freshfields nicht zu mandatieren. Im Zusammenhang mit den Cum-ex-Fällen habe die Kanzlei gegenüber Infineon “bestätigt, dass beim Landgericht Frankfurt am Main ein Antrag auf Zulassung einer Anklage gegen einen früheren Partner von Freshfields gestellt wurde und dass Ermittlungsverfahren gegen einen weiteren Partner sowie zwei ehemalige Partner anhängig sind”. Die Feststellung eines “etwaigen strafbaren individuellen Fehlverhaltens” sei Sache der Gerichte, ein entsprechendes Urteil liege bislang nicht vor, argumentiert der Halbleiterkonzern. Freshfields habe Infineon bestätigt, dass keiner der im Gegenantrag genannten Anwälte, mit denen die Gesellschaft derzeit zusammenarbeitet, an den Verfahren beteiligt oder anderweitig in den Cum-ex-Komplex involviert sei.